Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.1. Buch. 3. Tit. Rath, wie ich schon an einem andern Orte (S. 51.)bemerkt habe. Das Wort arbitror zeigt dieses unläugbar an. Sodann aber ist auch hier gar nicht davon die Re- de, was zur Einführung eines Gewohnheitsrechts erfor- derlich sey, sondern was das beste Beweismittel sey, wenn über eine Gewohnheit ein Streit entstehet. In einem sol- chen Falle ist freylich der Rath des römischen Juristen vortreflich, daß man vor allen Dingen nachforsche, ob nicht schon in vergangenen streitigen Fällen nach dieser Gewohnheit, von welcher die Frage ist, gegentheiligen Widerspruchs ohngeachtet, rechtskräftig sey gesprochen worden; weil dadurch der sonst schwere Beweis unge- mein erleichtert wird, wenn man sich auf solche gericht- liche Präjudicien berufen kann. Ferner, wenn zur Ein- führung eines Gewohnheitsrecht nur gerichtliche Hand- lungen erfordert würden, wie könnte Callistratus 12) zwischen consuetudo, und rerum perpetuo similiter iudicata- rum auctoritas unterscheiden? Es muß sich also, deucht mich, doch wohl auch eine Gewohnheit ohne gleichför- mige rechtskräftige Urtheilssprüche gedenken lassen. Und hiervon wird man sich noch mehr überzeugen, wenn man bedenkt, daß der Grund, auf welchem die Gültigkeit einer Auftrag gehandelt, wie aus der Vergleichung der aus dem gedachten Lib. IV. genommenen Fragmente L. 6. de legat. L. 6. de muner. et honor. L. 4. de Veteran. u. L. 2. de iure immunit. zu ersehen. Nur auf die hierauf sich beziehende Ge- wohnheiten sey also die L. 34. einzuschränken, weil diese Stelle auch aus eben dem Lib. IV. de officio Procons. entlehnet sey. Allein diesen Mißbrauch der Critik hat schon Herr Prof. Püttmann a. a. O. S. 88. so vollkommen gerügt, daß mir hier nichts übrig bleibt, als meine Leser an die Regel wieder zu erinnern, die ich deßfalls schon bey einer andern Gelegenheit (S. 65) gegeben habe. 12) L. 38. D. de LL.
1. Buch. 3. Tit. Rath, wie ich ſchon an einem andern Orte (S. 51.)bemerkt habe. Das Wort arbitror zeigt dieſes unlaͤugbar an. Sodann aber iſt auch hier gar nicht davon die Re- de, was zur Einfuͤhrung eines Gewohnheitsrechts erfor- derlich ſey, ſondern was das beſte Beweismittel ſey, wenn uͤber eine Gewohnheit ein Streit entſtehet. In einem ſol- chen Falle iſt freylich der Rath des roͤmiſchen Juriſten vortreflich, daß man vor allen Dingen nachforſche, ob nicht ſchon in vergangenen ſtreitigen Faͤllen nach dieſer Gewohnheit, von welcher die Frage iſt, gegentheiligen Widerſpruchs ohngeachtet, rechtskraͤftig ſey geſprochen worden; weil dadurch der ſonſt ſchwere Beweis unge- mein erleichtert wird, wenn man ſich auf ſolche gericht- liche Praͤjudicien berufen kann. Ferner, wenn zur Ein- fuͤhrung eines Gewohnheitsrecht nur gerichtliche Hand- lungen erfordert wuͤrden, wie koͤnnte Calliſtratus 12) zwiſchen conſuetudo, und rerum perpetuo ſimiliter iudicata- rum auctoritas unterſcheiden? Es muß ſich alſo, deucht mich, doch wohl auch eine Gewohnheit ohne gleichfoͤr- mige rechtskraͤftige Urtheilsſpruͤche gedenken laſſen. Und hiervon wird man ſich noch mehr uͤberzeugen, wenn man bedenkt, daß der Grund, auf welchem die Guͤltigkeit einer Auftrag gehandelt, wie aus der Vergleichung der aus dem gedachten Lib. IV. genommenen Fragmente L. 6. de legat. L. 6. de muner. et honor. L. 4. de Veteran. u. L. 2. de iure immunit. zu erſehen. Nur auf die hierauf ſich beziehende Ge- wohnheiten ſey alſo die L. 34. einzuſchraͤnken, weil dieſe Stelle auch aus eben dem Lib. IV. de officio Proconſ. entlehnet ſey. Allein dieſen Mißbrauch der Critik hat ſchon Herr Prof. Puͤttmann a. a. O. S. 88. ſo vollkommen geruͤgt, daß mir hier nichts uͤbrig bleibt, als meine Leſer an die Regel wieder zu erinnern, die ich deßfalls ſchon bey einer andern Gelegenheit (S. 65) gegeben habe. 12) L. 38. D. de LL.
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1. Buch. 3. Tit.
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an. Sodann aber iſt auch hier gar nicht davon die Re-
de, was zur Einfuͤhrung eines Gewohnheitsrechts erfor-
derlich ſey, ſondern was das beſte Beweismittel ſey, wenn
uͤber eine Gewohnheit ein Streit entſtehet. In einem ſol-
chen Falle iſt freylich der Rath des roͤmiſchen Juriſten
vortreflich, daß man vor allen Dingen nachforſche, ob
nicht ſchon in vergangenen ſtreitigen Faͤllen nach dieſer
Gewohnheit, von welcher die Frage iſt, gegentheiligen
Widerſpruchs ohngeachtet, rechtskraͤftig ſey geſprochen
worden; weil dadurch der ſonſt ſchwere Beweis unge-
mein erleichtert wird, wenn man ſich auf ſolche gericht-
liche Praͤjudicien berufen kann. Ferner, wenn zur Ein-
fuͤhrung eines Gewohnheitsrecht nur gerichtliche Hand-
lungen erfordert wuͤrden, wie koͤnnte Calliſtratus 12)
zwiſchen conſuetudo, und rerum perpetuo ſimiliter iudicata-
rum auctoritas unterſcheiden? Es muß ſich alſo, deucht
mich, doch wohl auch eine Gewohnheit ohne gleichfoͤr-
mige rechtskraͤftige Urtheilsſpruͤche gedenken laſſen. Und
hiervon wird man ſich noch mehr uͤberzeugen, wenn man
bedenkt, daß der Grund, auf welchem die Guͤltigkeit
einer
11)
12) L. 38. D. de LL.
11) Auftrag gehandelt, wie aus der Vergleichung der aus dem
gedachten Lib. IV. genommenen Fragmente L. 6. de legat.
L. 6. de muner. et honor. L. 4. de Veteran. u. L. 2. de iure
immunit. zu erſehen. Nur auf die hierauf ſich beziehende Ge-
wohnheiten ſey alſo die L. 34. einzuſchraͤnken, weil dieſe Stelle
auch aus eben dem Lib. IV. de officio Proconſ. entlehnet ſey.
Allein dieſen Mißbrauch der Critik hat ſchon Herr Prof.
Puͤttmann a. a. O. S. 88. ſo vollkommen geruͤgt, daß
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