Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.1. Buch. 3. Tit. Willen des Gesezgebers gründet, und dann ist es ent-weder durch Gewohnheit, oder durch Observanz eingeführet worden. Was nun aber eine Gewohnheit sey, und wie sie sich von der Observanz unterscheide, wird der folgende §. lehren. §. 84. Verschiedene Bedeutung der Worte consuetudo, und Gewohn- heit. Unterschied zwischen Gewohnheit in eigent- licher Bedeutung und Observanz. Das lateinische Wort consuetudo hat wie das einer 35) §. 1. l. de patr. pot. Vergleiche auch suetonius Ne- ron. c. 35. init. wo er von Nero erzählt, eum Octaviae (uxoris) consuetudinem (eheliche Beywohnung) asperna- tum. 36) L. 34. pr. D. ad Leg. Iul. de adulter. 37) L. 9. pr. D. de lib. et postum.
1. Buch. 3. Tit. Willen des Geſezgebers gruͤndet, und dann iſt es ent-weder durch Gewohnheit, oder durch Obſervanz eingefuͤhret worden. Was nun aber eine Gewohnheit ſey, und wie ſie ſich von der Obſervanz unterſcheide, wird der folgende §. lehren. §. 84. Verſchiedene Bedeutung der Worte conſuetudo, und Gewohn- heit. Unterſchied zwiſchen Gewohnheit in eigent- licher Bedeutung und Obſervanz. Das lateiniſche Wort conſuetudo hat wie das einer 35) §. 1. l. de patr. pot. Vergleiche auch suetonius Ne- ron. c. 35. init. wo er von Nero erzaͤhlt, eum Octaviae (uxoris) conſuetudinem (eheliche Beywohnung) aſperna- tum. 36) L. 34. pr. D. ad Leg. Iul. de adulter. 37) L. 9. pr. D. de lib. et poſtum.
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1. Buch. 3. Tit.
Willen des Geſezgebers gruͤndet, und dann iſt es ent-
weder durch Gewohnheit, oder durch Obſervanz
eingefuͤhret worden. Was nun aber eine Gewohnheit
ſey, und wie ſie ſich von der Obſervanz unterſcheide,
wird der folgende §. lehren.
§. 84.
Verſchiedene Bedeutung der Worte conſuetudo, und Gewohn-
heit. Unterſchied zwiſchen Gewohnheit in eigent-
licher Bedeutung und Obſervanz.
Das lateiniſche Wort conſuetudo hat wie das
teutſche Gewohnheit mancherley Bedeutungen, und
es iſt nothwendig, dieſe kuͤrzlich anzufuͤhren, um hernach
den eigentlichen Begrif von Gewohnheit deſto richtiger
beſtimmen zu koͤnnen. Conſuetudo zeigt 1) in unſern
Geſetzen einen ſehr genauen Umgang, oder geſellſchaft-
liche Verbindung verſchiedener Perſohnen mit einander
an. In dieſer Bedeutung wird nicht nur die Ehe 35),
ſondern auch der Concubinat mit dieſem Worte bezeich-
net So z. B. ſagt Modeſtin 36): Stuprum com-
mittit, qui liberam mulierem conſuetudinis cauſa,
(d. i. zur Concubine) non matrimonii, continet. 2)
Bedeutet conſuetudo auch dasjenige, was nach der Ord-
nung der Natur gewoͤhnlich zu ſeyn pflegt. In dieſem
Verſtande nimmt Paulus 37) dieſes Wort, wenn er
bey Entſcheidung der Frage, ob durch Ernennung ſol-
cher poſtumorum, die der Teſtirer ſeines Alters oder
einer
35) §. 1. l. de patr. pot. Vergleiche auch suetonius Ne-
ron. c. 35. init. wo er von Nero erzaͤhlt, eum Octaviae
(uxoris) conſuetudinem (eheliche Beywohnung) aſperna-
tum.
36) L. 34. pr. D. ad Leg. Iul. de adulter.
37) L. 9. pr. D. de lib. et poſtum.
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