Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.de Legibus, Senatusconsultis et longa consuet. den zwar schrifrlich bekannt gemacht, allein vor den Zei-ten K. Hadrians rechnete man sie doch nur zum iure non scripto, weil sie erst durch die beständige und ununterbrochene Beobachtung mit stillschweigender Geneh- migung des Volks eine gesezliche Kraft erhielten; allein seitdem sie K. Hadrian in das Edictum perpetuum zusammenfassen ließ, und dieses als Gesezbuch promul- girte, haben selbige vim iuris scripti, ipsa Imperatoris voluntate, erhalten 12). Auch die römischen Rechtsge- lehrten ertheilten ihre Gutachten schriftlich, seitdem August sie selbst zu diesem Geschäft autorisirt, und die Richter aus politischen Staatsabsichten von diesen Ora- keln des Rechts abhängig gemacht hatte 13); und Ju- stinian legte ihnen vollends die Kraft eines geschriebe- nen Rechts dadurch bey, daß er aus den Responsis und Commentarien der römischen Juristen die Pandecten com- piliren ließ. Hieraus ergebe sich also unwiedersprechlich, daß ausser der ausdrücklichen Willenserklärung des Ge- sezgebers die Scriptur zum Begriff eines geschriebe- nen Rechts, wenigstens nach der Idee der Römer, schlechterdings erfordert werde. Ius non scriptum hin- gegen sey im Sinn des römischen Rechts, dasienige Recht zu nennen, dem es entweder an der Scriptur, oder an der ausdrücklichen Willenserklärung des Gesez- gebers, oder an beyden zugleich mangele. Zwar habe Justinian in seinen Institutionen 14) nur einer Gat- tung des nicht geschriebenen Rechts ausdrückliche Erwäh- nung gethan, nehmlich des Gewohnheitsrechts: sine scripto ius venit, sagt er, quod usus approba- vit: nam diuturni mores, consensu utentium compro- bati, 12) §. 7. I. de I. N. G. et C. 13) §. 8. I. eod. 14) §. 9. I. eod. D d 4
de Legibus, Senatusconſultis et longa conſuet. den zwar ſchrifrlich bekannt gemacht, allein vor den Zei-ten K. Hadrians rechnete man ſie doch nur zum iure non ſcripto, weil ſie erſt durch die beſtaͤndige und ununterbrochene Beobachtung mit ſtillſchweigender Geneh- migung des Volks eine geſezliche Kraft erhielten; allein ſeitdem ſie K. Hadrian in das Edictum perpetuum zuſammenfaſſen ließ, und dieſes als Geſezbuch promul- girte, haben ſelbige vim iuris ſcripti, ipſa Imperatoris voluntate, erhalten 12). Auch die roͤmiſchen Rechtsge- lehrten ertheilten ihre Gutachten ſchriftlich, ſeitdem Auguſt ſie ſelbſt zu dieſem Geſchaͤft autoriſirt, und die Richter aus politiſchen Staatsabſichten von dieſen Ora- keln des Rechts abhaͤngig gemacht hatte 13); und Ju- ſtinian legte ihnen vollends die Kraft eines geſchriebe- nen Rechts dadurch bey, daß er aus den Reſponſis und Commentarien der roͤmiſchen Juriſten die Pandecten com- piliren ließ. Hieraus ergebe ſich alſo unwiederſprechlich, daß auſſer der ausdruͤcklichen Willenserklaͤrung des Ge- ſezgebers die Scriptur zum Begriff eines geſchriebe- nen Rechts, wenigſtens nach der Idee der Roͤmer, ſchlechterdings erfordert werde. Ius non ſcriptum hin- gegen ſey im Sinn des roͤmiſchen Rechts, dasienige Recht zu nennen, dem es entweder an der Scriptur, oder an der ausdruͤcklichen Willenserklaͤrung des Geſez- gebers, oder an beyden zugleich mangele. Zwar habe Juſtinian in ſeinen Inſtitutionen 14) nur einer Gat- tung des nicht geſchriebenen Rechts ausdruͤckliche Erwaͤh- nung gethan, nehmlich des Gewohnheitsrechts: sine scripto ius venit, ſagt er, quod uſus approba- vit: nam diuturni mores, conſenſu utentium compro- bati, 12) §. 7. I. de I. N. G. et C. 13) §. 8. I. eod. 14) §. 9. I. eod. D d 4
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de Legibus, Senatusconſultis et longa conſuet.
den zwar ſchrifrlich bekannt gemacht, allein vor den Zei-
ten K. Hadrians rechnete man ſie doch nur zum
iure non ſcripto, weil ſie erſt durch die beſtaͤndige und
ununterbrochene Beobachtung mit ſtillſchweigender Geneh-
migung des Volks eine geſezliche Kraft erhielten; allein
ſeitdem ſie K. Hadrian in das Edictum perpetuum
zuſammenfaſſen ließ, und dieſes als Geſezbuch promul-
girte, haben ſelbige vim iuris ſcripti, ipſa Imperatoris
voluntate, erhalten 12). Auch die roͤmiſchen Rechtsge-
lehrten ertheilten ihre Gutachten ſchriftlich, ſeitdem
Auguſt ſie ſelbſt zu dieſem Geſchaͤft autoriſirt, und die
Richter aus politiſchen Staatsabſichten von dieſen Ora-
keln des Rechts abhaͤngig gemacht hatte 13); und Ju-
ſtinian legte ihnen vollends die Kraft eines geſchriebe-
nen Rechts dadurch bey, daß er aus den Reſponſis und
Commentarien der roͤmiſchen Juriſten die Pandecten com-
piliren ließ. Hieraus ergebe ſich alſo unwiederſprechlich,
daß auſſer der ausdruͤcklichen Willenserklaͤrung des Ge-
ſezgebers die Scriptur zum Begriff eines geſchriebe-
nen Rechts, wenigſtens nach der Idee der Roͤmer,
ſchlechterdings erfordert werde. Ius non ſcriptum hin-
gegen ſey im Sinn des roͤmiſchen Rechts, dasienige
Recht zu nennen, dem es entweder an der Scriptur,
oder an der ausdruͤcklichen Willenserklaͤrung des Geſez-
gebers, oder an beyden zugleich mangele. Zwar habe
Juſtinian in ſeinen Inſtitutionen 14) nur einer Gat-
tung des nicht geſchriebenen Rechts ausdruͤckliche Erwaͤh-
nung gethan, nehmlich des Gewohnheitsrechts:
sine scripto ius venit, ſagt er, quod uſus approba-
vit: nam diuturni mores, conſenſu utentium compro-
bati,
12) §. 7. I. de I. N. G. et C.
13) §. 8. I. eod.
14) §. 9. I. eod.
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Zitationshilfe: | Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/441>, abgerufen am 22.07.2024. |