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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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1. Buch. 2. Tit.
in man die verschiedenen Meinungen geprüft finden wird,
und gleich mit wenigen Worten meine Meinung sagen,
welche in folgendem Saz enthalten ist: das canoni-
sche Recht hat in soweit noch heutiges Tages
in Teutschland eine unstreitige Gültigkeit,
als die darin enthaltenen Vorschriften nicht
andern in Teutschland geltenden Gesetzen,
welche diesem Rechte vorzuziehen, zuwider
sind, und selbige überhaupt mit der heuti-
gen Verfassung Teutschlands und dem Zu-
stande der teutschen, insbesondere aber der
protestantischen Kirche bestehen können
. Daß
nach dieser Regel das canonische Recht heutiges Tages
nicht mehr in allen Stücken diejenige Gültigkeit behaupten
könne, die dasselbe anfangs und bey der Einführung des-
selben in Teutschland gehabt, ist ausser allen Zweifel, wenn
man bedenkt, wie sehr seit der Zeit die Verhältnisse
der päbstlichen zur weltlichen Macht sich verändert, und
was seit der Reformation der Zustand der teuschen Kir-
che, als welche von dieser Zeit an sich in zwey Haupt-
partheyen, die catholische und protestantische, theilt,
für eine grose Veränderung erlitten hat. Es ist dem-
nach ganz natürlich, daß durch die Reformation schon
an und für sich alle diejenigen Gesetze des canonischen
Rechtskörpers soweit ihre Gültigkeit verlohren haben,
als dieselbe mit dem Zustande der durch die Reforma-
tion entstandenen neuen protestantischen Kirche nicht be-
stehen können. Da aber dieser Zustand der protestan-
tischen Kirche theils aus der Verschiedenheit der Reli-

gion
Exercitat. ad Pandect. T. I. p. 344. und das neueste Pro-
gram meines unvergeßlichen Freundes des seel. Hrn. Hof-
raths Schott de auctoritate iuris canonici in-
ter evangelicos recepti eiusque usu apte
moderando
. Erlangae
1781 empfohlen haben.

1. Buch. 2. Tit.
in man die verſchiedenen Meinungen gepruͤft finden wird,
und gleich mit wenigen Worten meine Meinung ſagen,
welche in folgendem Saz enthalten iſt: das canoni-
ſche Recht hat in ſoweit noch heutiges Tages
in Teutſchland eine unſtreitige Guͤltigkeit,
als die darin enthaltenen Vorſchriften nicht
andern in Teutſchland geltenden Geſetzen,
welche dieſem Rechte vorzuziehen, zuwider
ſind, und ſelbige uͤberhaupt mit der heuti-
gen Verfaſſung Teutſchlands und dem Zu-
ſtande der teutſchen, insbeſondere aber der
proteſtantiſchen Kirche beſtehen koͤnnen
. Daß
nach dieſer Regel das canoniſche Recht heutiges Tages
nicht mehr in allen Stuͤcken diejenige Guͤltigkeit behaupten
koͤnne, die daſſelbe anfangs und bey der Einfuͤhrung deſ-
ſelben in Teutſchland gehabt, iſt auſſer allen Zweifel, wenn
man bedenkt, wie ſehr ſeit der Zeit die Verhaͤltniſſe
der paͤbſtlichen zur weltlichen Macht ſich veraͤndert, und
was ſeit der Reformation der Zuſtand der teuſchen Kir-
che, als welche von dieſer Zeit an ſich in zwey Haupt-
partheyen, die catholiſche und proteſtantiſche, theilt,
fuͤr eine groſe Veraͤnderung erlitten hat. Es iſt dem-
nach ganz natuͤrlich, daß durch die Reformation ſchon
an und fuͤr ſich alle diejenigen Geſetze des canoniſchen
Rechtskoͤrpers ſoweit ihre Guͤltigkeit verlohren haben,
als dieſelbe mit dem Zuſtande der durch die Reforma-
tion entſtandenen neuen proteſtantiſchen Kirche nicht be-
ſtehen koͤnnen. Da aber dieſer Zuſtand der proteſtan-
tiſchen Kirche theils aus der Verſchiedenheit der Reli-

gion
Exercitat. ad Pandect. T. I. p. 344. und das neueſte Pro-
gram meines unvergeßlichen Freundes des ſeel. Hrn. Hof-
raths Schott de auctoritate iuris canonici in-
ter evangelicos recepti eiusque uſu apte
moderando
. Erlangae
1781 empfohlen haben.
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[372/0392] 1. Buch. 2. Tit. in man die verſchiedenen Meinungen gepruͤft finden wird, und gleich mit wenigen Worten meine Meinung ſagen, welche in folgendem Saz enthalten iſt: das canoni- ſche Recht hat in ſoweit noch heutiges Tages in Teutſchland eine unſtreitige Guͤltigkeit, als die darin enthaltenen Vorſchriften nicht andern in Teutſchland geltenden Geſetzen, welche dieſem Rechte vorzuziehen, zuwider ſind, und ſelbige uͤberhaupt mit der heuti- gen Verfaſſung Teutſchlands und dem Zu- ſtande der teutſchen, insbeſondere aber der proteſtantiſchen Kirche beſtehen koͤnnen. Daß nach dieſer Regel das canoniſche Recht heutiges Tages nicht mehr in allen Stuͤcken diejenige Guͤltigkeit behaupten koͤnne, die daſſelbe anfangs und bey der Einfuͤhrung deſ- ſelben in Teutſchland gehabt, iſt auſſer allen Zweifel, wenn man bedenkt, wie ſehr ſeit der Zeit die Verhaͤltniſſe der paͤbſtlichen zur weltlichen Macht ſich veraͤndert, und was ſeit der Reformation der Zuſtand der teuſchen Kir- che, als welche von dieſer Zeit an ſich in zwey Haupt- partheyen, die catholiſche und proteſtantiſche, theilt, fuͤr eine groſe Veraͤnderung erlitten hat. Es iſt dem- nach ganz natuͤrlich, daß durch die Reformation ſchon an und fuͤr ſich alle diejenigen Geſetze des canoniſchen Rechtskoͤrpers ſoweit ihre Guͤltigkeit verlohren haben, als dieſelbe mit dem Zuſtande der durch die Reforma- tion entſtandenen neuen proteſtantiſchen Kirche nicht be- ſtehen koͤnnen. Da aber dieſer Zuſtand der proteſtan- tiſchen Kirche theils aus der Verſchiedenheit der Reli- gion 51) 51) Exercitat. ad Pandect. T. I. p. 344. und das neueſte Pro- gram meines unvergeßlichen Freundes des ſeel. Hrn. Hof- raths Schott de auctoritate iuris canonici in- ter evangelicos recepti eiusque uſu apte moderando. Erlangae 1781 empfohlen haben.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/392>, abgerufen am 24.11.2024.