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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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de Origine Iuris.
lung der einzelnen Rechtslehren einzulassen, erklärte er
blos die Worte der Gesetze, (ipsam legum litteram,
wie es die Glossatoren selbst zu nennen pflegen) gram-
matisch, und begleitete den Text mit kurzen Anmerkun-
gen über dunkele Stellen, welche er Glossen nannte.
Daß Irnerius in seiner Lehrmethode die Griechen
nachgeahmt, und die Scholien der Basiliken des Krs
Leo benutzet habe, wie Abraham Wieling 93) be-
haupten will, kommt mir darum nicht glaublich vor,
weil das Vorgeben, als ob Irnerius die Rechte zu
Constantinopel erlernet habe, und worauf sich jene Hy-
pothese des Wielings gründet, ganz unerweißlich
ist 94). Es ist viel wahrscheinlicher, daß er die vor-
hin beschriebene Art zu glossiren von den damahligen
Lehrern der Gottesgelahrtheit zu Bologna erlernet ha-
be, welche sich derselben ebenfalls bey Erklärung der
heiligen Schrift bedienten, und welche Irnerius auch
bey Erklärung der Gesetze sehr zweckmäsig fand 95). Da
Irnerius, nach dem Zeugnis des Odofreds 96) vor-

her,
93) Orat. pro Glossatoribus hinter Desselben Le-
ctionib. iuris civ.
S. 300. folg.
94) Schon [Do]nat. Anton. d'asti in seinem Werk dell'
uso e autorita della ragione civile
(Neapo-
li
1720.) Lib. II. cap.
5. S. 133. verlachte deshalb den
gravina, welcher sich de ortu et progressu iuris civ.
Lib. I. c.
143. diese Fabel von Mornacius und Cironius
aufheften lassen; und Maurus sartius in Irnerio §. 3.
und 4. hat dieses Vorgeben vollends widerlegt, und aus
Nachrichten des Odofredus das Gegentheil erwiesen.
95) maur. sarti in Irnerio prooem. §. XXI. und im
Leben des Irnerius §. V.
96) odofredus ad L. ins civile D. de Iust. et Iure: --
Dominus irnerius, dum doceret in artibus in civitate
ista, cum fuerunt deportati libri legales, coepit per s[e]

studere

de Origine Iuris.
lung der einzelnen Rechtslehren einzulaſſen, erklaͤrte er
blos die Worte der Geſetze, (ipſam legum litteram,
wie es die Gloſſatoren ſelbſt zu nennen pflegen) gram-
matiſch, und begleitete den Text mit kurzen Anmerkun-
gen uͤber dunkele Stellen, welche er Gloſſen nannte.
Daß Irnerius in ſeiner Lehrmethode die Griechen
nachgeahmt, und die Scholien der Baſiliken des Krs
Leo benutzet habe, wie Abraham Wieling 93) be-
haupten will, kommt mir darum nicht glaublich vor,
weil das Vorgeben, als ob Irnerius die Rechte zu
Conſtantinopel erlernet habe, und worauf ſich jene Hy-
potheſe des Wielings gruͤndet, ganz unerweißlich
iſt 94). Es iſt viel wahrſcheinlicher, daß er die vor-
hin beſchriebene Art zu gloſſiren von den damahligen
Lehrern der Gottesgelahrtheit zu Bologna erlernet ha-
be, welche ſich derſelben ebenfalls bey Erklaͤrung der
heiligen Schrift bedienten, und welche Irnerius auch
bey Erklaͤrung der Geſetze ſehr zweckmaͤſig fand 95). Da
Irnerius, nach dem Zeugnis des Odofreds 96) vor-

her,
93) Orat. pro Gloſſatoribus hinter Deſſelben Le-
ctionib. iuris civ.
S. 300. folg.
94) Schon [Do]nat. Anton. d’asti in ſeinem Werk dell’
uſo e autorita della ragione civile
(Neapo-
li
1720.) Lib. II. cap.
5. S. 133. verlachte deshalb den
gravina, welcher ſich de ortu et progreſſu iuris civ.
Lib. I. c.
143. dieſe Fabel von Mornacius und Cironius
aufheften laſſen; und Maurus sartius in Irnerio §. 3.
und 4. hat dieſes Vorgeben vollends widerlegt, und aus
Nachrichten des Odofredus das Gegentheil erwieſen.
95) maur. sarti in Irnerio prooem. §. XXI. und im
Leben des Irnerius §. V.
96) odofredus ad L. ins civile D. de Iuſt. et Iure: —
Dominus irnerius, dum doceret in artibus in civitate
iſta, cum fuerunt deportati libri legales, coepit per ſ[e]

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[345/0365] de Origine Iuris. lung der einzelnen Rechtslehren einzulaſſen, erklaͤrte er blos die Worte der Geſetze, (ipſam legum litteram, wie es die Gloſſatoren ſelbſt zu nennen pflegen) gram- matiſch, und begleitete den Text mit kurzen Anmerkun- gen uͤber dunkele Stellen, welche er Gloſſen nannte. Daß Irnerius in ſeiner Lehrmethode die Griechen nachgeahmt, und die Scholien der Baſiliken des Krs Leo benutzet habe, wie Abraham Wieling 93) be- haupten will, kommt mir darum nicht glaublich vor, weil das Vorgeben, als ob Irnerius die Rechte zu Conſtantinopel erlernet habe, und worauf ſich jene Hy- potheſe des Wielings gruͤndet, ganz unerweißlich iſt 94). Es iſt viel wahrſcheinlicher, daß er die vor- hin beſchriebene Art zu gloſſiren von den damahligen Lehrern der Gottesgelahrtheit zu Bologna erlernet ha- be, welche ſich derſelben ebenfalls bey Erklaͤrung der heiligen Schrift bedienten, und welche Irnerius auch bey Erklaͤrung der Geſetze ſehr zweckmaͤſig fand 95). Da Irnerius, nach dem Zeugnis des Odofreds 96) vor- her, 93) Orat. pro Gloſſatoribus hinter Deſſelben Le- ctionib. iuris civ. S. 300. folg. 94) Schon Donat. Anton. d’asti in ſeinem Werk dell’ uſo e autorita della ragione civile (Neapo- li 1720.) Lib. II. cap. 5. S. 133. verlachte deshalb den gravina, welcher ſich de ortu et progreſſu iuris civ. Lib. I. c. 143. dieſe Fabel von Mornacius und Cironius aufheften laſſen; und Maurus sartius in Irnerio §. 3. und 4. hat dieſes Vorgeben vollends widerlegt, und aus Nachrichten des Odofredus das Gegentheil erwieſen. 95) maur. sarti in Irnerio prooem. §. XXI. und im Leben des Irnerius §. V. 96) odofredus ad L. ins civile D. de Iuſt. et Iure: — Dominus irnerius, dum doceret in artibus in civitate iſta, cum fuerunt deportati libri legales, coepit per ſe ſtudere

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/365>, abgerufen am 24.11.2024.