dere Redegebrauch des Gesezgebers ausge- mittelt, und zum Maasstab genommen wer- den92).
Worte können ferner in dieser oder jener Zusam- mensetzung oft einen ganz andern Sinn enthalten, als ihnen der Redegebrauch einzeln beylegte. So wie es nun bey Münzen ist, daß nicht blos der Werth der einzelnen Scheidemünze, sondern zugleich auch das Ver- hältnis, das zwischen ihnen und den gröbern Sorten der Gebrauch festsezt, den Werth der leztern bestimmt; so hängt nun gleichfalls der Sinn einer Rede nicht blos von dem Sinne der einzelnen Worte, sondern zu- gleich von dem Werthe ab, den ihnen in ihrer Verbin- dung der Redegebrauch beylegt. Hieraus ergiebt sich die zweite Regel der grammatischen Gesezerklärung: Worte eines Gesetzes sind jederzeit in dem- jenigen Sinne zu erklären, den ihnen der Sprachgebrauch in der Verbindung, welche sie in dem Gesez haben, beygelegt hat. Da aber zuweilen Worte auch in ihrer Verbindung einen verschiedenen Sinn zulassen, woraus Zweydeutigkeit der Rede entstehet, so ist nun alsdann, welches die dritte Regel ist, diejenige Bedeutung anzunehmen, welche mit dem Gegenstande, wovon das Ge- sez redet, d. i. mit dem Subject und dessel- ben Prädicat am besten übereinstimmt93).
Auch
92) Diese Regel ist ganz allgemein, und findet auch bey Erklärung anderer Willensverordnungen statt. L. 69. D. de legat. 3. Non aliter a significatione verborum recedi oportet, quam cum manifestum est, aliud sensisse te- statorem.
93)L. 67. D. de Reg. Iur. giebt die Regel: Quoties idem sermo duas sententias exprimit, ea potissimum accipietur,
quae
1. Buch. 1. Tit.
dere Redegebrauch des Geſezgebers ausge- mittelt, und zum Maasſtab genommen wer- den92).
Worte koͤnnen ferner in dieſer oder jener Zuſam- menſetzung oft einen ganz andern Sinn enthalten, als ihnen der Redegebrauch einzeln beylegte. So wie es nun bey Muͤnzen iſt, daß nicht blos der Werth der einzelnen Scheidemuͤnze, ſondern zugleich auch das Ver- haͤltnis, das zwiſchen ihnen und den groͤbern Sorten der Gebrauch feſtſezt, den Werth der leztern beſtimmt; ſo haͤngt nun gleichfalls der Sinn einer Rede nicht blos von dem Sinne der einzelnen Worte, ſondern zu- gleich von dem Werthe ab, den ihnen in ihrer Verbin- dung der Redegebrauch beylegt. Hieraus ergiebt ſich die zweite Regel der grammatiſchen Geſezerklaͤrung: Worte eines Geſetzes ſind jederzeit in dem- jenigen Sinne zu erklaͤren, den ihnen der Sprachgebrauch in der Verbindung, welche ſie in dem Geſez haben, beygelegt hat. Da aber zuweilen Worte auch in ihrer Verbindung einen verſchiedenen Sinn zulaſſen, woraus Zweydeutigkeit der Rede entſtehet, ſo iſt nun alsdann, welches die dritte Regel iſt, diejenige Bedeutung anzunehmen, welche mit dem Gegenſtande, wovon das Ge- ſez redet, d. i. mit dem Subject und deſſel- ben Praͤdicat am beſten uͤbereinſtimmt93).
Auch
92) Dieſe Regel iſt ganz allgemein, und findet auch bey Erklaͤrung anderer Willensverordnungen ſtatt. L. 69. D. de legat. 3. Non aliter a ſignificatione verborum recedi oportet, quam cum manifeſtum eſt, aliud ſenſiſſe te- ſtatorem.
93)L. 67. D. de Reg. Iur. giebt die Regel: Quoties idem ſermo duas ſententias exprimit, ea potiſſimum accipietur,
quae
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0244"n="224"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#fr">1. Buch. 1. Tit.</hi></fw><lb/><hirendition="#g">dere Redegebrauch des Geſezgebers ausge-<lb/>
mittelt, und zum Maasſtab genommen wer-<lb/>
den</hi><noteplace="foot"n="92)">Dieſe Regel iſt ganz allgemein, und findet auch bey<lb/>
Erklaͤrung anderer Willensverordnungen ſtatt. <hirendition="#aq"><hirendition="#i">L. 69. D.<lb/>
de legat. 3</hi>. Non aliter <hirendition="#i">a ſignificatione verborum</hi> recedi<lb/>
oportet, quam cum manifeſtum eſt, aliud ſenſiſſe <hirendition="#i">te-<lb/>ſtatorem</hi></hi>.</note>.</p><lb/><p>Worte koͤnnen ferner in dieſer oder jener Zuſam-<lb/>
menſetzung oft einen ganz andern Sinn enthalten, als<lb/>
ihnen der Redegebrauch einzeln beylegte. So wie es<lb/>
nun bey Muͤnzen iſt, daß nicht blos der Werth der<lb/>
einzelnen Scheidemuͤnze, ſondern zugleich auch das Ver-<lb/>
haͤltnis, das zwiſchen ihnen und den groͤbern Sorten<lb/>
der Gebrauch feſtſezt, den Werth der leztern beſtimmt;<lb/>ſo haͤngt nun gleichfalls der Sinn einer Rede nicht<lb/>
blos von dem Sinne der einzelnen Worte, ſondern zu-<lb/>
gleich von dem Werthe ab, den ihnen in ihrer Verbin-<lb/>
dung der Redegebrauch beylegt. Hieraus ergiebt ſich<lb/>
die zweite Regel der grammatiſchen Geſezerklaͤrung:<lb/><hirendition="#g">Worte eines Geſetzes ſind jederzeit in dem-<lb/>
jenigen Sinne zu erklaͤren, den ihnen der<lb/>
Sprachgebrauch in der Verbindung, welche<lb/>ſie in dem Geſez haben, beygelegt hat</hi>. Da<lb/>
aber zuweilen Worte auch in ihrer Verbindung einen<lb/>
verſchiedenen Sinn zulaſſen, woraus Zweydeutigkeit der<lb/>
Rede entſtehet, ſo iſt nun alsdann, welches die dritte<lb/>
Regel iſt, <hirendition="#g">diejenige Bedeutung anzunehmen,<lb/>
welche mit dem Gegenſtande, wovon das Ge-<lb/>ſez redet, d. i. mit dem Subject und deſſel-<lb/>
ben Praͤdicat am beſten uͤbereinſtimmt</hi><notexml:id="seg2pn_25_1"next="#seg2pn_25_2"place="foot"n="93)"><hirendition="#i"><hirendition="#aq">L. 67. D. de Reg. Iur</hi>.</hi> giebt die Regel: <hirendition="#i"><hirendition="#aq">Quoties idem<lb/>ſermo duas ſententias exprimit, ea potiſſimum accipietur</hi>,</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#i"><hirendition="#aq">quae</hi></hi></fw></note>.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Auch</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[224/0244]
1. Buch. 1. Tit.
dere Redegebrauch des Geſezgebers ausge-
mittelt, und zum Maasſtab genommen wer-
den 92).
Worte koͤnnen ferner in dieſer oder jener Zuſam-
menſetzung oft einen ganz andern Sinn enthalten, als
ihnen der Redegebrauch einzeln beylegte. So wie es
nun bey Muͤnzen iſt, daß nicht blos der Werth der
einzelnen Scheidemuͤnze, ſondern zugleich auch das Ver-
haͤltnis, das zwiſchen ihnen und den groͤbern Sorten
der Gebrauch feſtſezt, den Werth der leztern beſtimmt;
ſo haͤngt nun gleichfalls der Sinn einer Rede nicht
blos von dem Sinne der einzelnen Worte, ſondern zu-
gleich von dem Werthe ab, den ihnen in ihrer Verbin-
dung der Redegebrauch beylegt. Hieraus ergiebt ſich
die zweite Regel der grammatiſchen Geſezerklaͤrung:
Worte eines Geſetzes ſind jederzeit in dem-
jenigen Sinne zu erklaͤren, den ihnen der
Sprachgebrauch in der Verbindung, welche
ſie in dem Geſez haben, beygelegt hat. Da
aber zuweilen Worte auch in ihrer Verbindung einen
verſchiedenen Sinn zulaſſen, woraus Zweydeutigkeit der
Rede entſtehet, ſo iſt nun alsdann, welches die dritte
Regel iſt, diejenige Bedeutung anzunehmen,
welche mit dem Gegenſtande, wovon das Ge-
ſez redet, d. i. mit dem Subject und deſſel-
ben Praͤdicat am beſten uͤbereinſtimmt 93).
Auch
92) Dieſe Regel iſt ganz allgemein, und findet auch bey
Erklaͤrung anderer Willensverordnungen ſtatt. L. 69. D.
de legat. 3. Non aliter a ſignificatione verborum recedi
oportet, quam cum manifeſtum eſt, aliud ſenſiſſe te-
ſtatorem.
93) L. 67. D. de Reg. Iur. giebt die Regel: Quoties idem
ſermo duas ſententias exprimit, ea potiſſimum accipietur,
quae
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/244>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.