Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.1. Buch. 1. Tit. ge Wirkungen aber fortdaurend blieben, offenbar un-zulänglich sey, fällt in die Augen. Schon dasje- nige, was der röm. Jurist Paulus 14) sagt: Na- tura- 14) L. 10. D. de obligat. et actionib. Julian sagt das
nehmliche fast mit denselbigen Worten in L. 16. §. 4. D. de fidejussor. Aus dem Zusammenhange der leztern Stelle siehet man, daß die oben angeführten Worte in Bezie- hung auf die Bürgschaft zu erklären sind. Denn im vor- hergehenden §. 3. hatte Julian die allgemeine Regel vor- getragen: Fideiussor accipi potest, quotiens est aliqua obligatio civilis, vel naturalis. Da nun die natürlichen Verbindlichkeiten von verschiedener Qualität und Wirkung sind, indem einige eine Klage hervorbringen, andere nur eine Einrede geben; so konnte leicht Zweifel entstehen, ob auch in Ansehung natürlicher Verbindlichkeiten der lez- tern Art eine gültige Fidejussion statt finde. Diesem Zweifel zu begegnen, sezt Julian §. 4. des gedachten Ge- setzes noch hinzu: Naturales obligationes non eo solo aestimantur, si actio aliqua earum nomine competit, verum etiam cum soluta pecunia repeti non potest; und giebt hiermit zu erkennen, daß in der Materie von Bürgschaften beyderley Arten der natürlichen Verbindlich- keiten zu verstehen sind. So fällt nun alle Schwierigkeit der oben angeführten Worte der L. 10. ganz weg, und es ist gar nicht nöthig, zur Critic seine Zuflucht zu nehmen, und mit Franc. hotomannus Lib. III. Observation. cap. 2. zu lesen: actio non competit. Noch eins kann ich hier nicht unbemerkt lassen. Die Inscription der mehrge- dachten L. 10. D. de O. et A. lautet in den gemeinen Ausgaben, wie in der Florentinischen, so: paulus lib. 47. ad Sabinum. Allein Paulus hat nur Libros XVI. ad Sabinum geschrieben. Dies erweißt der Index Pande- ctarum florentinus. Wahrscheinlich ist also hier eine Verwechselung der Nahmen Ulpian und Paulus vorge- gangen. Denn, daß ersterer Libros LI. ad Sabinum ge- schrieben, ist gewiß. Ulpian hat auch gerade im 47sten Buch 1. Buch. 1. Tit. ge Wirkungen aber fortdaurend blieben, offenbar un-zulaͤnglich ſey, faͤllt in die Augen. Schon dasje- nige, was der roͤm. Juriſt Paulus 14) ſagt: Na- tura- 14) L. 10. D. de obligat. et actionib. Julian ſagt das
nehmliche faſt mit denſelbigen Worten in L. 16. §. 4. D. de fidejuſſor. Aus dem Zuſammenhange der leztern Stelle ſiehet man, daß die oben angefuͤhrten Worte in Bezie- hung auf die Buͤrgſchaft zu erklaͤren ſind. Denn im vor- hergehenden §. 3. hatte Julian die allgemeine Regel vor- getragen: Fideiuſſor accipi poteſt, quotiens eſt aliqua obligatio civilis, vel naturalis. Da nun die natuͤrlichen Verbindlichkeiten von verſchiedener Qualitaͤt und Wirkung ſind, indem einige eine Klage hervorbringen, andere nur eine Einrede geben; ſo konnte leicht Zweifel entſtehen, ob auch in Anſehung natuͤrlicher Verbindlichkeiten der lez- tern Art eine guͤltige Fidejuſſion ſtatt finde. Dieſem Zweifel zu begegnen, ſezt Julian §. 4. des gedachten Ge- ſetzes noch hinzu: Naturales obligationes non eo ſolo aeſtimantur, ſi actio aliqua earum nomine competit, verum etiam cum ſoluta pecunia repeti non poteſt; und giebt hiermit zu erkennen, daß in der Materie von Buͤrgſchaften beyderley Arten der natuͤrlichen Verbindlich- keiten zu verſtehen ſind. So faͤllt nun alle Schwierigkeit der oben angefuͤhrten Worte der L. 10. ganz weg, und es iſt gar nicht noͤthig, zur Critic ſeine Zuflucht zu nehmen, und mit Franc. hotomannus Lib. III. Obſervation. cap. 2. zu leſen: actio non competit. Noch eins kann ich hier nicht unbemerkt laſſen. Die Inſcription der mehrge- dachten L. 10. D. de O. et A. lautet in den gemeinen Ausgaben, wie in der Florentiniſchen, ſo: paulus lib. 47. ad Sabinum. Allein Paulus hat nur Libros XVI. ad Sabinum geſchrieben. Dies erweißt der Index Pande- ctarum florentinus. Wahrſcheinlich iſt alſo hier eine Verwechſelung der Nahmen Ulpian und Paulus vorge- gangen. 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nige, was der roͤm. Juriſt Paulus 14) ſagt: Na-
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14) L. 10. D. de obligat. et actionib. Julian ſagt das
nehmliche faſt mit denſelbigen Worten in L. 16. §. 4. D.
de fidejuſſor. Aus dem Zuſammenhange der leztern Stelle
ſiehet man, daß die oben angefuͤhrten Worte in Bezie-
hung auf die Buͤrgſchaft zu erklaͤren ſind. Denn im vor-
hergehenden §. 3. hatte Julian die allgemeine Regel vor-
getragen: Fideiuſſor accipi poteſt, quotiens eſt aliqua
obligatio civilis, vel naturalis. Da nun die natuͤrlichen
Verbindlichkeiten von verſchiedener Qualitaͤt und Wirkung
ſind, indem einige eine Klage hervorbringen, andere nur
eine Einrede geben; ſo konnte leicht Zweifel entſtehen,
ob auch in Anſehung natuͤrlicher Verbindlichkeiten der lez-
tern Art eine guͤltige Fidejuſſion ſtatt finde. Dieſem
Zweifel zu begegnen, ſezt Julian §. 4. des gedachten Ge-
ſetzes noch hinzu: Naturales obligationes non eo ſolo
aeſtimantur, ſi actio aliqua earum nomine competit,
verum etiam cum ſoluta pecunia repeti non poteſt; und
giebt hiermit zu erkennen, daß in der Materie von
Buͤrgſchaften beyderley Arten der natuͤrlichen Verbindlich-
keiten zu verſtehen ſind. So faͤllt nun alle Schwierigkeit
der oben angefuͤhrten Worte der L. 10. ganz weg, und es
iſt gar nicht noͤthig, zur Critic ſeine Zuflucht zu nehmen,
und mit Franc. hotomannus Lib. III. Obſervation.
cap. 2. zu leſen: actio non competit. Noch eins kann ich
hier nicht unbemerkt laſſen. Die Inſcription der mehrge-
dachten L. 10. D. de O. et A. lautet in den gemeinen
Ausgaben, wie in der Florentiniſchen, ſo: paulus lib.
47. ad Sabinum. Allein Paulus hat nur Libros XVI.
ad Sabinum geſchrieben. Dies erweißt der Index Pande-
ctarum florentinus. Wahrſcheinlich iſt alſo hier eine
Verwechſelung der Nahmen Ulpian und Paulus vorge-
gangen. Denn, daß erſterer Libros LI. ad Sabinum ge-
ſchrieben, iſt gewiß. Ulpian hat auch gerade im 47ſten
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