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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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1. Buch. 1. Tit.
müsse, wenn sie vom Gegner geläugnet wird 37). Es
verstehet sich, daß hier blos von Landesgesetzen die Rede
sey. Denn wer sich auf das gemeine in Teutschland reci-
pirte Recht beruft, hat ohnehin fundatam intentio-
nem
für sich. Ob nun gleich die andere Meinung
allerdings für gegründeter zu halten ist, so darf
doch der Unterschied zwischen alten und neuen Lan-
desgesetzen nicht aus der Acht gelassen werden, in-
dem, wenn von einem alten Gesez die Rede ist,
welches bisher von den Unterthanen immer beobach-
tet worden, die geschehene Publication desselben in
einem solchen Fall allerdings zu vermuthen stehet,
mithin derjenige, welcher sich darauf beruft, mit kei-
nem Beweiß beschweret werden kann. Dahingegen
sich die Sache bey neuen Gesetzen, deren Anwen-
dung selbst noch streitig ist, ganz anders verhält,
bey solchen kann die geschehen seyn sollende Bekannt-
machung, wenn sie von dem Gegner geläugnet wird,
darum nicht vermuthet werden, weil sie etwas fa-
ctisches ist, alles dasjenige aber, was facti ist, im
Läugnungsfall und der Regel nach erwiesen werden
muß. Und dieser Beweiß wird auch dann noch nö-
thig seyn, wenn gleich dasselbe Gesez, wovon die
Frage ist, bereits gedruckt seyn solte, indem die
Erfahrung lehrt, daß manchmahl Gesetze, wenn sie
gleich schon gedruckt sind, dennoch hernach entweder
gar nicht, oder wenigstens etliche Jahre nachher erst
publiciret werden 38).

End-
37) hartleben in Meditat. ad Pandect. Spec. VIII.
med.
1. 2. 3. Eichmann Erklärungen des bürger-
lichen Rechts
. 1. Th. S. 55. u. folg.
38) Ein schönes Beispiel findet man in des Herrn Direct.
gaertner Meditat. pract. ad Pandect. Spec. I.
med.
9.
1. Buch. 1. Tit.
muͤſſe, wenn ſie vom Gegner gelaͤugnet wird 37). Es
verſtehet ſich, daß hier blos von Landesgeſetzen die Rede
ſey. Denn wer ſich auf das gemeine in Teutſchland reci-
pirte Recht beruft, hat ohnehin fundatam intentio-
nem
fuͤr ſich. Ob nun gleich die andere Meinung
allerdings fuͤr gegruͤndeter zu halten iſt, ſo darf
doch der Unterſchied zwiſchen alten und neuen Lan-
desgeſetzen nicht aus der Acht gelaſſen werden, in-
dem, wenn von einem alten Geſez die Rede iſt,
welches bisher von den Unterthanen immer beobach-
tet worden, die geſchehene Publication deſſelben in
einem ſolchen Fall allerdings zu vermuthen ſtehet,
mithin derjenige, welcher ſich darauf beruft, mit kei-
nem Beweiß beſchweret werden kann. Dahingegen
ſich die Sache bey neuen Geſetzen, deren Anwen-
dung ſelbſt noch ſtreitig iſt, ganz anders verhaͤlt,
bey ſolchen kann die geſchehen ſeyn ſollende Bekannt-
machung, wenn ſie von dem Gegner gelaͤugnet wird,
darum nicht vermuthet werden, weil ſie etwas fa-
ctiſches iſt, alles dasjenige aber, was facti iſt, im
Laͤugnungsfall und der Regel nach erwieſen werden
muß. Und dieſer Beweiß wird auch dann noch noͤ-
thig ſeyn, wenn gleich daſſelbe Geſez, wovon die
Frage iſt, bereits gedruckt ſeyn ſolte, indem die
Erfahrung lehrt, daß manchmahl Geſetze, wenn ſie
gleich ſchon gedruckt ſind, dennoch hernach entweder
gar nicht, oder wenigſtens etliche Jahre nachher erſt
publiciret werden 38).

End-
37) hartleben in Meditat. ad Pandect. Spec. VIII.
med.
1. 2. 3. Eichmann Erklaͤrungen des buͤrger-
lichen Rechts
. 1. Th. S. 55. u. folg.
38) Ein ſchoͤnes Beiſpiel findet man in des Herrn Direct.
gaertner Meditat. pract. ad Pandect. Spec. I.
med.
9.
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[138/0158] 1. Buch. 1. Tit. muͤſſe, wenn ſie vom Gegner gelaͤugnet wird 37). Es verſtehet ſich, daß hier blos von Landesgeſetzen die Rede ſey. Denn wer ſich auf das gemeine in Teutſchland reci- pirte Recht beruft, hat ohnehin fundatam intentio- nem fuͤr ſich. Ob nun gleich die andere Meinung allerdings fuͤr gegruͤndeter zu halten iſt, ſo darf doch der Unterſchied zwiſchen alten und neuen Lan- desgeſetzen nicht aus der Acht gelaſſen werden, in- dem, wenn von einem alten Geſez die Rede iſt, welches bisher von den Unterthanen immer beobach- tet worden, die geſchehene Publication deſſelben in einem ſolchen Fall allerdings zu vermuthen ſtehet, mithin derjenige, welcher ſich darauf beruft, mit kei- nem Beweiß beſchweret werden kann. Dahingegen ſich die Sache bey neuen Geſetzen, deren Anwen- dung ſelbſt noch ſtreitig iſt, ganz anders verhaͤlt, bey ſolchen kann die geſchehen ſeyn ſollende Bekannt- machung, wenn ſie von dem Gegner gelaͤugnet wird, darum nicht vermuthet werden, weil ſie etwas fa- ctiſches iſt, alles dasjenige aber, was facti iſt, im Laͤugnungsfall und der Regel nach erwieſen werden muß. Und dieſer Beweiß wird auch dann noch noͤ- thig ſeyn, wenn gleich daſſelbe Geſez, wovon die Frage iſt, bereits gedruckt ſeyn ſolte, indem die Erfahrung lehrt, daß manchmahl Geſetze, wenn ſie gleich ſchon gedruckt ſind, dennoch hernach entweder gar nicht, oder wenigſtens etliche Jahre nachher erſt publiciret werden 38). End- 37) hartleben in Meditat. ad Pandect. Spec. VIII. med. 1. 2. 3. Eichmann Erklaͤrungen des buͤrger- lichen Rechts. 1. Th. S. 55. u. folg. 38) Ein ſchoͤnes Beiſpiel findet man in des Herrn Direct. gaertner Meditat. pract. ad Pandect. Spec. I. med. 9.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/158>, abgerufen am 24.11.2024.