Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite
de Iustitia et Iure.
lung natürlicher Verbindlichkeiten gegeben werden.
Z. B. schon das Naturrecht verbietet, Sachen, die
blos zur Aufsicht und Verwahrung eingegeben wor-
den, zu veruntreuen, allein ausser dem Ersaz des
daraus entstandenen Schadens weiß das Naturrecht
von keiner Strafe. Die bürgerlichen Gesetze hinge-
gen setzen die Strafe der Ehrlosigkeit, und in einem
gewissen Fall noch die Strafe des doppelten Ersatzes
darauf; und die peinlichen Rechte 16) wollen sogar
solche Missethat einem Diebstahl gleich bestraft wissen.

Auch

2) dadurch, daß denen Rechtsgeschäften eine gewisse Form
vorgeschrieben wird, von deren Beobachtung die Gül-
tigkeit derselben abhangen solle; die Veräusserungen der
Kirchengüter, desgleichen der liegenden Güter der Min-
derjährigen, auch die Schenkungen auf den Todesfall
können hier zum Beispiel dienen.

Ferner

3) wenn Rechte und Verbindlichkeiten durch positive Ge-
setze eingeführt werden, welche das Naturrecht igno-
rirt. Man denke hierbey an Testamente, Usucapion,
Pollicitation u. d. m. Endlich gehört noch dahin,
4) wenn den sogenannten natürlich unvollkommenen Pflich-
ten durch bürgerliche Gesetze eine vollkommene verbind-
liche Kraft beygeleget wird. So verbinden mich zum
Beispiel die bürgerlichen Gesetze in verschiedenen Fäl-
len bey Strafe der Theilnehmung, die vorhabende
Verbrechen anderer zu verhindern, sie der Obrigkeit
zu entdecken, auch unterweilen begangene Missethaten
öffentlich anzuzeigen

17)

.

Das
16) Peinl. Gerichtsordn. Carl des V. Art. 170.
17) Die Erläuterung davon findet man beym Quistorp in
den Grundsätzen des peiul. Rechts. I. Th. 2.
Abschn-
de Iuſtitia et Iure.
lung natuͤrlicher Verbindlichkeiten gegeben werden.
Z. B. ſchon das Naturrecht verbietet, Sachen, die
blos zur Aufſicht und Verwahrung eingegeben wor-
den, zu veruntreuen, allein auſſer dem Erſaz des
daraus entſtandenen Schadens weiß das Naturrecht
von keiner Strafe. Die buͤrgerlichen Geſetze hinge-
gen ſetzen die Strafe der Ehrloſigkeit, und in einem
gewiſſen Fall noch die Strafe des doppelten Erſatzes
darauf; und die peinlichen Rechte 16) wollen ſogar
ſolche Miſſethat einem Diebſtahl gleich beſtraft wiſſen.

Auch

2) dadurch, daß denen Rechtsgeſchaͤften eine gewiſſe Form
vorgeſchrieben wird, von deren Beobachtung die Guͤl-
tigkeit derſelben abhangen ſolle; die Veraͤuſſerungen der
Kirchenguͤter, desgleichen der liegenden Guͤter der Min-
derjaͤhrigen, auch die Schenkungen auf den Todesfall
koͤnnen hier zum Beiſpiel dienen.

Ferner

3) wenn Rechte und Verbindlichkeiten durch poſitive Ge-
ſetze eingefuͤhrt werden, welche das Naturrecht igno-
rirt. Man denke hierbey an Teſtamente, Uſucapion,
Pollicitation u. d. m. Endlich gehoͤrt noch dahin,
4) wenn den ſogenannten natuͤrlich unvollkommenen Pflich-
ten durch buͤrgerliche Geſetze eine vollkommene verbind-
liche Kraft beygeleget wird. So verbinden mich zum
Beiſpiel die buͤrgerlichen Geſetze in verſchiedenen Faͤl-
len bey Strafe der Theilnehmung, die vorhabende
Verbrechen anderer zu verhindern, ſie der Obrigkeit
zu entdecken, auch unterweilen begangene Miſſethaten
oͤffentlich anzuzeigen

17)

.

Das
16) Peinl. Gerichtsordn. Carl des V. Art. 170.
17) Die Erlaͤuterung davon findet man beym Quiſtorp in
den Grundſaͤtzen des peiul. Rechts. I. Th. 2.
Abſchn-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <list>
              <item><pb facs="#f0147" n="127"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">de Iu&#x017F;titia et Iure.</hi></fw><lb/>
lung natu&#x0364;rlicher Verbindlichkeiten gegeben werden.<lb/>
Z. B. &#x017F;chon das Naturrecht verbietet, Sachen, die<lb/>
blos zur Auf&#x017F;icht und Verwahrung eingegeben wor-<lb/>
den, zu veruntreuen, allein au&#x017F;&#x017F;er dem Er&#x017F;az des<lb/>
daraus ent&#x017F;tandenen Schadens weiß das Naturrecht<lb/>
von keiner Strafe. Die bu&#x0364;rgerlichen Ge&#x017F;etze hinge-<lb/>
gen &#x017F;etzen die Strafe der Ehrlo&#x017F;igkeit, und in einem<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;en Fall noch die Strafe des doppelten Er&#x017F;atzes<lb/>
darauf; und die peinlichen Rechte <note place="foot" n="16)">Peinl. Gerichtsordn. Carl des <hi rendition="#aq">V.</hi> Art. 170.</note> wollen &#x017F;ogar<lb/>
&#x017F;olche Mi&#x017F;&#x017F;ethat einem Dieb&#x017F;tahl gleich be&#x017F;traft wi&#x017F;&#x017F;en.</item>
            </list><lb/>
            <p>Auch</p><lb/>
            <list>
              <item>2) dadurch, daß denen Rechtsge&#x017F;cha&#x0364;ften eine gewi&#x017F;&#x017F;e Form<lb/>
vorge&#x017F;chrieben wird, von deren Beobachtung die Gu&#x0364;l-<lb/>
tigkeit der&#x017F;elben abhangen &#x017F;olle; die Vera&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erungen der<lb/>
Kirchengu&#x0364;ter, desgleichen der liegenden Gu&#x0364;ter der Min-<lb/>
derja&#x0364;hrigen, auch die Schenkungen auf den Todesfall<lb/>
ko&#x0364;nnen hier zum Bei&#x017F;piel dienen.</item>
            </list><lb/>
            <p>Ferner</p><lb/>
            <list>
              <item>3) wenn Rechte und Verbindlichkeiten durch po&#x017F;itive Ge-<lb/>
&#x017F;etze eingefu&#x0364;hrt werden, welche das Naturrecht igno-<lb/>
rirt. Man denke hierbey an Te&#x017F;tamente, U&#x017F;ucapion,<lb/>
Pollicitation u. d. m. Endlich geho&#x0364;rt noch dahin,</item><lb/>
              <item>4) wenn den &#x017F;ogenannten natu&#x0364;rlich unvollkommenen Pflich-<lb/>
ten durch bu&#x0364;rgerliche Ge&#x017F;etze eine vollkommene verbind-<lb/>
liche Kraft beygeleget wird. So verbinden mich zum<lb/>
Bei&#x017F;piel die bu&#x0364;rgerlichen Ge&#x017F;etze in ver&#x017F;chiedenen Fa&#x0364;l-<lb/>
len bey Strafe der Theilnehmung, die vorhabende<lb/>
Verbrechen anderer zu verhindern, &#x017F;ie der Obrigkeit<lb/>
zu entdecken, auch unterweilen begangene Mi&#x017F;&#x017F;ethaten<lb/>
o&#x0364;ffentlich anzuzeigen <p><note xml:id="seg2pn_12_1" next="#seg2pn_12_2" place="foot" n="17)">Die Erla&#x0364;uterung davon findet man beym Qui&#x017F;torp in<lb/>
den <hi rendition="#g">Grund&#x017F;a&#x0364;tzen des peiul. Rechts</hi>. <hi rendition="#aq">I.</hi> Th. 2.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ab&#x017F;chn-</fw></note></p>.</item>
            </list><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[127/0147] de Iuſtitia et Iure. lung natuͤrlicher Verbindlichkeiten gegeben werden. Z. B. ſchon das Naturrecht verbietet, Sachen, die blos zur Aufſicht und Verwahrung eingegeben wor- den, zu veruntreuen, allein auſſer dem Erſaz des daraus entſtandenen Schadens weiß das Naturrecht von keiner Strafe. Die buͤrgerlichen Geſetze hinge- gen ſetzen die Strafe der Ehrloſigkeit, und in einem gewiſſen Fall noch die Strafe des doppelten Erſatzes darauf; und die peinlichen Rechte 16) wollen ſogar ſolche Miſſethat einem Diebſtahl gleich beſtraft wiſſen. Auch 2) dadurch, daß denen Rechtsgeſchaͤften eine gewiſſe Form vorgeſchrieben wird, von deren Beobachtung die Guͤl- tigkeit derſelben abhangen ſolle; die Veraͤuſſerungen der Kirchenguͤter, desgleichen der liegenden Guͤter der Min- derjaͤhrigen, auch die Schenkungen auf den Todesfall koͤnnen hier zum Beiſpiel dienen. Ferner 3) wenn Rechte und Verbindlichkeiten durch poſitive Ge- ſetze eingefuͤhrt werden, welche das Naturrecht igno- rirt. Man denke hierbey an Teſtamente, Uſucapion, Pollicitation u. d. m. Endlich gehoͤrt noch dahin, 4) wenn den ſogenannten natuͤrlich unvollkommenen Pflich- ten durch buͤrgerliche Geſetze eine vollkommene verbind- liche Kraft beygeleget wird. So verbinden mich zum Beiſpiel die buͤrgerlichen Geſetze in verſchiedenen Faͤl- len bey Strafe der Theilnehmung, die vorhabende Verbrechen anderer zu verhindern, ſie der Obrigkeit zu entdecken, auch unterweilen begangene Miſſethaten oͤffentlich anzuzeigen 17) . Das 16) Peinl. Gerichtsordn. Carl des V. Art. 170. 17) Die Erlaͤuterung davon findet man beym Quiſtorp in den Grundſaͤtzen des peiul. Rechts. I. Th. 2. Abſchn-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/147
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/147>, abgerufen am 22.11.2024.