Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

1. Buch. 1. Tit.
haupt statt fänden. Wir theilen also nun vielmehr das
Recht nach seinem Gegenstande in das Staats- und
Privatrecht ein. Staatsrecht nennt unser Au-
tor einen Inbegrif von Gesetzen, wodurch die Rechte
und Verbindlichkeiten des Regenten und der Untertha-
nen gegen einander bestimmt werden. Privatrecht
hingegen ist ihm der Inbegrif solcher Gesetze, welche
die Rechte und Verbindlichkeiten der Unterthanen ge-
gen einander selbst bestimmen. Es ist bekannt, daß
bey Bestimmung des Begrifs des Staatsrechts die
Staatsrechtsgelehrten selbst nicht einig sind, indem ei-
nige, zu denen Hellfeld gehört, dabey auf das Sub-
ject, nehmlich auf den Regenten und die Unterthanen
im Verhältniß gegen einander betrachtet, sehen, andere
die Rechte und Verbindlichkeiten der höchsten Gewalt
zum Mittelpunct ihres Begrifs machen; noch andere
auf die Staatsverfassung, die Verwaltung der höch-
sten Gewalt darinn, und derselben Verhältniß gegen
Auswärtige gesehen haben wollen. Man findet eine
gründliche Prüfung dieser verschiedenen Begriffe in des
Herrn Hofr. Schnauberts gelehrten Schrift de Ana-
logia iuris publici Imperii, in fontibus iuris publici
S. R. I. territoriorum non numeranda. Helmst.
1785.
§. 1. Dem sey indessen wie ihm wolle, so verdient wohl
unter diesen so verschiedenen Begriffen der von unserm
Autor angenommene den wenigsten Beifall, indem hier-
durch offenbahr alle diejenigen Rechte und Verbindlich-
keiten, welche das Verhältniß eines Staats gegen
Auswärtige betreffen, ausgeschlossen werden, mithin die-
ser Begrif in dieser Rücksicht ohne Zweifel zu eng ist-
Der richtigste und vollständigste Begrif vom Staats-
recht
ist unstreitig der, wenn man sich darunter einen
Inbegrif von Gesetzen denkt, welche die Rechte und
Verbindlichkeiten in Ansehung der Verfassung und Re-

gie-

1. Buch. 1. Tit.
haupt ſtatt faͤnden. Wir theilen alſo nun vielmehr das
Recht nach ſeinem Gegenſtande in das Staats- und
Privatrecht ein. Staatsrecht nennt unſer Au-
tor einen Inbegrif von Geſetzen, wodurch die Rechte
und Verbindlichkeiten des Regenten und der Untertha-
nen gegen einander beſtimmt werden. Privatrecht
hingegen iſt ihm der Inbegrif ſolcher Geſetze, welche
die Rechte und Verbindlichkeiten der Unterthanen ge-
gen einander ſelbſt beſtimmen. Es iſt bekannt, daß
bey Beſtimmung des Begrifs des Staatsrechts die
Staatsrechtsgelehrten ſelbſt nicht einig ſind, indem ei-
nige, zu denen Hellfeld gehoͤrt, dabey auf das Sub-
ject, nehmlich auf den Regenten und die Unterthanen
im Verhaͤltniß gegen einander betrachtet, ſehen, andere
die Rechte und Verbindlichkeiten der hoͤchſten Gewalt
zum Mittelpunct ihres Begrifs machen; noch andere
auf die Staatsverfaſſung, die Verwaltung der hoͤch-
ſten Gewalt darinn, und derſelben Verhaͤltniß gegen
Auswaͤrtige geſehen haben wollen. Man findet eine
gruͤndliche Pruͤfung dieſer verſchiedenen Begriffe in des
Herrn Hofr. Schnauberts gelehrten Schrift de Ana-
logia iuris publici Imperii, in fontibus iuris publici
S. R. I. territoriorum non numeranda. Helmſt.
1785.
§. 1. Dem ſey indeſſen wie ihm wolle, ſo verdient wohl
unter dieſen ſo verſchiedenen Begriffen der von unſerm
Autor angenommene den wenigſten Beifall, indem hier-
durch offenbahr alle diejenigen Rechte und Verbindlich-
keiten, welche das Verhaͤltniß eines Staats gegen
Auswaͤrtige betreffen, ausgeſchloſſen werden, mithin die-
ſer Begrif in dieſer Ruͤckſicht ohne Zweifel zu eng iſt-
Der richtigſte und vollſtaͤndigſte Begrif vom Staats-
recht
iſt unſtreitig der, wenn man ſich darunter einen
Inbegrif von Geſetzen denkt, welche die Rechte und
Verbindlichkeiten in Anſehung der Verfaſſung und Re-

gie-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0112" n="92"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">1. Buch. 1. Tit.</hi></fw><lb/>
haupt &#x017F;tatt fa&#x0364;nden. Wir theilen al&#x017F;o nun vielmehr das<lb/>
Recht nach &#x017F;einem Gegen&#x017F;tande in das <hi rendition="#g">Staats-</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Privatrecht</hi> ein. <hi rendition="#g">Staatsrecht</hi> nennt un&#x017F;er Au-<lb/>
tor einen Inbegrif von Ge&#x017F;etzen, wodurch die Rechte<lb/>
und Verbindlichkeiten des Regenten und der Untertha-<lb/>
nen gegen einander be&#x017F;timmt werden. <hi rendition="#g">Privatrecht</hi><lb/>
hingegen i&#x017F;t ihm der Inbegrif &#x017F;olcher Ge&#x017F;etze, welche<lb/>
die Rechte und Verbindlichkeiten der Unterthanen ge-<lb/>
gen einander &#x017F;elb&#x017F;t be&#x017F;timmen. Es i&#x017F;t bekannt, daß<lb/>
bey Be&#x017F;timmung des Begrifs des <hi rendition="#g">Staatsrechts</hi> die<lb/>
Staatsrechtsgelehrten &#x017F;elb&#x017F;t nicht einig &#x017F;ind, indem ei-<lb/>
nige, zu denen <hi rendition="#fr">Hellfeld</hi> geho&#x0364;rt, dabey auf das Sub-<lb/>
ject, nehmlich auf den Regenten und die Unterthanen<lb/>
im Verha&#x0364;ltniß gegen einander betrachtet, &#x017F;ehen, andere<lb/>
die Rechte und Verbindlichkeiten der ho&#x0364;ch&#x017F;ten Gewalt<lb/>
zum Mittelpunct ihres Begrifs machen; noch andere<lb/>
auf die Staatsverfa&#x017F;&#x017F;ung, die Verwaltung der ho&#x0364;ch-<lb/>
&#x017F;ten Gewalt darinn, und der&#x017F;elben Verha&#x0364;ltniß gegen<lb/>
Auswa&#x0364;rtige ge&#x017F;ehen haben wollen. Man findet eine<lb/>
gru&#x0364;ndliche Pru&#x0364;fung die&#x017F;er ver&#x017F;chiedenen Begriffe in des<lb/>
Herrn Hofr. <hi rendition="#fr">Schnauberts</hi> gelehrten Schrift <hi rendition="#aq">de Ana-<lb/>
logia iuris publici Imperii, in fontibus iuris publici<lb/>
S. R. I. territoriorum non numeranda. Helm&#x017F;t.</hi> 1785.<lb/>
§. 1. Dem &#x017F;ey inde&#x017F;&#x017F;en wie ihm wolle, &#x017F;o verdient wohl<lb/>
unter die&#x017F;en &#x017F;o ver&#x017F;chiedenen Begriffen der von un&#x017F;erm<lb/>
Autor angenommene den wenig&#x017F;ten Beifall, indem hier-<lb/>
durch offenbahr alle diejenigen Rechte und Verbindlich-<lb/>
keiten, welche das Verha&#x0364;ltniß eines Staats gegen<lb/>
Auswa&#x0364;rtige betreffen, ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werden, mithin die-<lb/>
&#x017F;er Begrif in die&#x017F;er Ru&#x0364;ck&#x017F;icht ohne Zweifel zu eng i&#x017F;t-<lb/>
Der richtig&#x017F;te und voll&#x017F;ta&#x0364;ndig&#x017F;te Begrif vom <hi rendition="#g">Staats-<lb/>
recht</hi> i&#x017F;t un&#x017F;treitig der, wenn man &#x017F;ich darunter einen<lb/>
Inbegrif von Ge&#x017F;etzen denkt, welche die Rechte und<lb/>
Verbindlichkeiten in An&#x017F;ehung der Verfa&#x017F;&#x017F;ung und Re-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gie-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[92/0112] 1. Buch. 1. Tit. haupt ſtatt faͤnden. Wir theilen alſo nun vielmehr das Recht nach ſeinem Gegenſtande in das Staats- und Privatrecht ein. Staatsrecht nennt unſer Au- tor einen Inbegrif von Geſetzen, wodurch die Rechte und Verbindlichkeiten des Regenten und der Untertha- nen gegen einander beſtimmt werden. Privatrecht hingegen iſt ihm der Inbegrif ſolcher Geſetze, welche die Rechte und Verbindlichkeiten der Unterthanen ge- gen einander ſelbſt beſtimmen. Es iſt bekannt, daß bey Beſtimmung des Begrifs des Staatsrechts die Staatsrechtsgelehrten ſelbſt nicht einig ſind, indem ei- nige, zu denen Hellfeld gehoͤrt, dabey auf das Sub- ject, nehmlich auf den Regenten und die Unterthanen im Verhaͤltniß gegen einander betrachtet, ſehen, andere die Rechte und Verbindlichkeiten der hoͤchſten Gewalt zum Mittelpunct ihres Begrifs machen; noch andere auf die Staatsverfaſſung, die Verwaltung der hoͤch- ſten Gewalt darinn, und derſelben Verhaͤltniß gegen Auswaͤrtige geſehen haben wollen. Man findet eine gruͤndliche Pruͤfung dieſer verſchiedenen Begriffe in des Herrn Hofr. Schnauberts gelehrten Schrift de Ana- logia iuris publici Imperii, in fontibus iuris publici S. R. I. territoriorum non numeranda. Helmſt. 1785. §. 1. Dem ſey indeſſen wie ihm wolle, ſo verdient wohl unter dieſen ſo verſchiedenen Begriffen der von unſerm Autor angenommene den wenigſten Beifall, indem hier- durch offenbahr alle diejenigen Rechte und Verbindlich- keiten, welche das Verhaͤltniß eines Staats gegen Auswaͤrtige betreffen, ausgeſchloſſen werden, mithin die- ſer Begrif in dieſer Ruͤckſicht ohne Zweifel zu eng iſt- Der richtigſte und vollſtaͤndigſte Begrif vom Staats- recht iſt unſtreitig der, wenn man ſich darunter einen Inbegrif von Geſetzen denkt, welche die Rechte und Verbindlichkeiten in Anſehung der Verfaſſung und Re- gie-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/112
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/112>, abgerufen am 22.11.2024.