Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 2. Berlin, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite

sich sehr merklich ausnimmt. Was ihre Füße be-
trift, so hat sie deren am Mitteltheile des Leibes
(pedes abdominales) 8; am Vordertheile (pecto-
rales
) 6, und hinten (caudales) 2. Mit diesen
16 Füßen kann sie sich festhalten, und zugleich nach
Gelegenheit kehren und wenden, wie sie will.

So unmäßig sie auch frißt, so machet sie doch
einen Unterschied unter ihren Speisen. Ihr vor-
nehmstes Gesetz scheinet zu seyn, keine Jahrge-
wächse zu berühren, sondern nur solche die perenni-
rende Wurzeln haben. Alle Arten von Kohl, alle
Erbsengewächse, Salat, Gurken, Getreidesorten
etc. sind von ihnen ganz unbeschädigt gelassen. Sie
fressen aber auch nicht einmahl alle Sorten von
Baumblättern. Der Herr von Linne sagt, daß
der Eichbaum dem Fraß dieser Raupe unterworfen
sey. Vermuthlich führt sie deswegen den Namen
der buntköpfigen Waldraupe. Meine Erfahrun-
gen aber beziehen sich nur auf das, was ich dieses
Jahr in dem Bezirk meines Ortes wahrgenommen.
Hier sind keine Eichbäume vorhanden, und in die
Forsten sind diese Raupen in diesem Jahre nicht
gekommen. Dagegen haben sie gefressen 1) die
Linde,
doch so, daß eine, welche an der Südseite
stehet, und einen sehr frischen Wuchs hat, ver-
schont geblieben. 2) Die Weiden (salix alba fra-
gilis,
und viminalis), doch sind die Pappelweiden
(populus nigra), an welcher ich dagegen dieses
Jahr desto mehrere Schmetterlinge von der pha-

laena

ſich ſehr merklich ausnimmt. Was ihre Fuͤße be-
trift, ſo hat ſie deren am Mitteltheile des Leibes
(pedes abdominales) 8; am Vordertheile (pecto-
rales
) 6, und hinten (caudales) 2. Mit dieſen
16 Fuͤßen kann ſie ſich feſthalten, und zugleich nach
Gelegenheit kehren und wenden, wie ſie will.

So unmaͤßig ſie auch frißt, ſo machet ſie doch
einen Unterſchied unter ihren Speiſen. Ihr vor-
nehmſtes Geſetz ſcheinet zu ſeyn, keine Jahrge-
waͤchſe zu beruͤhren, ſondern nur ſolche die perenni-
rende Wurzeln haben. Alle Arten von Kohl, alle
Erbſengewaͤchſe, Salat, Gurken, Getreideſorten
ꝛc. ſind von ihnen ganz unbeſchaͤdigt gelaſſen. Sie
freſſen aber auch nicht einmahl alle Sorten von
Baumblaͤttern. Der Herr von Linne ſagt, daß
der Eichbaum dem Fraß dieſer Raupe unterworfen
ſey. Vermuthlich fuͤhrt ſie deswegen den Namen
der buntkoͤpfigen Waldraupe. Meine Erfahrun-
gen aber beziehen ſich nur auf das, was ich dieſes
Jahr in dem Bezirk meines Ortes wahrgenommen.
Hier ſind keine Eichbaͤume vorhanden, und in die
Forſten ſind dieſe Raupen in dieſem Jahre nicht
gekommen. Dagegen haben ſie gefreſſen 1) die
Linde,
doch ſo, daß eine, welche an der Suͤdſeite
ſtehet, und einen ſehr friſchen Wuchs hat, ver-
ſchont geblieben. 2) Die Weiden (ſalix alba fra-
gilis,
und viminalis), doch ſind die Pappelweiden
(populus nigra), an welcher ich dagegen dieſes
Jahr deſto mehrere Schmetterlinge von der pha-

laena
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0276" n="268[266]"/>
&#x017F;ich &#x017F;ehr merklich ausnimmt. Was ihre Fu&#x0364;ße be-<lb/>
trift, &#x017F;o hat &#x017F;ie deren am Mitteltheile des Leibes<lb/>
(<hi rendition="#aq">pedes abdominales</hi>) 8; am Vordertheile (<hi rendition="#aq">pecto-<lb/>
rales</hi>) 6, und hinten (<hi rendition="#aq">caudales</hi>) 2. Mit die&#x017F;en<lb/>
16 Fu&#x0364;ßen kann &#x017F;ie &#x017F;ich fe&#x017F;thalten, und zugleich nach<lb/>
Gelegenheit kehren und wenden, wie &#x017F;ie will.</p><lb/>
        <p>So unma&#x0364;ßig &#x017F;ie auch frißt, &#x017F;o machet &#x017F;ie doch<lb/>
einen Unter&#x017F;chied unter ihren Spei&#x017F;en. Ihr vor-<lb/>
nehm&#x017F;tes Ge&#x017F;etz &#x017F;cheinet zu &#x017F;eyn, keine Jahrge-<lb/>
wa&#x0364;ch&#x017F;e zu beru&#x0364;hren, &#x017F;ondern nur &#x017F;olche die perenni-<lb/>
rende Wurzeln haben. Alle Arten von Kohl, alle<lb/>
Erb&#x017F;engewa&#x0364;ch&#x017F;e, Salat, Gurken, Getreide&#x017F;orten<lb/>
&#xA75B;c. &#x017F;ind von ihnen ganz unbe&#x017F;cha&#x0364;digt gela&#x017F;&#x017F;en. Sie<lb/>
fre&#x017F;&#x017F;en aber auch nicht einmahl alle Sorten von<lb/>
Baumbla&#x0364;ttern. Der Herr von <hi rendition="#fr">Linne</hi> &#x017F;agt, daß<lb/>
der Eichbaum dem Fraß die&#x017F;er Raupe unterworfen<lb/>
&#x017F;ey. Vermuthlich fu&#x0364;hrt &#x017F;ie deswegen den Namen<lb/>
der buntko&#x0364;pfigen <hi rendition="#fr">Waldraupe.</hi> Meine Erfahrun-<lb/>
gen aber beziehen &#x017F;ich nur auf das, was ich die&#x017F;es<lb/>
Jahr in dem Bezirk meines Ortes wahrgenommen.<lb/>
Hier &#x017F;ind keine Eichba&#x0364;ume vorhanden, und in die<lb/>
For&#x017F;ten &#x017F;ind die&#x017F;e Raupen in die&#x017F;em Jahre nicht<lb/>
gekommen. Dagegen haben &#x017F;ie gefre&#x017F;&#x017F;en 1) <hi rendition="#fr">die<lb/>
Linde,</hi> doch &#x017F;o, daß eine, welche an der Su&#x0364;d&#x017F;eite<lb/>
&#x017F;tehet, und einen &#x017F;ehr fri&#x017F;chen Wuchs hat, ver-<lb/>
&#x017F;chont geblieben. 2) <hi rendition="#fr">Die Weiden</hi> (<hi rendition="#aq">&#x017F;alix alba fra-<lb/>
gilis,</hi> und <hi rendition="#aq">viminalis</hi>), doch &#x017F;ind die Pappelweiden<lb/>
(<hi rendition="#aq">populus nigra</hi>), an welcher ich dagegen die&#x017F;es<lb/>
Jahr de&#x017F;to mehrere Schmetterlinge von der <hi rendition="#aq">pha-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">laena</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[268[266]/0276] ſich ſehr merklich ausnimmt. Was ihre Fuͤße be- trift, ſo hat ſie deren am Mitteltheile des Leibes (pedes abdominales) 8; am Vordertheile (pecto- rales) 6, und hinten (caudales) 2. Mit dieſen 16 Fuͤßen kann ſie ſich feſthalten, und zugleich nach Gelegenheit kehren und wenden, wie ſie will. So unmaͤßig ſie auch frißt, ſo machet ſie doch einen Unterſchied unter ihren Speiſen. Ihr vor- nehmſtes Geſetz ſcheinet zu ſeyn, keine Jahrge- waͤchſe zu beruͤhren, ſondern nur ſolche die perenni- rende Wurzeln haben. Alle Arten von Kohl, alle Erbſengewaͤchſe, Salat, Gurken, Getreideſorten ꝛc. ſind von ihnen ganz unbeſchaͤdigt gelaſſen. Sie freſſen aber auch nicht einmahl alle Sorten von Baumblaͤttern. Der Herr von Linne ſagt, daß der Eichbaum dem Fraß dieſer Raupe unterworfen ſey. Vermuthlich fuͤhrt ſie deswegen den Namen der buntkoͤpfigen Waldraupe. Meine Erfahrun- gen aber beziehen ſich nur auf das, was ich dieſes Jahr in dem Bezirk meines Ortes wahrgenommen. Hier ſind keine Eichbaͤume vorhanden, und in die Forſten ſind dieſe Raupen in dieſem Jahre nicht gekommen. Dagegen haben ſie gefreſſen 1) die Linde, doch ſo, daß eine, welche an der Suͤdſeite ſtehet, und einen ſehr friſchen Wuchs hat, ver- ſchont geblieben. 2) Die Weiden (ſalix alba fra- gilis, und viminalis), doch ſind die Pappelweiden (populus nigra), an welcher ich dagegen dieſes Jahr deſto mehrere Schmetterlinge von der pha- laena

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen02_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen02_1789/276
Zitationshilfe: Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 2. Berlin, 1789, S. 268[266]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen02_1789/276>, abgerufen am 24.11.2024.