Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 2. Berlin, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite

Größe, Stärke und übrigen Wachsthume mit den
kleinsten Holzarten so viele Aehnlichkeit zeigen, wie
sie wollen, werden doch bey uns niemahls Holzar-
ten, indem sie noch, vor der Zeit, alle Jahre ihr
Mark verlieren, und folglich sterben, sobald ihre
Früchte oder Saamen reif geworden sind, ehe sich
aus ihrer Rinde der Bast absondern, in den Splint
verwandeln, der Splint aber zu Holze werden kann,
da sie denn als abgestorbene Stengel abgeworfen
werden, oder doch vergehen. Dagegen ersetzet die
beständige Wurzel den Abgang dieser Zweige jähr-
lich durch neue Sprossen.

So wenig man aber eine zu ihrer Vollkom-
menheit ausgewachsene große Baumweide, deren
nur 7 Arten bey uns unterhalten werden, mit an-
dern ihrer Gattung verwechseln kann, so leicht ist
es doch sich in den Kennzeichen derselben zu irren,
sobald man nur die aus ihren Zweigen gezogenen
Zaum- Heck- Bach- und Wasserweiden vor sich
hat, oder in einen solchen natürlichen Aufschlag
geräth, wo sich, wie nach den Wasserjahren, etli-
che Sorten von Baum- und kleinen Erdweiden
untereinander von abfliegenden Saamen in Moos-
Schlamm-weißen oder Torf-Moor selbst gesäet ha-
ben, oder durch Sturmwinde an den hohen Felsen,
zwischen andern Gesträuche von Erd- und Berg-
weiden, ein junger Aufschlag erfolget. Das physi-
sche Clima jeder Gegend, nebst der verschiedenen
Art des hoch und frey, tief, schattig, trocken oder

feucht
N 5

Groͤße, Staͤrke und uͤbrigen Wachsthume mit den
kleinſten Holzarten ſo viele Aehnlichkeit zeigen, wie
ſie wollen, werden doch bey uns niemahls Holzar-
ten, indem ſie noch, vor der Zeit, alle Jahre ihr
Mark verlieren, und folglich ſterben, ſobald ihre
Fruͤchte oder Saamen reif geworden ſind, ehe ſich
aus ihrer Rinde der Baſt abſondern, in den Splint
verwandeln, der Splint aber zu Holze werden kann,
da ſie denn als abgeſtorbene Stengel abgeworfen
werden, oder doch vergehen. Dagegen erſetzet die
beſtaͤndige Wurzel den Abgang dieſer Zweige jaͤhr-
lich durch neue Sproſſen.

So wenig man aber eine zu ihrer Vollkom-
menheit ausgewachſene große Baumweide, deren
nur 7 Arten bey uns unterhalten werden, mit an-
dern ihrer Gattung verwechſeln kann, ſo leicht iſt
es doch ſich in den Kennzeichen derſelben zu irren,
ſobald man nur die aus ihren Zweigen gezogenen
Zaum- Heck- Bach- und Waſſerweiden vor ſich
hat, oder in einen ſolchen natuͤrlichen Aufſchlag
geraͤth, wo ſich, wie nach den Waſſerjahren, etli-
che Sorten von Baum- und kleinen Erdweiden
untereinander von abfliegenden Saamen in Moos-
Schlamm-weißen oder Torf-Moor ſelbſt geſaͤet ha-
ben, oder durch Sturmwinde an den hohen Felſen,
zwiſchen andern Geſtraͤuche von Erd- und Berg-
weiden, ein junger Aufſchlag erfolget. Das phyſi-
ſche Clima jeder Gegend, nebſt der verſchiedenen
Art des hoch und frey, tief, ſchattig, trocken oder

feucht
N 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0209" n="201[199]"/>
Gro&#x0364;ße, Sta&#x0364;rke und u&#x0364;brigen Wachsthume mit den<lb/><hi rendition="#fr">klein&#x017F;ten Holzarten</hi> &#x017F;o viele Aehnlichkeit zeigen, wie<lb/>
&#x017F;ie wollen, werden doch bey uns niemahls Holzar-<lb/>
ten, indem &#x017F;ie noch, vor der Zeit, alle Jahre ihr<lb/>
Mark verlieren, und folglich &#x017F;terben, &#x017F;obald ihre<lb/>
Fru&#x0364;chte oder Saamen reif geworden &#x017F;ind, ehe &#x017F;ich<lb/>
aus ihrer Rinde der Ba&#x017F;t ab&#x017F;ondern, in den Splint<lb/>
verwandeln, der Splint aber zu Holze werden kann,<lb/>
da &#x017F;ie denn als abge&#x017F;torbene Stengel abgeworfen<lb/>
werden, oder doch vergehen. Dagegen er&#x017F;etzet die<lb/>
be&#x017F;ta&#x0364;ndige Wurzel den Abgang die&#x017F;er Zweige ja&#x0364;hr-<lb/>
lich durch neue Spro&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>So wenig man aber eine zu ihrer Vollkom-<lb/>
menheit ausgewach&#x017F;ene <hi rendition="#fr">große Baumweide</hi>, deren<lb/>
nur 7 <hi rendition="#fr">Arten bey uns unterhalten werden</hi>, mit an-<lb/>
dern ihrer Gattung verwech&#x017F;eln kann, &#x017F;o leicht i&#x017F;t<lb/>
es doch &#x017F;ich in den Kennzeichen der&#x017F;elben zu irren,<lb/>
&#x017F;obald man nur die aus ihren Zweigen gezogenen<lb/><hi rendition="#fr">Zaum- Heck- Bach-</hi> und <hi rendition="#fr">Wa&#x017F;&#x017F;erweiden</hi> vor &#x017F;ich<lb/>
hat, oder in einen &#x017F;olchen natu&#x0364;rlichen Auf&#x017F;chlag<lb/>
gera&#x0364;th, wo &#x017F;ich, wie nach den Wa&#x017F;&#x017F;erjahren, etli-<lb/>
che Sorten von Baum- und kleinen Erdweiden<lb/>
untereinander von abfliegenden Saamen in Moos-<lb/>
Schlamm-weißen oder Torf-Moor &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;a&#x0364;et ha-<lb/>
ben, oder durch Sturmwinde an den hohen Fel&#x017F;en,<lb/>
zwi&#x017F;chen andern Ge&#x017F;tra&#x0364;uche von Erd- und Berg-<lb/>
weiden, ein junger Auf&#x017F;chlag erfolget. Das phy&#x017F;i-<lb/>
&#x017F;che Clima jeder Gegend, neb&#x017F;t der ver&#x017F;chiedenen<lb/>
Art des hoch und frey, tief, &#x017F;chattig, trocken oder<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N 5</fw><fw place="bottom" type="catch">feucht</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[201[199]/0209] Groͤße, Staͤrke und uͤbrigen Wachsthume mit den kleinſten Holzarten ſo viele Aehnlichkeit zeigen, wie ſie wollen, werden doch bey uns niemahls Holzar- ten, indem ſie noch, vor der Zeit, alle Jahre ihr Mark verlieren, und folglich ſterben, ſobald ihre Fruͤchte oder Saamen reif geworden ſind, ehe ſich aus ihrer Rinde der Baſt abſondern, in den Splint verwandeln, der Splint aber zu Holze werden kann, da ſie denn als abgeſtorbene Stengel abgeworfen werden, oder doch vergehen. Dagegen erſetzet die beſtaͤndige Wurzel den Abgang dieſer Zweige jaͤhr- lich durch neue Sproſſen. So wenig man aber eine zu ihrer Vollkom- menheit ausgewachſene große Baumweide, deren nur 7 Arten bey uns unterhalten werden, mit an- dern ihrer Gattung verwechſeln kann, ſo leicht iſt es doch ſich in den Kennzeichen derſelben zu irren, ſobald man nur die aus ihren Zweigen gezogenen Zaum- Heck- Bach- und Waſſerweiden vor ſich hat, oder in einen ſolchen natuͤrlichen Aufſchlag geraͤth, wo ſich, wie nach den Waſſerjahren, etli- che Sorten von Baum- und kleinen Erdweiden untereinander von abfliegenden Saamen in Moos- Schlamm-weißen oder Torf-Moor ſelbſt geſaͤet ha- ben, oder durch Sturmwinde an den hohen Felſen, zwiſchen andern Geſtraͤuche von Erd- und Berg- weiden, ein junger Aufſchlag erfolget. Das phyſi- ſche Clima jeder Gegend, nebſt der verſchiedenen Art des hoch und frey, tief, ſchattig, trocken oder feucht N 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen02_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen02_1789/209
Zitationshilfe: Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 2. Berlin, 1789, S. 201[199]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen02_1789/209>, abgerufen am 28.11.2024.