Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 2. Berlin, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite

selbst offenbaren. Ob es nun zwar sehr oft sein Be-
wenden bey dem bloßen Nachspüren des Ursprungs
einer bloß historischen Wahrheit oder Unwahrheit
haben würde, als daß uns eine Widerlegung von
offenbaren Ungereimtheiten von sonderlichen Nutzen
seyn könnte, so würde sich dennoch zur Ehre der
Wahrheit noch manches entwickeln. Das übrige
müßte man unter diejenigen Umstände bringen, von
denen man aufrichtig wünschet, daß es besser wäre,
wenn sie niemahls bekannt geworden. Um nun
den Weg zu bahnen, durch welchen wir dem Haupt-
zweck uns mehr zu nähern gedenken, wird hier vor
das erste auszumachen seyn, was nun mit Einver-
ständniß aller Sachverständigen die wahre oder na-
türliche Mandragorapflanze sey, welche diese ge-
nannte Alraunenwurzel hervorbringe, die die al-
ten, mittlern und neuern Schriftsteller, nach den
Gründen der Naturgeschichte und Arzeneywissen-
schaft, unter diesem Namen bestimmt haben, und
deren Aepfel und Wurzeln eigentlich diejenigen
Theile sind, die durch den theils unerlaubten theils
abergläubischen Gebrauch ihre Pflanze so berühmt
und merkwürdig gemacht. Was hernach die
Menge der in ältern Zeiten damit verbundenen un-
gereimten Begriffe, Namen- und Sachenverwechs-
lungen anlanget, so werden sich diese davon von
selbst deutlich genug unterscheiden, und daraus her-
vorgehen, daß unter den ganz verschiedenen vielen
Dingen, die den Namen Alraune (Alruna) gefüh-

ret,
A 4

ſelbſt offenbaren. Ob es nun zwar ſehr oft ſein Be-
wenden bey dem bloßen Nachſpuͤren des Urſprungs
einer bloß hiſtoriſchen Wahrheit oder Unwahrheit
haben wuͤrde, als daß uns eine Widerlegung von
offenbaren Ungereimtheiten von ſonderlichen Nutzen
ſeyn koͤnnte, ſo wuͤrde ſich dennoch zur Ehre der
Wahrheit noch manches entwickeln. Das uͤbrige
muͤßte man unter diejenigen Umſtaͤnde bringen, von
denen man aufrichtig wuͤnſchet, daß es beſſer waͤre,
wenn ſie niemahls bekannt geworden. Um nun
den Weg zu bahnen, durch welchen wir dem Haupt-
zweck uns mehr zu naͤhern gedenken, wird hier vor
das erſte auszumachen ſeyn, was nun mit Einver-
ſtaͤndniß aller Sachverſtaͤndigen die wahre oder na-
tuͤrliche Mandragorapflanze ſey, welche dieſe ge-
nannte Alraunenwurzel hervorbringe, die die al-
ten, mittlern und neuern Schriftſteller, nach den
Gruͤnden der Naturgeſchichte und Arzeneywiſſen-
ſchaft, unter dieſem Namen beſtimmt haben, und
deren Aepfel und Wurzeln eigentlich diejenigen
Theile ſind, die durch den theils unerlaubten theils
aberglaͤubiſchen Gebrauch ihre Pflanze ſo beruͤhmt
und merkwuͤrdig gemacht. Was hernach die
Menge der in aͤltern Zeiten damit verbundenen un-
gereimten Begriffe, Namen- und Sachenverwechs-
lungen anlanget, ſo werden ſich dieſe davon von
ſelbſt deutlich genug unterſcheiden, und daraus her-
vorgehen, daß unter den ganz verſchiedenen vielen
Dingen, die den Namen Alraune (Alruna) gefuͤh-

ret,
A 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0017" n="7"/>
&#x017F;elb&#x017F;t offenbaren. Ob es nun zwar &#x017F;ehr oft &#x017F;ein Be-<lb/>
wenden bey dem bloßen Nach&#x017F;pu&#x0364;ren des Ur&#x017F;prungs<lb/>
einer bloß hi&#x017F;tori&#x017F;chen Wahrheit oder Unwahrheit<lb/>
haben wu&#x0364;rde, als daß uns eine Widerlegung von<lb/>
offenbaren Ungereimtheiten von &#x017F;onderlichen Nutzen<lb/>
&#x017F;eyn ko&#x0364;nnte, &#x017F;o wu&#x0364;rde &#x017F;ich dennoch zur Ehre der<lb/>
Wahrheit noch manches entwickeln. Das u&#x0364;brige<lb/>
mu&#x0364;ßte man unter diejenigen Um&#x017F;ta&#x0364;nde bringen, von<lb/>
denen man aufrichtig wu&#x0364;n&#x017F;chet, daß es be&#x017F;&#x017F;er wa&#x0364;re,<lb/>
wenn &#x017F;ie niemahls bekannt geworden. Um nun<lb/>
den Weg zu bahnen, durch welchen wir dem Haupt-<lb/>
zweck uns mehr zu na&#x0364;hern gedenken, wird hier vor<lb/>
das er&#x017F;te auszumachen &#x017F;eyn, was nun mit Einver-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndniß aller Sachver&#x017F;ta&#x0364;ndigen die wahre oder na-<lb/>
tu&#x0364;rliche <hi rendition="#fr">Mandragorapflanze</hi> &#x017F;ey, welche die&#x017F;e ge-<lb/>
nannte <hi rendition="#fr">Alraunenwurzel</hi> hervorbringe, die die al-<lb/>
ten, mittlern und neuern Schrift&#x017F;teller, nach den<lb/>
Gru&#x0364;nden der Naturge&#x017F;chichte und Arzeneywi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chaft, unter die&#x017F;em Namen be&#x017F;timmt haben, und<lb/>
deren Aepfel und Wurzeln eigentlich diejenigen<lb/>
Theile &#x017F;ind, die durch den theils unerlaubten theils<lb/>
abergla&#x0364;ubi&#x017F;chen Gebrauch ihre Pflanze &#x017F;o beru&#x0364;hmt<lb/>
und merkwu&#x0364;rdig gemacht. Was hernach die<lb/>
Menge der in a&#x0364;ltern Zeiten damit verbundenen un-<lb/>
gereimten Begriffe, Namen- und Sachenverwechs-<lb/>
lungen anlanget, &#x017F;o werden &#x017F;ich die&#x017F;e davon von<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t deutlich genug unter&#x017F;cheiden, und daraus her-<lb/>
vorgehen, daß unter den ganz ver&#x017F;chiedenen vielen<lb/>
Dingen, die den Namen <hi rendition="#fr">Alraune</hi> (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Alruna</hi></hi>) gefu&#x0364;h-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 4</fw><fw place="bottom" type="catch">ret,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0017] ſelbſt offenbaren. Ob es nun zwar ſehr oft ſein Be- wenden bey dem bloßen Nachſpuͤren des Urſprungs einer bloß hiſtoriſchen Wahrheit oder Unwahrheit haben wuͤrde, als daß uns eine Widerlegung von offenbaren Ungereimtheiten von ſonderlichen Nutzen ſeyn koͤnnte, ſo wuͤrde ſich dennoch zur Ehre der Wahrheit noch manches entwickeln. Das uͤbrige muͤßte man unter diejenigen Umſtaͤnde bringen, von denen man aufrichtig wuͤnſchet, daß es beſſer waͤre, wenn ſie niemahls bekannt geworden. Um nun den Weg zu bahnen, durch welchen wir dem Haupt- zweck uns mehr zu naͤhern gedenken, wird hier vor das erſte auszumachen ſeyn, was nun mit Einver- ſtaͤndniß aller Sachverſtaͤndigen die wahre oder na- tuͤrliche Mandragorapflanze ſey, welche dieſe ge- nannte Alraunenwurzel hervorbringe, die die al- ten, mittlern und neuern Schriftſteller, nach den Gruͤnden der Naturgeſchichte und Arzeneywiſſen- ſchaft, unter dieſem Namen beſtimmt haben, und deren Aepfel und Wurzeln eigentlich diejenigen Theile ſind, die durch den theils unerlaubten theils aberglaͤubiſchen Gebrauch ihre Pflanze ſo beruͤhmt und merkwuͤrdig gemacht. Was hernach die Menge der in aͤltern Zeiten damit verbundenen un- gereimten Begriffe, Namen- und Sachenverwechs- lungen anlanget, ſo werden ſich dieſe davon von ſelbſt deutlich genug unterſcheiden, und daraus her- vorgehen, daß unter den ganz verſchiedenen vielen Dingen, die den Namen Alraune (Alruna) gefuͤh- ret, A 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen02_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen02_1789/17
Zitationshilfe: Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische und ökonomische Abhandlungen. Bd. 2. Berlin, 1789, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen02_1789/17>, abgerufen am 25.11.2024.