Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite

könnte, welche keine andern Körper, als die allerflü-
ßigsten, und zwar unter keiner andern, als einer
wahren dampfartigen Gestalt einzunehmen, und von
sich zu lassen im Stande sind.

22. Hätte man aber die Beobachtungen, die
Mr. Bernh. de Jussien mit dem Blumenstaube
schon ehedem im Wasser gemacht hatte, weiter nach-
gedacht, und die Materie etwas genauer besehen,
die sich in den Kugeln befindet, welche den Blumen-
staub ausmachen, so hätte man bey der im §. 21.
erwähnten Meynung nicht bleiben können, und man
müßte schon längst dahin gekommen seyn, wohin
man erst jetzo gelanget ist. Wie aber die Neuig-
keiten bey vielen Gelehrten, wenn sie zumahl bey
schön ausgedachten Lehrgebäuden des einen oder des
andern ohne weitere Mühe genutzet werden können,
zur Schande und zum Schaden der Experimentalphy-
sik öfters mit weit größerer Begierde als Einsichten
angenommen werden, wenn sie auch gleich aus dem
Verfahren und den Arbeiten des Erfinders beym
ersten Anblick ersehen könnten, daß er sich in ein
fremdes Feld gewagt, in welchen er nicht zu Hause
gehört, so scheinet ihnen doch die Neuigkeit viel-
mahl auf eine kurze Zeit weit angenehmer, als die
Wahrheit.

23. Da man sich also noch nicht völlig zu
zweifeln getrauete, ob die ganzen Blumenstaubku-
geln
durch den Griffel in die Saamen zu ihrer Be-
fruchtung einzudringen im Stande wären, so kam

der
D 5

koͤnnte, welche keine andern Koͤrper, als die allerfluͤ-
ßigſten, und zwar unter keiner andern, als einer
wahren dampfartigen Geſtalt einzunehmen, und von
ſich zu laſſen im Stande ſind.

22. Haͤtte man aber die Beobachtungen, die
Mr. Bernh. de Juſſien mit dem Blumenſtaube
ſchon ehedem im Waſſer gemacht hatte, weiter nach-
gedacht, und die Materie etwas genauer beſehen,
die ſich in den Kugeln befindet, welche den Blumen-
ſtaub ausmachen, ſo haͤtte man bey der im §. 21.
erwaͤhnten Meynung nicht bleiben koͤnnen, und man
muͤßte ſchon laͤngſt dahin gekommen ſeyn, wohin
man erſt jetzo gelanget iſt. Wie aber die Neuig-
keiten bey vielen Gelehrten, wenn ſie zumahl bey
ſchoͤn ausgedachten Lehrgebaͤuden des einen oder des
andern ohne weitere Muͤhe genutzet werden koͤnnen,
zur Schande und zum Schaden der Experimentalphy-
ſik oͤfters mit weit groͤßerer Begierde als Einſichten
angenommen werden, wenn ſie auch gleich aus dem
Verfahren und den Arbeiten des Erfinders beym
erſten Anblick erſehen koͤnnten, daß er ſich in ein
fremdes Feld gewagt, in welchen er nicht zu Hauſe
gehoͤrt, ſo ſcheinet ihnen doch die Neuigkeit viel-
mahl auf eine kurze Zeit weit angenehmer, als die
Wahrheit.

23. Da man ſich alſo noch nicht voͤllig zu
zweifeln getrauete, ob die ganzen Blumenſtaubku-
geln
durch den Griffel in die Saamen zu ihrer Be-
fruchtung einzudringen im Stande waͤren, ſo kam

der
D 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0069" n="57"/>
ko&#x0364;nnte, welche keine andern Ko&#x0364;rper, als die allerflu&#x0364;-<lb/>
ßig&#x017F;ten, und zwar unter keiner andern, als einer<lb/>
wahren dampfartigen Ge&#x017F;talt einzunehmen, und von<lb/>
&#x017F;ich zu la&#x017F;&#x017F;en im Stande &#x017F;ind.</p><lb/>
          <p>22. Ha&#x0364;tte man aber die Beobachtungen, die<lb/>
Mr. <hi rendition="#fr">Bernh. de Ju&#x017F;&#x017F;ien</hi> mit dem Blumen&#x017F;taube<lb/>
&#x017F;chon ehedem im Wa&#x017F;&#x017F;er gemacht hatte, weiter nach-<lb/>
gedacht, und die Materie etwas genauer be&#x017F;ehen,<lb/>
die &#x017F;ich in den Kugeln befindet, welche den Blumen-<lb/>
&#x017F;taub ausmachen, &#x017F;o ha&#x0364;tte man bey der im §. 21.<lb/>
erwa&#x0364;hnten Meynung nicht bleiben ko&#x0364;nnen, und man<lb/>
mu&#x0364;ßte &#x017F;chon la&#x0364;ng&#x017F;t dahin gekommen &#x017F;eyn, wohin<lb/>
man er&#x017F;t jetzo gelanget i&#x017F;t. Wie aber die Neuig-<lb/>
keiten bey vielen Gelehrten, wenn &#x017F;ie zumahl bey<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;n ausgedachten Lehrgeba&#x0364;uden des einen oder des<lb/>
andern ohne weitere Mu&#x0364;he genutzet werden ko&#x0364;nnen,<lb/>
zur Schande und zum Schaden der Experimentalphy-<lb/>
&#x017F;ik o&#x0364;fters mit weit gro&#x0364;ßerer Begierde als Ein&#x017F;ichten<lb/>
angenommen werden, wenn &#x017F;ie auch gleich aus dem<lb/>
Verfahren und den Arbeiten des Erfinders beym<lb/>
er&#x017F;ten Anblick er&#x017F;ehen ko&#x0364;nnten, daß er &#x017F;ich in ein<lb/>
fremdes Feld gewagt, in welchen er nicht zu Hau&#x017F;e<lb/>
geho&#x0364;rt, &#x017F;o &#x017F;cheinet ihnen doch die Neuigkeit viel-<lb/>
mahl auf eine kurze Zeit weit angenehmer, als die<lb/>
Wahrheit.</p><lb/>
          <p>23. Da man &#x017F;ich al&#x017F;o noch nicht vo&#x0364;llig zu<lb/>
zweifeln getrauete, ob die ganzen <hi rendition="#fr">Blumen&#x017F;taubku-<lb/>
geln</hi> durch den <hi rendition="#fr">Griffel</hi> in die Saamen zu ihrer Be-<lb/>
fruchtung einzudringen im Stande wa&#x0364;ren, &#x017F;o kam<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D 5</fw><fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0069] koͤnnte, welche keine andern Koͤrper, als die allerfluͤ- ßigſten, und zwar unter keiner andern, als einer wahren dampfartigen Geſtalt einzunehmen, und von ſich zu laſſen im Stande ſind. 22. Haͤtte man aber die Beobachtungen, die Mr. Bernh. de Juſſien mit dem Blumenſtaube ſchon ehedem im Waſſer gemacht hatte, weiter nach- gedacht, und die Materie etwas genauer beſehen, die ſich in den Kugeln befindet, welche den Blumen- ſtaub ausmachen, ſo haͤtte man bey der im §. 21. erwaͤhnten Meynung nicht bleiben koͤnnen, und man muͤßte ſchon laͤngſt dahin gekommen ſeyn, wohin man erſt jetzo gelanget iſt. Wie aber die Neuig- keiten bey vielen Gelehrten, wenn ſie zumahl bey ſchoͤn ausgedachten Lehrgebaͤuden des einen oder des andern ohne weitere Muͤhe genutzet werden koͤnnen, zur Schande und zum Schaden der Experimentalphy- ſik oͤfters mit weit groͤßerer Begierde als Einſichten angenommen werden, wenn ſie auch gleich aus dem Verfahren und den Arbeiten des Erfinders beym erſten Anblick erſehen koͤnnten, daß er ſich in ein fremdes Feld gewagt, in welchen er nicht zu Hauſe gehoͤrt, ſo ſcheinet ihnen doch die Neuigkeit viel- mahl auf eine kurze Zeit weit angenehmer, als die Wahrheit. 23. Da man ſich alſo noch nicht voͤllig zu zweifeln getrauete, ob die ganzen Blumenſtaubku- geln durch den Griffel in die Saamen zu ihrer Be- fruchtung einzudringen im Stande waͤren, ſo kam der D 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen01_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen01_1789/69
Zitationshilfe: Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen01_1789/69>, abgerufen am 23.11.2024.