oder auch sogleich hernach, wenn die meisten Arten von Blumen aufbrechen, daß die Griffel derselben bald an den einen bald an dem andern Theile mit einer öhligen Feuchtigkeit überzogen sind, (es sey wo es wolle), so hat er zweyerley Hauptumstände zugleich richtig gefunden, nehmlich das Stigma oder die Narbe, als das rechte wahre Werkzeug der natürlichen Befruchtung: dieses Werkzeug aber hat er zugleich in solchen Zustande angetroffen, in welchen es seyn soll, wenn der Griffel diejenige Vollkommenheit erreichet, nach welcher er sich nun- mehro geöfnet hat, und also zur Befruchtung des Saamenstoffs tüchtig geworden ist.
20. Diese Befruchtung geschiehet manchmal sogleich, unter währender Betrachtung und in wenig Augenblicken, bey gewissen Arten von Blumen, oder sie hat, wie insgemein vor dem Aufbrechen schon angefangen, und wird nur fortgesetzt oder noch etliche mahl wiederholet. Hiervon erhält man die Gewißheit, wenn man auf dem mit einer Feuchtigkeit überzogenen Theile des Griffels die Kügelchen des Blumenstaubes zugleich antrift. Ist aber bey vorbesagten Zustande der Blumen gedachte Feuchtigkeit noch nicht auf dem Griffel zu spüren, so ist auch der Zeitpunkt der Befruchtung noch nicht gegenwärtig. Auf angezeigte Art läßet sich die unter den Naturforschern in vorigen Zeiten obwaltende Streitigkeit glücklich heben, und der Theil und Ort der Befruchtung richtig bestimmen,
wel-
D 4
oder auch ſogleich hernach, wenn die meiſten Arten von Blumen aufbrechen, daß die Griffel derſelben bald an den einen bald an dem andern Theile mit einer oͤhligen Feuchtigkeit uͤberzogen ſind, (es ſey wo es wolle), ſo hat er zweyerley Hauptumſtaͤnde zugleich richtig gefunden, nehmlich das Stigma oder die Narbe, als das rechte wahre Werkzeug der natuͤrlichen Befruchtung: dieſes Werkzeug aber hat er zugleich in ſolchen Zuſtande angetroffen, in welchen es ſeyn ſoll, wenn der Griffel diejenige Vollkommenheit erreichet, nach welcher er ſich nun- mehro geoͤfnet hat, und alſo zur Befruchtung des Saamenſtoffs tuͤchtig geworden iſt.
20. Dieſe Befruchtung geſchiehet manchmal ſogleich, unter waͤhrender Betrachtung und in wenig Augenblicken, bey gewiſſen Arten von Blumen, oder ſie hat, wie insgemein vor dem Aufbrechen ſchon angefangen, und wird nur fortgeſetzt oder noch etliche mahl wiederholet. Hiervon erhaͤlt man die Gewißheit, wenn man auf dem mit einer Feuchtigkeit uͤberzogenen Theile des Griffels die Kuͤgelchen des Blumenſtaubes zugleich antrift. Iſt aber bey vorbeſagten Zuſtande der Blumen gedachte Feuchtigkeit noch nicht auf dem Griffel zu ſpuͤren, ſo iſt auch der Zeitpunkt der Befruchtung noch nicht gegenwaͤrtig. Auf angezeigte Art laͤßet ſich die unter den Naturforſchern in vorigen Zeiten obwaltende Streitigkeit gluͤcklich heben, und der Theil und Ort der Befruchtung richtig beſtimmen,
wel-
D 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0067"n="55"/>
oder auch ſogleich hernach, wenn die meiſten Arten<lb/>
von Blumen aufbrechen, daß die <hirendition="#fr">Griffel</hi> derſelben<lb/>
bald an den einen bald an dem andern Theile mit<lb/>
einer oͤhligen Feuchtigkeit uͤberzogen ſind, (<hirendition="#fr">es ſey<lb/>
wo es wolle</hi>), ſo hat er zweyerley Hauptumſtaͤnde<lb/>
zugleich richtig gefunden, nehmlich das <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Stigma</hi></hi> oder<lb/>
die <hirendition="#fr">Narbe</hi>, als das <hirendition="#fr">rechte wahre Werkzeug</hi> der<lb/>
natuͤrlichen Befruchtung: dieſes <hirendition="#fr">Werkzeug</hi> aber<lb/>
hat er zugleich in ſolchen Zuſtande angetroffen, in<lb/>
welchen es ſeyn ſoll, wenn der Griffel diejenige<lb/>
Vollkommenheit erreichet, nach welcher er ſich nun-<lb/>
mehro geoͤfnet hat, und alſo zur Befruchtung des<lb/><hirendition="#fr">Saamenſtoffs</hi> tuͤchtig geworden iſt.</p><lb/><p>20. Dieſe Befruchtung geſchiehet manchmal<lb/>ſogleich, unter waͤhrender Betrachtung und in wenig<lb/>
Augenblicken, bey gewiſſen Arten von Blumen,<lb/>
oder ſie hat, wie insgemein vor dem <hirendition="#fr">Aufbrechen</hi><lb/>ſchon angefangen, und wird nur fortgeſetzt oder<lb/>
noch etliche mahl wiederholet. Hiervon erhaͤlt man<lb/>
die Gewißheit, wenn man auf <hirendition="#fr">dem mit einer<lb/>
Feuchtigkeit uͤberzogenen Theile des Griffels die<lb/>
Kuͤgelchen des Blumenſtaubes</hi> zugleich antrift.<lb/>
Iſt aber bey vorbeſagten Zuſtande der Blumen<lb/>
gedachte Feuchtigkeit noch nicht auf dem Griffel zu<lb/>ſpuͤren, ſo iſt auch der Zeitpunkt der Befruchtung<lb/>
noch nicht gegenwaͤrtig. Auf angezeigte Art laͤßet<lb/>ſich die unter den Naturforſchern in vorigen Zeiten<lb/>
obwaltende Streitigkeit gluͤcklich heben, und der<lb/>
Theil und Ort der Befruchtung richtig beſtimmen,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">D 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">wel-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[55/0067]
oder auch ſogleich hernach, wenn die meiſten Arten
von Blumen aufbrechen, daß die Griffel derſelben
bald an den einen bald an dem andern Theile mit
einer oͤhligen Feuchtigkeit uͤberzogen ſind, (es ſey
wo es wolle), ſo hat er zweyerley Hauptumſtaͤnde
zugleich richtig gefunden, nehmlich das Stigma oder
die Narbe, als das rechte wahre Werkzeug der
natuͤrlichen Befruchtung: dieſes Werkzeug aber
hat er zugleich in ſolchen Zuſtande angetroffen, in
welchen es ſeyn ſoll, wenn der Griffel diejenige
Vollkommenheit erreichet, nach welcher er ſich nun-
mehro geoͤfnet hat, und alſo zur Befruchtung des
Saamenſtoffs tuͤchtig geworden iſt.
20. Dieſe Befruchtung geſchiehet manchmal
ſogleich, unter waͤhrender Betrachtung und in wenig
Augenblicken, bey gewiſſen Arten von Blumen,
oder ſie hat, wie insgemein vor dem Aufbrechen
ſchon angefangen, und wird nur fortgeſetzt oder
noch etliche mahl wiederholet. Hiervon erhaͤlt man
die Gewißheit, wenn man auf dem mit einer
Feuchtigkeit uͤberzogenen Theile des Griffels die
Kuͤgelchen des Blumenſtaubes zugleich antrift.
Iſt aber bey vorbeſagten Zuſtande der Blumen
gedachte Feuchtigkeit noch nicht auf dem Griffel zu
ſpuͤren, ſo iſt auch der Zeitpunkt der Befruchtung
noch nicht gegenwaͤrtig. Auf angezeigte Art laͤßet
ſich die unter den Naturforſchern in vorigen Zeiten
obwaltende Streitigkeit gluͤcklich heben, und der
Theil und Ort der Befruchtung richtig beſtimmen,
wel-
D 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen01_1789/67>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.