Griffels zur Hälfte mit dem Blumenstaube fast alle- zeit mehr oder weniger bedeckt war, gewisse Arten ausgenommen. Sie wurden ferner gewahr, daß daselbst die Staubkügelchen eine Zeitlang aufgehal- ten wurden, und daß der Ort des Griffels, auf welchem der Staub saß, mit einer klebrigten Feuch- tigkeit überzogen war. Eben dieser Staub verän- derte sich nach einiger Zeit, kurz darauf fiel er auf den Grund der Blumen, die Staubfäden vergien- gen mit ihrem Zubehör, oder fielen auch mit andern Theilen gar ab und die obern Theile des Griffels ver- änderten sich gleichfalls auf verschiedene Weise: nur der untere Theil desselben wurde stärker und von Zeit zu Zeit ansehnlicher, und schien, indem der Rest der übrigen Blume immer unscheinbarer wurde, alle Nahrung allein an sich zu ziehen. End- lich kam die Frucht zu ihrer Vollkommenheit und Reife, deren befruchtete Saamen junge Pflanzen hervoxbrachte.
14. Das Gegentheil von allen dem, was ge- sagt worden ist, fiel ihnen bald in die Sinne, so- bald sich kein Staub auf dem Griffel bey vorer- wähnten Umständen befand, und durch Zufälle oder Kunst davon abgehalten worden war, wie denn ein gleiches wahrgenommen wurde, so oft die Narbe und Röhre des Griffels etwas unnatürli- ches an sich hatte, oder die Staubfaden besonders vor ihrer Eröfnung verdorben oder verstümmelt ge- wesen waren. Und wie konnte wohl in einem sol-
chen
Griffels zur Haͤlfte mit dem Blumenſtaube faſt alle- zeit mehr oder weniger bedeckt war, gewiſſe Arten ausgenommen. Sie wurden ferner gewahr, daß daſelbſt die Staubkuͤgelchen eine Zeitlang aufgehal- ten wurden, und daß der Ort des Griffels, auf welchem der Staub ſaß, mit einer klebrigten Feuch- tigkeit uͤberzogen war. Eben dieſer Staub veraͤn- derte ſich nach einiger Zeit, kurz darauf fiel er auf den Grund der Blumen, die Staubfaͤden vergien- gen mit ihrem Zubehoͤr, oder fielen auch mit andern Theilen gar ab und die obern Theile des Griffels ver- aͤnderten ſich gleichfalls auf verſchiedene Weiſe: nur der untere Theil deſſelben wurde ſtaͤrker und von Zeit zu Zeit anſehnlicher, und ſchien, indem der Reſt der uͤbrigen Blume immer unſcheinbarer wurde, alle Nahrung allein an ſich zu ziehen. End- lich kam die Frucht zu ihrer Vollkommenheit und Reife, deren befruchtete Saamen junge Pflanzen hervoxbrachte.
14. Das Gegentheil von allen dem, was ge- ſagt worden iſt, fiel ihnen bald in die Sinne, ſo- bald ſich kein Staub auf dem Griffel bey vorer- waͤhnten Umſtaͤnden befand, und durch Zufaͤlle oder Kunſt davon abgehalten worden war, wie denn ein gleiches wahrgenommen wurde, ſo oft die Narbe und Roͤhre des Griffels etwas unnatuͤrli- ches an ſich hatte, oder die Staubfaden beſonders vor ihrer Eroͤfnung verdorben oder verſtuͤmmelt ge- weſen waren. Und wie konnte wohl in einem ſol-
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[50/0062]
Griffels zur Haͤlfte mit dem Blumenſtaube faſt alle-
zeit mehr oder weniger bedeckt war, gewiſſe Arten
ausgenommen. Sie wurden ferner gewahr, daß
daſelbſt die Staubkuͤgelchen eine Zeitlang aufgehal-
ten wurden, und daß der Ort des Griffels, auf
welchem der Staub ſaß, mit einer klebrigten Feuch-
tigkeit uͤberzogen war. Eben dieſer Staub veraͤn-
derte ſich nach einiger Zeit, kurz darauf fiel er auf
den Grund der Blumen, die Staubfaͤden vergien-
gen mit ihrem Zubehoͤr, oder fielen auch mit andern
Theilen gar ab und die obern Theile des Griffels ver-
aͤnderten ſich gleichfalls auf verſchiedene Weiſe:
nur der untere Theil deſſelben wurde ſtaͤrker und
von Zeit zu Zeit anſehnlicher, und ſchien, indem
der Reſt der uͤbrigen Blume immer unſcheinbarer
wurde, alle Nahrung allein an ſich zu ziehen. End-
lich kam die Frucht zu ihrer Vollkommenheit und
Reife, deren befruchtete Saamen junge Pflanzen
hervoxbrachte.
14. Das Gegentheil von allen dem, was ge-
ſagt worden iſt, fiel ihnen bald in die Sinne, ſo-
bald ſich kein Staub auf dem Griffel bey vorer-
waͤhnten Umſtaͤnden befand, und durch Zufaͤlle oder
Kunſt davon abgehalten worden war, wie denn
ein gleiches wahrgenommen wurde, ſo oft die
Narbe und Roͤhre des Griffels etwas unnatuͤrli-
ches an ſich hatte, oder die Staubfaden beſonders
vor ihrer Eroͤfnung verdorben oder verſtuͤmmelt ge-
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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen01_1789/62>, abgerufen am 23.07.2024.
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