man nur bedenket, daß fast alle Theile der Blume oder doch die meisten, nachdem sie das ihrige über- haupt oder insbesondere mit der erforderlichen Kraft in der eigentlichen Werkstatt der natürli- chen Befruchtung beygetragen haben, in gar kur- zer Zeit nacheinander abfallen, vergehen, oder doch wenigstens in so etwas verändert werden, das sei- nem vorhergehenden Zustande größtentheils unähn- lich ist. Mit dem Blumengriffel hingegen ist es etwas anders beschaffen. Denn dessen unterster befruchteter Theil, nehmlich Ovarium foecundatum bleibet, wenn auch dessen 2 obere Theile nicht mehr genähret werden, allezeit nach dem Verblühen der Blumen, bis zur vollkommnern Reife der Frucht und Absonderung des Saamens, an seiner Pflanze feste sitzen; und erhält ihre beständige Nahrung blos aus dem Thalamo.
9. Aus mehr gedachter Verbindung des Blu- mengriffels läßt sich leicht einsehen, daß er den größten Theil seiner Säfte aus der cellulösen Ex- pansion des Thalami, welches von einem lockern Gewebe von Gefäßen durchdrungen ist, lediglich erhalten müsse; als von welcher bekannt und aus- gemacht ist, daß sich ihre Fortsätze in die allerklein- sten Zwischenräumchen der Blumen durch alle ihre Theile erstrecken, in denen sie so lange wahrgenom- men werden, als die Bildung, Nahrung, Be- wegung und Absonderung der Säfte und folglich die Perspiration mit gehöriger Lebhaftigkeit vor
sich
man nur bedenket, daß faſt alle Theile der Blume oder doch die meiſten, nachdem ſie das ihrige uͤber- haupt oder insbeſondere mit der erforderlichen Kraft in der eigentlichen Werkſtatt der natuͤrli- chen Befruchtung beygetragen haben, in gar kur- zer Zeit nacheinander abfallen, vergehen, oder doch wenigſtens in ſo etwas veraͤndert werden, das ſei- nem vorhergehenden Zuſtande groͤßtentheils unaͤhn- lich iſt. Mit dem Blumengriffel hingegen iſt es etwas anders beſchaffen. Denn deſſen unterſter befruchteter Theil, nehmlich Ovarium foecundatum bleibet, wenn auch deſſen 2 obere Theile nicht mehr genaͤhret werden, allezeit nach dem Verbluͤhen der Blumen, bis zur vollkommnern Reife der Frucht und Abſonderung des Saamens, an ſeiner Pflanze feſte ſitzen; und erhaͤlt ihre beſtaͤndige Nahrung blos aus dem Thalamo.
9. Aus mehr gedachter Verbindung des Blu- mengriffels laͤßt ſich leicht einſehen, daß er den groͤßten Theil ſeiner Saͤfte aus der celluloͤſen Ex- panſion des Thalami, welches von einem lockern Gewebe von Gefaͤßen durchdrungen iſt, lediglich erhalten muͤſſe; als von welcher bekannt und aus- gemacht iſt, daß ſich ihre Fortſaͤtze in die allerklein- ſten Zwiſchenraͤumchen der Blumen durch alle ihre Theile erſtrecken, in denen ſie ſo lange wahrgenom- men werden, als die Bildung, Nahrung, Be- wegung und Abſonderung der Saͤfte und folglich die Perſpiration mit gehoͤriger Lebhaftigkeit vor
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[46/0058]
man nur bedenket, daß faſt alle Theile der Blume
oder doch die meiſten, nachdem ſie das ihrige uͤber-
haupt oder insbeſondere mit der erforderlichen
Kraft in der eigentlichen Werkſtatt der natuͤrli-
chen Befruchtung beygetragen haben, in gar kur-
zer Zeit nacheinander abfallen, vergehen, oder doch
wenigſtens in ſo etwas veraͤndert werden, das ſei-
nem vorhergehenden Zuſtande groͤßtentheils unaͤhn-
lich iſt. Mit dem Blumengriffel hingegen iſt es
etwas anders beſchaffen. Denn deſſen unterſter
befruchteter Theil, nehmlich Ovarium foecundatum
bleibet, wenn auch deſſen 2 obere Theile nicht mehr
genaͤhret werden, allezeit nach dem Verbluͤhen der
Blumen, bis zur vollkommnern Reife der Frucht
und Abſonderung des Saamens, an ſeiner Pflanze
feſte ſitzen; und erhaͤlt ihre beſtaͤndige Nahrung blos
aus dem Thalamo.
9. Aus mehr gedachter Verbindung des Blu-
mengriffels laͤßt ſich leicht einſehen, daß er den
groͤßten Theil ſeiner Saͤfte aus der celluloͤſen Ex-
panſion des Thalami, welches von einem lockern
Gewebe von Gefaͤßen durchdrungen iſt, lediglich
erhalten muͤſſe; als von welcher bekannt und aus-
gemacht iſt, daß ſich ihre Fortſaͤtze in die allerklein-
ſten Zwiſchenraͤumchen der Blumen durch alle ihre
Theile erſtrecken, in denen ſie ſo lange wahrgenom-
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wegung und Abſonderung der Saͤfte und folglich
die Perſpiration mit gehoͤriger Lebhaftigkeit vor
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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen01_1789/58>, abgerufen am 23.07.2024.
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