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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789.

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mit bloßen Fictionen die doch selten über etliche
Monate lang unter den Gelehrten gelten können, so-
gleich über den Haufen geworfen werden könnten.

Allein, was nennet man bey denen Pflanzen
natürlich? und was ist unnatürlich oder fehlerhaft?
und woher stehet es zu beweisen, daß Blumen und
Früchte unnatürliche Pflanzenproducte sind? Wo-
her weiß man, daß die Pflanzen ohne dergleichen
jährlich zu bringen, natürlicherweise bis ins unend-
liche beständig hätten fortwachsen können und sol-
len? Woher kommt es, daß die Pflanzen bey
Hervorbringung ihrer Blumen und Früchte jähr-
lich einerley Ordnung halten, und in dieser einerley
Structur beständig beybehalten? Kann man so et-
was allgemeines etwas beständiges und gewisses
wohl von einer fehlerhaften Eigenschaft erwarten?
Was faget man zu dem Colchico, oder auch zu
denjenigen Bäumen, deren Blumen ihre Zweige
nicht terminiren? Wie reimet man diese Meynung
mit demjenigen ewigen natürlichen Gesetze und
Vermögen vernünftig zusammen, daß allen Pflan-
zen gegeben worden ist, und, nach welchen jede Art
ihre besondern Früchte und fruchtbare Saamen tra-
gen soll, und, wie wird es hier um die Folgen und
Schlüsse stehen, welche aus dieser vorgegebenen
fehlerhaften Eigenschaft der Pflanzen auf andere
noch wichtigere Wahrheiten gezogen werden könn-
ten und müsten. Gewiß, wenn man bey streiten-
den Theilen bey öffentlichen Disputationen um be-

sondere

mit bloßen Fictionen die doch ſelten uͤber etliche
Monate lang unter den Gelehrten gelten koͤnnen, ſo-
gleich uͤber den Haufen geworfen werden koͤnnten.

Allein, was nennet man bey denen Pflanzen
natuͤrlich? und was iſt unnatuͤrlich oder fehlerhaft?
und woher ſtehet es zu beweiſen, daß Blumen und
Fruͤchte unnatuͤrliche Pflanzenproducte ſind? Wo-
her weiß man, daß die Pflanzen ohne dergleichen
jaͤhrlich zu bringen, natuͤrlicherweiſe bis ins unend-
liche beſtaͤndig haͤtten fortwachſen koͤnnen und ſol-
len? Woher kommt es, daß die Pflanzen bey
Hervorbringung ihrer Blumen und Fruͤchte jaͤhr-
lich einerley Ordnung halten, und in dieſer einerley
Structur beſtaͤndig beybehalten? Kann man ſo et-
was allgemeines etwas beſtaͤndiges und gewiſſes
wohl von einer fehlerhaften Eigenſchaft erwarten?
Was faget man zu dem Colchico, oder auch zu
denjenigen Baͤumen, deren Blumen ihre Zweige
nicht terminiren? Wie reimet man dieſe Meynung
mit demjenigen ewigen natuͤrlichen Geſetze und
Vermoͤgen vernuͤnftig zuſammen, daß allen Pflan-
zen gegeben worden iſt, und, nach welchen jede Art
ihre beſondern Fruͤchte und fruchtbare Saamen tra-
gen ſoll, und, wie wird es hier um die Folgen und
Schluͤſſe ſtehen, welche aus dieſer vorgegebenen
fehlerhaften Eigenſchaft der Pflanzen auf andere
noch wichtigere Wahrheiten gezogen werden koͤnn-
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den Theilen bey oͤffentlichen Diſputationen um be-

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[20/0032] mit bloßen Fictionen die doch ſelten uͤber etliche Monate lang unter den Gelehrten gelten koͤnnen, ſo- gleich uͤber den Haufen geworfen werden koͤnnten. Allein, was nennet man bey denen Pflanzen natuͤrlich? und was iſt unnatuͤrlich oder fehlerhaft? und woher ſtehet es zu beweiſen, daß Blumen und Fruͤchte unnatuͤrliche Pflanzenproducte ſind? Wo- her weiß man, daß die Pflanzen ohne dergleichen jaͤhrlich zu bringen, natuͤrlicherweiſe bis ins unend- liche beſtaͤndig haͤtten fortwachſen koͤnnen und ſol- len? Woher kommt es, daß die Pflanzen bey Hervorbringung ihrer Blumen und Fruͤchte jaͤhr- lich einerley Ordnung halten, und in dieſer einerley Structur beſtaͤndig beybehalten? Kann man ſo et- was allgemeines etwas beſtaͤndiges und gewiſſes wohl von einer fehlerhaften Eigenſchaft erwarten? Was faget man zu dem Colchico, oder auch zu denjenigen Baͤumen, deren Blumen ihre Zweige nicht terminiren? Wie reimet man dieſe Meynung mit demjenigen ewigen natuͤrlichen Geſetze und Vermoͤgen vernuͤnftig zuſammen, daß allen Pflan- zen gegeben worden iſt, und, nach welchen jede Art ihre beſondern Fruͤchte und fruchtbare Saamen tra- gen ſoll, und, wie wird es hier um die Folgen und Schluͤſſe ſtehen, welche aus dieſer vorgegebenen fehlerhaften Eigenſchaft der Pflanzen auf andere noch wichtigere Wahrheiten gezogen werden koͤnn- ten und muͤſten. Gewiß, wenn man bey ſtreiten- den Theilen bey oͤffentlichen Diſputationen um be- ſondere

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Zitationshilfe: Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen01_1789/32>, abgerufen am 23.11.2024.