ökonomischen Einrichtung und Behandlung des Vie- hes und aus Fehlern der Pflege, nach welchen ein dergleichen empfindliches Uebel immer bleiben, sich so lange ziemlich unmerklich verhalten, und eben von daher doch bey gewissen Witterungszufällen und Jahren in die benachbarten Provinzen mehr oder weniger verbreiten kann. Das Vieh ist gna- tzig, es wird kahl, es schauert, reibet und beißet sich überall am Leibe, wohin es gelangen kann, man wird das Uebel gewohnt, nimmt es vor bekannt an, klaget zuweilen, thut gute Wünsche, aber dabey bleibet es mehrentheils, bis der schwer oder nur langsam auch kaum zu ersetzende Schaden Herrschaf- ten und Unterthanen aus ihren Schlummer erwe- cket. Das Unglück gehet insgemein durch Hülfe der Jahreszeit, der Witterung und neuen Zuwachs der Nahrung auf der Weide vorüber, bis zu einem künftigen neuen Ausbruche. An die Abänderung der Gelegenheiten und Grundursachen des über- standenen Unglücks hingegen denket niemand mehr, wenn zumahl die Rechnungen bey Seite geleget worden sind; und viele glauben, es könne nicht an- ders seyn.
Was soll man von der in vorigen Jahren so fürchterlich gewütheten Pest unter dem Rindvieh sagen, die durch fremdes Vieh zum Theil ins Land gebracht wurde, zum Theil sich nach und nach selbst im Lande ohne Anstecken erzeuget hat. Damahls wurde damit starkes und gesundes auch schlechtes,
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oͤkonomiſchen Einrichtung und Behandlung des Vie- hes und aus Fehlern der Pflege, nach welchen ein dergleichen empfindliches Uebel immer bleiben, ſich ſo lange ziemlich unmerklich verhalten, und eben von daher doch bey gewiſſen Witterungszufaͤllen und Jahren in die benachbarten Provinzen mehr oder weniger verbreiten kann. Das Vieh iſt gna- tzig, es wird kahl, es ſchauert, reibet und beißet ſich uͤberall am Leibe, wohin es gelangen kann, man wird das Uebel gewohnt, nimmt es vor bekannt an, klaget zuweilen, thut gute Wuͤnſche, aber dabey bleibet es mehrentheils, bis der ſchwer oder nur langſam auch kaum zu erſetzende Schaden Herrſchaf- ten und Unterthanen aus ihren Schlummer erwe- cket. Das Ungluͤck gehet insgemein durch Huͤlfe der Jahreszeit, der Witterung und neuen Zuwachs der Nahrung auf der Weide voruͤber, bis zu einem kuͤnftigen neuen Ausbruche. An die Abaͤnderung der Gelegenheiten und Grundurſachen des uͤber- ſtandenen Ungluͤcks hingegen denket niemand mehr, wenn zumahl die Rechnungen bey Seite geleget worden ſind; und viele glauben, es koͤnne nicht an- ders ſeyn.
Was ſoll man von der in vorigen Jahren ſo fuͤrchterlich gewuͤtheten Peſt unter dem Rindvieh ſagen, die durch fremdes Vieh zum Theil ins Land gebracht wurde, zum Theil ſich nach und nach ſelbſt im Lande ohne Anſtecken erzeuget hat. Damahls wurde damit ſtarkes und geſundes auch ſchlechtes,
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oͤkonomiſchen Einrichtung und Behandlung des Vie-
hes und aus Fehlern der Pflege, nach welchen ein
dergleichen empfindliches Uebel immer bleiben, ſich
ſo lange ziemlich unmerklich verhalten, und eben
von daher doch bey gewiſſen Witterungszufaͤllen
und Jahren in die benachbarten Provinzen mehr
oder weniger verbreiten kann. Das Vieh iſt gna-
tzig, es wird kahl, es ſchauert, reibet und beißet
ſich uͤberall am Leibe, wohin es gelangen kann, man
wird das Uebel gewohnt, nimmt es vor bekannt an,
klaget zuweilen, thut gute Wuͤnſche, aber dabey
bleibet es mehrentheils, bis der ſchwer oder nur
langſam auch kaum zu erſetzende Schaden Herrſchaf-
ten und Unterthanen aus ihren Schlummer erwe-
cket. Das Ungluͤck gehet insgemein durch Huͤlfe
der Jahreszeit, der Witterung und neuen Zuwachs
der Nahrung auf der Weide voruͤber, bis zu einem
kuͤnftigen neuen Ausbruche. An die Abaͤnderung
der Gelegenheiten und Grundurſachen des uͤber-
ſtandenen Ungluͤcks hingegen denket niemand mehr,
wenn zumahl die Rechnungen bey Seite geleget
worden ſind; und viele glauben, es koͤnne nicht an-
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Was ſoll man von der in vorigen Jahren ſo
fuͤrchterlich gewuͤtheten Peſt unter dem Rindvieh
ſagen, die durch fremdes Vieh zum Theil ins Land
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wurde damit ſtarkes und geſundes auch ſchlechtes,
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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen01_1789/246>, abgerufen am 23.07.2024.
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