halten die Kräuter ein besonderes gesetzmäßiges Vermögen, sich in natürlichen Umständen nur ein einzigesmahl in fruchtbaren Saamen zu ent- wickeln, worauf sie ohne vorher neue Knospen oder Keime zur künftigen Vermehrung und Fort- pflanzung zu machen, oder nach Art der Stauden- gewächse und Holzarten, Wurzel, Stengel oder Zweige bilden zu können beym schwindenden Marke der Mutterpflanze ganz absterben. Diese Umstär- de lassen sich durch künstliche Barbeitung zwar et- was verschieben, wie vorher gesagt, aber nicht ver- ändern, und bey den meisten Pflanzen vermag alle Kunst gegen die Natur nichts. Dieses besaget die Erfahrung an ähnlichen Thieren und Gewächsen in warmen und kalten Ländern, denen die Na- tur das Vermögen verliehen, das Befruchtungs- geschäfte nur ein einzigesmahl zu überstehen, oder auszuhalten, daß sie gleich darauf aus Man- gel des markigen, bildenden organischen Stoffs, dessen wesentliche Beschaffenheit den Naturfor- schern noch unbekannt ist, völlig absterben.
Die Staudengewächse, suffrutices s. herbae perennes Linnaei, die den Namen von der Aehnlich- keit mit Sträuchen oder schwachen staudigen Holz- arten, fructibus, haben, entwickeln sich aus den Knospen einer beständigen Wurzel, e gemmis radicibus, oder wie alle andere Pflanzen auch aus den Saamen zugleich, bis in den fruchtbaren Saa- men. Nur jedes altes bis in dem befruchteten
Saa-
halten die Kraͤuter ein beſonderes geſetzmaͤßiges Vermoͤgen, ſich in natuͤrlichen Umſtaͤnden nur ein einzigesmahl in fruchtbaren Saamen zu ent- wickeln, worauf ſie ohne vorher neue Knospen oder Keime zur kuͤnftigen Vermehrung und Fort- pflanzung zu machen, oder nach Art der Stauden- gewaͤchſe und Holzarten, Wurzel, Stengel oder Zweige bilden zu koͤnnen beym ſchwindenden Marke der Mutterpflanze ganz abſterben. Dieſe Umſtaͤr- de laſſen ſich durch kuͤnſtliche Barbeitung zwar et- was verſchieben, wie vorher geſagt, aber nicht ver- aͤndern, und bey den meiſten Pflanzen vermag alle Kunſt gegen die Natur nichts. Dieſes beſaget die Erfahrung an aͤhnlichen Thieren und Gewaͤchſen in warmen und kalten Laͤndern, denen die Na- tur das Vermoͤgen verliehen, das Befruchtungs- geſchaͤfte nur ein einzigesmahl zu uͤberſtehen, oder auszuhalten, daß ſie gleich darauf aus Man- gel des markigen, bildenden organiſchen Stoffs, deſſen weſentliche Beſchaffenheit den Naturfor- ſchern noch unbekannt iſt, voͤllig abſterben.
Die Staudengewaͤchſe, ſuffrutices ſ. herbae perennes Linnaei, die den Namen von der Aehnlich- keit mit Straͤuchen oder ſchwachen ſtaudigen Holz- arten, fructibus, haben, entwickeln ſich aus den Knospen einer beſtaͤndigen Wurzel, e gemmis radicibus, oder wie alle andere Pflanzen auch aus den Saamen zugleich, bis in den fruchtbaren Saa- men. Nur jedes altes bis in dem befruchteten
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halten die Kraͤuter ein beſonderes geſetzmaͤßiges
Vermoͤgen, ſich in natuͤrlichen Umſtaͤnden nur
ein einzigesmahl in fruchtbaren Saamen zu ent-
wickeln, worauf ſie ohne vorher neue Knospen
oder Keime zur kuͤnftigen Vermehrung und Fort-
pflanzung zu machen, oder nach Art der Stauden-
gewaͤchſe und Holzarten, Wurzel, Stengel oder
Zweige bilden zu koͤnnen beym ſchwindenden Marke
der Mutterpflanze ganz abſterben. Dieſe Umſtaͤr-
de laſſen ſich durch kuͤnſtliche Barbeitung zwar et-
was verſchieben, wie vorher geſagt, aber nicht ver-
aͤndern, und bey den meiſten Pflanzen vermag alle
Kunſt gegen die Natur nichts. Dieſes beſaget die
Erfahrung an aͤhnlichen Thieren und Gewaͤchſen
in warmen und kalten Laͤndern, denen die Na-
tur das Vermoͤgen verliehen, das Befruchtungs-
geſchaͤfte nur ein einzigesmahl zu uͤberſtehen,
oder auszuhalten, daß ſie gleich darauf aus Man-
gel des markigen, bildenden organiſchen Stoffs,
deſſen weſentliche Beſchaffenheit den Naturfor-
ſchern noch unbekannt iſt, voͤllig abſterben.
Die Staudengewaͤchſe, ſuffrutices ſ. herbae
perennes Linnaei, die den Namen von der Aehnlich-
keit mit Straͤuchen oder ſchwachen ſtaudigen Holz-
arten, fructibus, haben, entwickeln ſich aus den
Knospen einer beſtaͤndigen Wurzel, e gemmis
radicibus, oder wie alle andere Pflanzen auch aus
den Saamen zugleich, bis in den fruchtbaren Saa-
men. Nur jedes altes bis in dem befruchteten
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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen01_1789/228>, abgerufen am 23.07.2024.
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