Wurzel ab; von der Mutterpflanze aber bleibet, außer den befruchtenden Saamen und der Wur- zel selbst, von der über der Erde stehenden Pflanze nichts weiter übrig.
Wie leicht aber können sich bey so verschiede- ner Behandlung einer Pflanze, aus einem Klima in das andere durch Saat, Pflanzung und andern künstlichen Bearbeitungsarten zu verschiedenen Ab- sichten, in verschiedenen Boden und bey verschie- dener Witterung sehr merkwürdige Abänderungen unter den Pflanzen ereignen, wenn sie zumahl als fremde, etliche 100 bis 1000 Jahre außer ihrem Vaterlande behandelt worden sind, wie viele von unsern Baum- und Küchengewächsen. Derglei- chen Abänderungen haben ihre Richtigkeit, sie sind unbeständig, von gar verschiedener Dauer, und der geringste Zufall bringet sie wieder zu ihren na- türlichen Zustande zurück. Sie sind aber demohn- geachtet keiner solchen Verwandlung bey allem An- scheine fähig, wodurch wahre und natürliche durch ihren Keim zu Kräutern, Staudengewächsen, Sträuchen, oder Bäumen fast bestimmte Pflanzen sich abwechselnd in einander wirklich verwandeln konnten, nachdem ihr natürlicher organischer Keim, Stoff in seinen Anlagen völlig umgekehret worden.
Die beyden ersten Arten der Pflanzen sind ent- weder Kräuter,herbae, oder Staudengewächse, suffrutices; die wahren Kräuter entstehen aus den
Saa-
Wurzel ab; von der Mutterpflanze aber bleibet, außer den befruchtenden Saamen und der Wur- zel ſelbſt, von der uͤber der Erde ſtehenden Pflanze nichts weiter uͤbrig.
Wie leicht aber koͤnnen ſich bey ſo verſchiede- ner Behandlung einer Pflanze, aus einem Klima in das andere durch Saat, Pflanzung und andern kuͤnſtlichen Bearbeitungsarten zu verſchiedenen Ab- ſichten, in verſchiedenen Boden und bey verſchie- dener Witterung ſehr merkwuͤrdige Abaͤnderungen unter den Pflanzen ereignen, wenn ſie zumahl als fremde, etliche 100 bis 1000 Jahre außer ihrem Vaterlande behandelt worden ſind, wie viele von unſern Baum- und Kuͤchengewaͤchſen. Derglei- chen Abaͤnderungen haben ihre Richtigkeit, ſie ſind unbeſtaͤndig, von gar verſchiedener Dauer, und der geringſte Zufall bringet ſie wieder zu ihren na- tuͤrlichen Zuſtande zuruͤck. Sie ſind aber demohn- geachtet keiner ſolchen Verwandlung bey allem An- ſcheine faͤhig, wodurch wahre und natuͤrliche durch ihren Keim zu Kraͤutern, Staudengewaͤchſen, Straͤuchen, oder Baͤumen faſt beſtimmte Pflanzen ſich abwechſelnd in einander wirklich verwandeln konnten, nachdem ihr natuͤrlicher organiſcher Keim, Stoff in ſeinen Anlagen voͤllig umgekehret worden.
Die beyden erſten Arten der Pflanzen ſind ent- weder Kraͤuter,herbae, oder Staudengewaͤchſe, ſuffrutices; die wahren Kraͤuter entſtehen aus den
Saa-
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Wurzel ab; von der Mutterpflanze aber bleibet,
außer den befruchtenden Saamen und der Wur-
zel ſelbſt, von der uͤber der Erde ſtehenden Pflanze
nichts weiter uͤbrig.
Wie leicht aber koͤnnen ſich bey ſo verſchiede-
ner Behandlung einer Pflanze, aus einem Klima in
das andere durch Saat, Pflanzung und andern
kuͤnſtlichen Bearbeitungsarten zu verſchiedenen Ab-
ſichten, in verſchiedenen Boden und bey verſchie-
dener Witterung ſehr merkwuͤrdige Abaͤnderungen
unter den Pflanzen ereignen, wenn ſie zumahl als
fremde, etliche 100 bis 1000 Jahre außer ihrem
Vaterlande behandelt worden ſind, wie viele von
unſern Baum- und Kuͤchengewaͤchſen. Derglei-
chen Abaͤnderungen haben ihre Richtigkeit, ſie ſind
unbeſtaͤndig, von gar verſchiedener Dauer, und
der geringſte Zufall bringet ſie wieder zu ihren na-
tuͤrlichen Zuſtande zuruͤck. Sie ſind aber demohn-
geachtet keiner ſolchen Verwandlung bey allem An-
ſcheine faͤhig, wodurch wahre und natuͤrliche durch
ihren Keim zu Kraͤutern, Staudengewaͤchſen,
Straͤuchen, oder Baͤumen faſt beſtimmte Pflanzen
ſich abwechſelnd in einander wirklich verwandeln
konnten, nachdem ihr natuͤrlicher organiſcher
Keim, Stoff in ſeinen Anlagen voͤllig umgekehret
worden.
Die beyden erſten Arten der Pflanzen ſind ent-
weder Kraͤuter, herbae, oder Staudengewaͤchſe,
ſuffrutices; die wahren Kraͤuter entſtehen aus den
Saa-
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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen01_1789/226>, abgerufen am 23.07.2024.
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