Verwandlungen erreicht, so fallen sie entweder in ihren natürlichen Zustand allmählig zurück, oder sie sterben bald langsam, bald plötzlich ab. Dergleichen Erscheinung kann jeder Botanist selbst erfahren, wenn er andern keinen Glauben geben will, welche schon vor ihm eben dergleichen Umstände durch viel- jährige und mühsame selbst eigne Erfahrungen ausge- mittelt haben. Der Ritter von Linne selbst äußert seine Gedanken darüber, mit einem kurzen eben nicht günstigen Gutachten in Philosoph. Botan. Cap. III. §. 78. No. 7. wo er von den hohen und niedern Holzarten, de Arboribus et fruticibus sagt: adeoque haec divisio non est naturalis, cum inter fruticem et arborem nullos limites posuerit natura, sed opinio vulgi, über welches Gutachten ich mich bey einer andern Gelegenheit, mit Beybehaltung aller Acht- samkeit, die jeder den Verdiensten dieses großen Mannes in der Naturgeschichte und Gewächskunde schuldig seyn muß, weiter erklären werde.
Es scheinet etwas hart gesagt zu seyn, und seinen Grund bey ihm in der Beschaffenheit des rauhen, harten, vaterländischen Himmelsstriches, und der daselbst sehr schweren Kultur der Gewächse, bey andern aber in einem weit gelindern Klima woh- nenden größtentheils in einer vernachläßigten Unter- suchung des Unterschiedes vorbenannnter Gewächse zu haben, es wird sich aber doch unter gewissen Ein- schränkungen erklären lassen. Richtig wäre des Ritters Meynung, wenn man bey der Anwendung
dieser
Verwandlungen erreicht, ſo fallen ſie entweder in ihren natuͤrlichen Zuſtand allmaͤhlig zuruͤck, oder ſie ſterben bald langſam, bald ploͤtzlich ab. Dergleichen Erſcheinung kann jeder Botaniſt ſelbſt erfahren, wenn er andern keinen Glauben geben will, welche ſchon vor ihm eben dergleichen Umſtaͤnde durch viel- jaͤhrige und muͤhſame ſelbſt eigne Erfahrungen ausge- mittelt haben. Der Ritter von Linné ſelbſt aͤußert ſeine Gedanken daruͤber, mit einem kurzen eben nicht guͤnſtigen Gutachten in Philoſoph. Botan. Cap. III. §. 78. No. 7. wo er von den hohen und niedern Holzarten, de Arboribus et fruticibus ſagt: adeoque haec diviſio non eſt naturalis, cum inter fruticem et arborem nullos limites poſuerit natura, ſed opinio vulgi, uͤber welches Gutachten ich mich bey einer andern Gelegenheit, mit Beybehaltung aller Acht- ſamkeit, die jeder den Verdienſten dieſes großen Mannes in der Naturgeſchichte und Gewaͤchskunde ſchuldig ſeyn muß, weiter erklaͤren werde.
Es ſcheinet etwas hart geſagt zu ſeyn, und ſeinen Grund bey ihm in der Beſchaffenheit des rauhen, harten, vaterlaͤndiſchen Himmelsſtriches, und der daſelbſt ſehr ſchweren Kultur der Gewaͤchſe, bey andern aber in einem weit gelindern Klima woh- nenden groͤßtentheils in einer vernachlaͤßigten Unter- ſuchung des Unterſchiedes vorbenannnter Gewaͤchſe zu haben, es wird ſich aber doch unter gewiſſen Ein- ſchraͤnkungen erklaͤren laſſen. Richtig waͤre des Ritters Meynung, wenn man bey der Anwendung
dieſer
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Verwandlungen erreicht, ſo fallen ſie entweder in
ihren natuͤrlichen Zuſtand allmaͤhlig zuruͤck, oder ſie
ſterben bald langſam, bald ploͤtzlich ab. Dergleichen
Erſcheinung kann jeder Botaniſt ſelbſt erfahren,
wenn er andern keinen Glauben geben will, welche
ſchon vor ihm eben dergleichen Umſtaͤnde durch viel-
jaͤhrige und muͤhſame ſelbſt eigne Erfahrungen ausge-
mittelt haben. Der Ritter von Linné ſelbſt aͤußert
ſeine Gedanken daruͤber, mit einem kurzen eben nicht
guͤnſtigen Gutachten in Philoſoph. Botan. Cap. III.
§. 78. No. 7. wo er von den hohen und niedern
Holzarten, de Arboribus et fruticibus ſagt: adeoque
haec diviſio non eſt naturalis, cum inter fruticem et
arborem nullos limites poſuerit natura, ſed opinio
vulgi, uͤber welches Gutachten ich mich bey einer
andern Gelegenheit, mit Beybehaltung aller Acht-
ſamkeit, die jeder den Verdienſten dieſes großen
Mannes in der Naturgeſchichte und Gewaͤchskunde
ſchuldig ſeyn muß, weiter erklaͤren werde.
Es ſcheinet etwas hart geſagt zu ſeyn, und
ſeinen Grund bey ihm in der Beſchaffenheit des
rauhen, harten, vaterlaͤndiſchen Himmelsſtriches,
und der daſelbſt ſehr ſchweren Kultur der Gewaͤchſe,
bey andern aber in einem weit gelindern Klima woh-
nenden groͤßtentheils in einer vernachlaͤßigten Unter-
ſuchung des Unterſchiedes vorbenannnter Gewaͤchſe
zu haben, es wird ſich aber doch unter gewiſſen Ein-
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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen01_1789/222>, abgerufen am 23.07.2024.
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