Einganges in dem kleinen Garten ein belaubtes Ca- binet, an welches 1769 der oben angeführte Gift- baum, aus einen sehr großen Irrthum, als ein schlan- kes Rebengewächse, statt des so genannten fünf- blätterigen wilden Weinstocks, Vitis quinquesolia canadensis, einer fremden Art von Epheu, gepflanzt worden war. Dieses Gewächs kannte zwar nie- mand, da man aber doch sahe, daß es nicht der rechte Canadische wilde Weinstock war, fiel der Verdacht allein darauf. Man beschloß es aus die- sem Grunde auszurotten, nachdem man zumahl noch etliche neuere Erfahrungen gemacht, und mit allen vorhergehenden wohl verglichen hatte.
Denn man erinnerte sich sehr genau, daß da- mals in eben dem Zeitpunkte, als das vorher ge- pflanzte Gewächse 1770 zum ersten mahle ausschlug, die ofterwähnte beschwerliche Krankheit in dem Pfarrhause ihren ersten Anfang genommen, mit je- dem Herbste nachgelassen, und jedesmahl im Som- mer, wenn alles Gewächse belaubt gewesen und in der Blüthe gestanden, wiedergekommen war. Der zeitige Besitzer ward ferner noch ganz zuletzt von der Krankheit vor allen fast am heftigsten angegriffen, da er des Tages vorher nur in Zeit von einer Stun- de die übermäßig wachsenden Wurzelsprossen aus- geschnitten, und die herunterhängenden Reben dieses Gewächses aufgebunden hatte; wozu noch kam, daß eine Kinderwärterin sich in diesem mit dem Ge- wächse bezogenen Cabinette so lange aufhielt, als
ihr
Einganges in dem kleinen Garten ein belaubtes Ca- binet, an welches 1769 der oben angefuͤhrte Gift- baum, aus einen ſehr großen Irrthum, als ein ſchlan- kes Rebengewaͤchſe, ſtatt des ſo genannten fuͤnf- blaͤtterigen wilden Weinſtocks, Vitis quinqueſolia canadenſis, einer fremden Art von Epheu, gepflanzt worden war. Dieſes Gewaͤchs kannte zwar nie- mand, da man aber doch ſahe, daß es nicht der rechte Canadiſche wilde Weinſtock war, fiel der Verdacht allein darauf. Man beſchloß es aus die- ſem Grunde auszurotten, nachdem man zumahl noch etliche neuere Erfahrungen gemacht, und mit allen vorhergehenden wohl verglichen hatte.
Denn man erinnerte ſich ſehr genau, daß da- mals in eben dem Zeitpunkte, als das vorher ge- pflanzte Gewaͤchſe 1770 zum erſten mahle ausſchlug, die ofterwaͤhnte beſchwerliche Krankheit in dem Pfarrhauſe ihren erſten Anfang genommen, mit je- dem Herbſte nachgelaſſen, und jedesmahl im Som- mer, wenn alles Gewaͤchſe belaubt geweſen und in der Bluͤthe geſtanden, wiedergekommen war. Der zeitige Beſitzer ward ferner noch ganz zuletzt von der Krankheit vor allen faſt am heftigſten angegriffen, da er des Tages vorher nur in Zeit von einer Stun- de die uͤbermaͤßig wachſenden Wurzelſproſſen aus- geſchnitten, und die herunterhaͤngenden Reben dieſes Gewaͤchſes aufgebunden hatte; wozu noch kam, daß eine Kinderwaͤrterin ſich in dieſem mit dem Ge- waͤchſe bezogenen Cabinette ſo lange aufhielt, als
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Einganges in dem kleinen Garten ein belaubtes Ca-
binet, an welches 1769 der oben angefuͤhrte Gift-
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kes Rebengewaͤchſe, ſtatt des ſo genannten fuͤnf-
blaͤtterigen wilden Weinſtocks, Vitis quinqueſolia
canadenſis, einer fremden Art von Epheu, gepflanzt
worden war. Dieſes Gewaͤchs kannte zwar nie-
mand, da man aber doch ſahe, daß es nicht der
rechte Canadiſche wilde Weinſtock war, fiel der
Verdacht allein darauf. Man beſchloß es aus die-
ſem Grunde auszurotten, nachdem man zumahl
noch etliche neuere Erfahrungen gemacht, und mit
allen vorhergehenden wohl verglichen hatte.
Denn man erinnerte ſich ſehr genau, daß da-
mals in eben dem Zeitpunkte, als das vorher ge-
pflanzte Gewaͤchſe 1770 zum erſten mahle ausſchlug,
die ofterwaͤhnte beſchwerliche Krankheit in dem
Pfarrhauſe ihren erſten Anfang genommen, mit je-
dem Herbſte nachgelaſſen, und jedesmahl im Som-
mer, wenn alles Gewaͤchſe belaubt geweſen und in
der Bluͤthe geſtanden, wiedergekommen war. Der
zeitige Beſitzer ward ferner noch ganz zuletzt von der
Krankheit vor allen faſt am heftigſten angegriffen,
da er des Tages vorher nur in Zeit von einer Stun-
de die uͤbermaͤßig wachſenden Wurzelſproſſen aus-
geſchnitten, und die herunterhaͤngenden Reben dieſes
Gewaͤchſes aufgebunden hatte; wozu noch kam,
daß eine Kinderwaͤrterin ſich in dieſem mit dem Ge-
waͤchſe bezogenen Cabinette ſo lange aufhielt, als
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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen01_1789/187>, abgerufen am 23.07.2024.
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