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Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789.

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wenn sie saftreich sind, viel mehr trocken, und zwar
weit trockner, auch viel länger, als in der Erde, er-
halten. Die Wärme kann dabey in unsern Win-
terhäusern gleichwohl beträchtlich seyn, ohne daß
man sie zu begiessen nöthig hätte, sie müsten denn an-
fangen, im Winter zu blühen, und dazu starke
Stengel zu treiben, wie es öfters von Capischen und
Tropickschen Gewächsen beym allerniedrigsten Son-
nenstande geschiehet.

Wenn die Sommerpflanzen stark treiben, und
mit ihrer Menge von fasrigen Wurzeln den Moos
zu geschwind aussaugen, als sie sonst in der aller-
fruchtbarsten Erde thun, daß sie nehmlich in ihrem
Wachsthume auf einmahl einhalten, ehe sie zur
Blüthe und Frucht gelangen können; so müssen sie
sogleich in frischen Moos verpflanzet werden, und
sollte es auch in einem halben Jahre 2mahl gesche-
hen. Andere Pflanzen saugen den Moos nicht so
geschwind oder auf einmahl aus, wie jene. Doch
wird der Moos durch das starke Aussaugen derma-
ßen verändert, daß er seine schöne grüne Farbe in
eine dunkle verwandelt, sein voriges sanftes weiches
gelindes Wesen verlieret, und ganz hart, spröde
und dermaßen brüchig wird, daß man ihn, wenn
er etwas trocken geworden ist, zwischen den Fingern
leicht in ein Pulver zerreiben kann.

Fast alle Mittelgewächse, junge Bäume und
Holzarten, wachsen anfangs sehr gerne und freudig
in einem solchen weichen und feuchten Moose, aus

Saa-

wenn ſie ſaftreich ſind, viel mehr trocken, und zwar
weit trockner, auch viel laͤnger, als in der Erde, er-
halten. Die Waͤrme kann dabey in unſern Win-
terhaͤuſern gleichwohl betraͤchtlich ſeyn, ohne daß
man ſie zu begieſſen noͤthig haͤtte, ſie muͤſten denn an-
fangen, im Winter zu bluͤhen, und dazu ſtarke
Stengel zu treiben, wie es oͤfters von Capiſchen und
Tropickſchen Gewaͤchſen beym allerniedrigſten Son-
nenſtande geſchiehet.

Wenn die Sommerpflanzen ſtark treiben, und
mit ihrer Menge von faſrigen Wurzeln den Moos
zu geſchwind ausſaugen, als ſie ſonſt in der aller-
fruchtbarſten Erde thun, daß ſie nehmlich in ihrem
Wachsthume auf einmahl einhalten, ehe ſie zur
Bluͤthe und Frucht gelangen koͤnnen; ſo muͤſſen ſie
ſogleich in friſchen Moos verpflanzet werden, und
ſollte es auch in einem halben Jahre 2mahl geſche-
hen. Andere Pflanzen ſaugen den Moos nicht ſo
geſchwind oder auf einmahl aus, wie jene. Doch
wird der Moos durch das ſtarke Ausſaugen derma-
ßen veraͤndert, daß er ſeine ſchoͤne gruͤne Farbe in
eine dunkle verwandelt, ſein voriges ſanftes weiches
gelindes Weſen verlieret, und ganz hart, ſproͤde
und dermaßen bruͤchig wird, daß man ihn, wenn
er etwas trocken geworden iſt, zwiſchen den Fingern
leicht in ein Pulver zerreiben kann.

Faſt alle Mittelgewaͤchſe, junge Baͤume und
Holzarten, wachſen anfangs ſehr gerne und freudig
in einem ſolchen weichen und feuchten Mooſe, aus

Saa-
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[112/0124] wenn ſie ſaftreich ſind, viel mehr trocken, und zwar weit trockner, auch viel laͤnger, als in der Erde, er- halten. Die Waͤrme kann dabey in unſern Win- terhaͤuſern gleichwohl betraͤchtlich ſeyn, ohne daß man ſie zu begieſſen noͤthig haͤtte, ſie muͤſten denn an- fangen, im Winter zu bluͤhen, und dazu ſtarke Stengel zu treiben, wie es oͤfters von Capiſchen und Tropickſchen Gewaͤchſen beym allerniedrigſten Son- nenſtande geſchiehet. Wenn die Sommerpflanzen ſtark treiben, und mit ihrer Menge von faſrigen Wurzeln den Moos zu geſchwind ausſaugen, als ſie ſonſt in der aller- fruchtbarſten Erde thun, daß ſie nehmlich in ihrem Wachsthume auf einmahl einhalten, ehe ſie zur Bluͤthe und Frucht gelangen koͤnnen; ſo muͤſſen ſie ſogleich in friſchen Moos verpflanzet werden, und ſollte es auch in einem halben Jahre 2mahl geſche- hen. Andere Pflanzen ſaugen den Moos nicht ſo geſchwind oder auf einmahl aus, wie jene. Doch wird der Moos durch das ſtarke Ausſaugen derma- ßen veraͤndert, daß er ſeine ſchoͤne gruͤne Farbe in eine dunkle verwandelt, ſein voriges ſanftes weiches gelindes Weſen verlieret, und ganz hart, ſproͤde und dermaßen bruͤchig wird, daß man ihn, wenn er etwas trocken geworden iſt, zwiſchen den Fingern leicht in ein Pulver zerreiben kann. Faſt alle Mittelgewaͤchſe, junge Baͤume und Holzarten, wachſen anfangs ſehr gerne und freudig in einem ſolchen weichen und feuchten Mooſe, aus Saa-

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Zitationshilfe: Gleditsch, Johann Gottlieb: Vermischte botanische Abhandlungen. Bd. 1. Berlin, 1789, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleditsch_abhandlungen01_1789/124>, abgerufen am 23.11.2024.