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Glauber, Johann Rudolph: Philosophi & Medici Celeberrimi Opera Chymica. Frankfurt (Main), 1658.

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Von Tugend/ Krafft vnd Eigenschafft
ction vmbgewendet werden. Es praeserviret auch ein jedweder von Wein oder an-
dern Vegetabilien destillirter Spiritus ardens, vnd ist auch keinem Saltz gleich/ der doch
nichts anders ist/ als ein rein Sal vini volatile, mit seinem Sulphure vermischet; wie
dann nimmer ein principium gantz rein gefunden/ darinn nicht von andern auch etwas
vntermischet wäre. Es praeserviret auch der Essig/ der nichts anders als ein Saltz ist/
welches weitläufftiger zu beweisen ich genugsam thun könte/ aber allhier an diesem Ort
keinen Platz hat. Der so grob ist vnd nicht verstehet/ daß durch die putrefaction immer
ein Wesen in ein anders verwandelt wird/ dem ist nicht zu helffen/ wann man schon noch
so grosse Bücher vorschriebe/ auß einem süssen Most/ Zucker oder Honig kan ein saurer
Tartarus, scharffer Essig vnd volatilischer Spiritus ardens werden/ vnd solches allein
durch die putrefaction vnd fermentation, vnd hernach der Tartarus, Essig oder Spiri-
tus ardens
wieder zu einem nitrosischen Saltz werden; welches aber sehr wenig verste-
hen oder wissen/ sonderlich diejenigen/ welchen am allermeisten zu wissen zugetraut wird.
Nicht allein der Mensch liebet das Saltz/ vnd kan ohne dasselbe nicht gesund leben/ son-
dern es begehren vnd suchens auch alle Thiere. Die Mäus lauffen nach dem Saltz vor
andern Thieren; wann sie es nicht finden/ solches von den außgeschlagenen gesaltzenen
Mauren ablecken; wie dann ihr Vrin über die massen nitrosisch ist. Die Dauben se-
tzen sich gern auff alte von Saltz außgeschlagene Mauren/ die Saltzigkeit herauß zu su-
chen. Die Hüner lesen die einmal von den Pferden verdäute vnd mit Saltz impraegnirte
Haberkörner auß dem Mist/ vnd essen sie viel lieber als frischen Haber/ legen auch bes-
ser davon/ vnd hilfft ihnen das Saltz die Steinlein im Magen verdäuen/ dadurch ihnen
Schalen über die Eyer wachsen/ wann sie aber eingesperrt seyn/ vnd zu keiner gesaltzenen
Erden kommen können/ so ist ihr Magen zu schwach/ daß er den Sand oder kleine Kieß-
lingsteine verzehren vnd Schalen darvon machen kan/ sondern legen die Eyer ohne
Schalen/ oder fressen von andern Hünern gelegte Eyerschalen auff/ wann sie darüber
kommen können/ nur ihren eigenen Eyern oder Gebürt Schalen dadurch zu machen/
auf daß sie möchten gelegt oder geboren werden/ vnd nicht vmb deß inwendigen Dotters
oder Weissen willen. Die Mineralien lieben das Saltz in dem Gebirg zu ihrem
Wachsthum/ davon sie corporalisch werden/ vnd sich davon nehren/ wie die Erfahrung
außweist/ vnd ausser dem Berg oder Erden lieben sie solche gleicher weis/ dadurch gezei-
tiget vnd verbessert zu werden; vnd sonderlich vor allen Salien das Nitrum (wie oben all-
bereit bewiesen) grosse Liebe vnd Gemeinschafft zu den Metallen trägt: hergegen aber
werden die Salien sowol von den Mineralien als Animalien vnd Vegetabilien gehasst/
wann sie dadurch vnordentlicher weis tractiret/ oder auß ihrer Natur verstöret oder ver-
derbt werden. Bleibt also darbey/ daß das Saltz (rechtmässiger weis appliciret) allein
der Vegetabilien/ Animalien vnd Mineralien ein Erhalter/ Ernehrer vnd Vermehrer
oder Verbesserer sey/ welches alle warhaffte Philosophi erkant vnd bekant haben/ vnd
sonderlich Plato, der dem Saltz etwas Göttliches bey sich zu haben zugeschrieben hat/
welches auch ihre Nachkömmlinge geglaubt/ vnd viel im Saltz/ ja gar den Lapidem Phi-

loso-

Von Tugend/ Krafft vnd Eigenſchafft
ction vmbgewendet werden. Es præſerviret auch ein jedweder von Wein oder an-
dern Vegetabilien deſtillirter Spiritus ardens, vnd iſt auch keinem Saltz gleich/ der doch
nichts anders iſt/ als ein rein Sal vini volatile, mit ſeinem Sulphure vermiſchet; wie
dann nimmer ein principium gantz rein gefunden/ darinn nicht von andern auch etwas
vntermiſchet waͤre. Es præſerviret auch der Eſſig/ der nichts anders als ein Saltz iſt/
welches weitlaͤufftiger zu beweiſen ich genugſam thun koͤnte/ aber allhier an dieſem Ort
keinen Platz hat. Der ſo grob iſt vnd nicht verſtehet/ daß durch die putrefaction immer
ein Weſen in ein anders verwandelt wird/ dem iſt nicht zu helffen/ wann man ſchon noch
ſo groſſe Buͤcher vorſchriebe/ auß einem ſuͤſſen Moſt/ Zucker oder Honig kan ein ſaurer
Tartarus, ſcharffer Eſſig vnd volatiliſcher Spiritus ardens werden/ vnd ſolches allein
durch die putrefaction vnd fermentation, vnd hernach der Tartarus, Eſſig oder Spiri-
tus ardens
wieder zu einem nitroſiſchen Saltz werden; welches aber ſehr wenig verſte-
hen oder wiſſen/ ſonderlich diejenigen/ welchen am allermeiſten zu wiſſen zugetraut wird.
Nicht allein der Menſch liebet das Saltz/ vnd kan ohne daſſelbe nicht geſund leben/ ſon-
dern es begehren vnd ſuchens auch alle Thiere. Die Maͤus lauffen nach dem Saltz vor
andern Thieren; wann ſie es nicht finden/ ſolches von den außgeſchlagenen geſaltzenen
Mauren ablecken; wie dann ihr Vrin uͤber die maſſen nitroſiſch iſt. Die Dauben ſe-
tzen ſich gern auff alte von Saltz außgeſchlagene Mauren/ die Saltzigkeit herauß zu ſu-
chen. Die Huͤner leſen die einmal von den Pferden verdaͤute vnd mit Saltz imprægnirte
Haberkoͤrner auß dem Miſt/ vnd eſſen ſie viel lieber als friſchen Haber/ legen auch beſ-
ſer davon/ vnd hilfft ihnen das Saltz die Steinlein im Magen verdaͤuen/ dadurch ihnen
Schalen uͤber die Eyer wachſen/ wann ſie aber eingeſperꝛt ſeyn/ vnd zu keiner geſaltzenen
Erden kommen koͤnnen/ ſo iſt ihr Magen zu ſchwach/ daß er den Sand oder kleine Kieß-
lingſteine verzehren vnd Schalen darvon machen kan/ ſondern legen die Eyer ohne
Schalen/ oder freſſen von andern Huͤnern gelegte Eyerſchalen auff/ wann ſie daruͤber
kommen koͤnnen/ nur ihren eigenen Eyern oder Gebuͤrt Schalen dadurch zu machen/
auf daß ſie moͤchten gelegt oder geboren werden/ vnd nicht vmb deß inwendigen Dotters
oder Weiſſen willen. Die Mineralien lieben das Saltz in dem Gebirg zu ihrem
Wachsthum/ davon ſie corporaliſch werden/ vnd ſich davon nehren/ wie die Erfahrung
außweiſt/ vnd auſſer dem Berg oder Erden lieben ſie ſolche gleicher weis/ dadurch gezei-
tiget vnd verbeſſert zu werden; vnd ſonderlich vor allen Salien das Nitrum (wie oben all-
bereit bewieſen) groſſe Liebe vnd Gemeinſchafft zu den Metallen traͤgt: hergegen aber
werden die Salien ſowol von den Mineralien als Animalien vnd Vegetabilien gehaſſt/
wann ſie dadurch vnordentlicher weis tractiret/ oder auß ihrer Natur verſtoͤret oder ver-
derbt werden. Bleibt alſo darbey/ daß das Saltz (rechtmaͤſſiger weis appliciret) allein
der Vegetabilien/ Animalien vnd Mineralien ein Erhalter/ Ernehrer vnd Vermehrer
oder Verbeſſerer ſey/ welches alle warhaffte Philoſophi erkant vnd bekant haben/ vnd
ſonderlich Plato, der dem Saltz etwas Goͤttliches bey ſich zu haben zugeſchrieben hat/
welches auch ihre Nachkoͤm̃linge geglaubt/ vnd viel im Saltz/ ja gar den Lapidem Phi-

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[162/0190] Von Tugend/ Krafft vnd Eigenſchafft ction vmbgewendet werden. Es præſerviret auch ein jedweder von Wein oder an- dern Vegetabilien deſtillirter Spiritus ardens, vnd iſt auch keinem Saltz gleich/ der doch nichts anders iſt/ als ein rein Sal vini volatile, mit ſeinem Sulphure vermiſchet; wie dann nimmer ein principium gantz rein gefunden/ darinn nicht von andern auch etwas vntermiſchet waͤre. Es præſerviret auch der Eſſig/ der nichts anders als ein Saltz iſt/ welches weitlaͤufftiger zu beweiſen ich genugſam thun koͤnte/ aber allhier an dieſem Ort keinen Platz hat. Der ſo grob iſt vnd nicht verſtehet/ daß durch die putrefaction immer ein Weſen in ein anders verwandelt wird/ dem iſt nicht zu helffen/ wann man ſchon noch ſo groſſe Buͤcher vorſchriebe/ auß einem ſuͤſſen Moſt/ Zucker oder Honig kan ein ſaurer Tartarus, ſcharffer Eſſig vnd volatiliſcher Spiritus ardens werden/ vnd ſolches allein durch die putrefaction vnd fermentation, vnd hernach der Tartarus, Eſſig oder Spiri- tus ardens wieder zu einem nitroſiſchen Saltz werden; welches aber ſehr wenig verſte- hen oder wiſſen/ ſonderlich diejenigen/ welchen am allermeiſten zu wiſſen zugetraut wird. Nicht allein der Menſch liebet das Saltz/ vnd kan ohne daſſelbe nicht geſund leben/ ſon- dern es begehren vnd ſuchens auch alle Thiere. Die Maͤus lauffen nach dem Saltz vor andern Thieren; wann ſie es nicht finden/ ſolches von den außgeſchlagenen geſaltzenen Mauren ablecken; wie dann ihr Vrin uͤber die maſſen nitroſiſch iſt. Die Dauben ſe- tzen ſich gern auff alte von Saltz außgeſchlagene Mauren/ die Saltzigkeit herauß zu ſu- chen. Die Huͤner leſen die einmal von den Pferden verdaͤute vnd mit Saltz imprægnirte Haberkoͤrner auß dem Miſt/ vnd eſſen ſie viel lieber als friſchen Haber/ legen auch beſ- ſer davon/ vnd hilfft ihnen das Saltz die Steinlein im Magen verdaͤuen/ dadurch ihnen Schalen uͤber die Eyer wachſen/ wann ſie aber eingeſperꝛt ſeyn/ vnd zu keiner geſaltzenen Erden kommen koͤnnen/ ſo iſt ihr Magen zu ſchwach/ daß er den Sand oder kleine Kieß- lingſteine verzehren vnd Schalen darvon machen kan/ ſondern legen die Eyer ohne Schalen/ oder freſſen von andern Huͤnern gelegte Eyerſchalen auff/ wann ſie daruͤber kommen koͤnnen/ nur ihren eigenen Eyern oder Gebuͤrt Schalen dadurch zu machen/ auf daß ſie moͤchten gelegt oder geboren werden/ vnd nicht vmb deß inwendigen Dotters oder Weiſſen willen. Die Mineralien lieben das Saltz in dem Gebirg zu ihrem Wachsthum/ davon ſie corporaliſch werden/ vnd ſich davon nehren/ wie die Erfahrung außweiſt/ vnd auſſer dem Berg oder Erden lieben ſie ſolche gleicher weis/ dadurch gezei- tiget vnd verbeſſert zu werden; vnd ſonderlich vor allen Salien das Nitrum (wie oben all- bereit bewieſen) groſſe Liebe vnd Gemeinſchafft zu den Metallen traͤgt: hergegen aber werden die Salien ſowol von den Mineralien als Animalien vnd Vegetabilien gehaſſt/ wann ſie dadurch vnordentlicher weis tractiret/ oder auß ihrer Natur verſtoͤret oder ver- derbt werden. Bleibt alſo darbey/ daß das Saltz (rechtmaͤſſiger weis appliciret) allein der Vegetabilien/ Animalien vnd Mineralien ein Erhalter/ Ernehrer vnd Vermehrer oder Verbeſſerer ſey/ welches alle warhaffte Philoſophi erkant vnd bekant haben/ vnd ſonderlich Plato, der dem Saltz etwas Goͤttliches bey ſich zu haben zugeſchrieben hat/ welches auch ihre Nachkoͤm̃linge geglaubt/ vnd viel im Saltz/ ja gar den Lapidem Phi- loſo-

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Zitationshilfe: Glauber, Johann Rudolph: Philosophi & Medici Celeberrimi Opera Chymica. Frankfurt (Main), 1658, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glauber_opera01_1658/190>, abgerufen am 28.11.2024.