Glaßbrenner, Adolf: Der Weihnachtsmarkt. Aus: Berliner Volksleben. Band 1, S. 233–272. Leipzig, 1847.
so dumm is, un den Marcht wieder mitmacht! Nach jeden Marcht nehmen wir uns vor, janz ruhig zu Hause zu bleiben, un doch jeht man immer wieder her; natürlich, man hat Kinder, man will ooch selbst die paar Dreier nich jerne fahren lassen. Mad. Schneppe. Ja wohl! Ach Jott, wenn die Kinder nich in der Welt wären, da wär' es janz anders! Pfeifenhändler Brecke (steht vor seiner Bude, trampelt mit den Füßen und spricht zur Obsthändlerin Piesich). Na, sehn Se, nu hab' ick mal 'ne orndt'liche Pfeife verkooft! Aber wie'n? Vier Silberjroschen hab' ick dran verdient, nu bitt' ick Ihnen, Madam Piesichen, möchte man da nich de Schwerenoth kriejen? Wie? Was? Trietzen eenen de Leute nich bis uf's Blut? Hat der verdammte Kerrel, der die Pfeife koofte, nich jehandelt, als ob er die Pfeife durchaus haben müßte? Braucht so'n Kerrel zu roochen, wenn er nich honett bezahlen will? Was? Piesich. Ja 't is schändlich! De Leute ziehen eenen 't Fell über de Ohren. Brecke. Ach ne, des dhuen se nich mal! Wenn Se des dhäten, denn jing ick da rüber nach die Trommelbude, un verkoofte den Mann mein Fell, denn en Esel is man un bleibt man, deß man überhaupt lebt. Zum Donnerwetter, wozu is'n des verdammte Leben? Ick frage Ihnen, Piesichen, wozu lebt man'n? Blos deß man sich ärjert un boßt un sorgt un abrakkert, um die Würmer da unten en orndt'lichen Braten vorzusetzen! Na, mir komm' eener noch mal mit'n Leben! Ne! Was is'n des von de Vorsehung, deß se eenen so ohne en paar Dhaler Jeld, ohne Vermöjen in de Welt setzt? Wie? Unrecht is es! Wovor
so dumm is, un den Marcht wieder mitmacht! Nach jeden Marcht nehmen wir uns vor, janz ruhig zu Hause zu bleiben, un doch jeht man immer wieder her; natürlich, man hat Kinder, man will ooch selbst die paar Dreier nich jerne fahren lassen. Mad. Schneppe. Ja wohl! Ach Jott, wenn die Kinder nich in der Welt wären, da wär’ es janz anders! Pfeifenhändler Brecke (steht vor seiner Bude, trampelt mit den Füßen und spricht zur Obsthändlerin Piesich). Na, sehn Se, nu hab’ ick mal ’ne orndt’liche Pfeife verkooft! Aber wie’n? Vier Silberjroschen hab’ ick dran verdient, nu bitt’ ick Ihnen, Madam Piesichen, möchte man da nich de Schwerenoth kriejen? Wie? Was? Trietzen eenen de Leute nich bis uf’s Blut? Hat der verdammte Kerrel, der die Pfeife koofte, nich jehandelt, als ob er die Pfeife durchaus haben müßte? Braucht so’n Kerrel zu roochen, wenn er nich honett bezahlen will? Was? Piesich. Ja ’t is schändlich! De Leute ziehen eenen ’t Fell über de Ohren. Brecke. Ach ne, des dhuen se nich mal! Wenn Se des dhäten, denn jing ick da rüber nach die Trommelbude, un verkoofte den Mann mein Fell, denn en Esel is man un bleibt man, deß man überhaupt lebt. Zum Donnerwetter, wozu is’n des verdammte Leben? Ick frage Ihnen, Piesichen, wozu lebt man’n? Blos deß man sich ärjert un boßt un sorgt un abrakkert, um die Würmer da unten en orndt’lichen Braten vorzusetzen! Na, mir komm’ eener noch mal mit’n Leben! Ne! Was is’n des von de Vorsehung, deß se eenen so ohne en paar Dhaler Jeld, ohne Vermöjen in de Welt setzt? Wie? Unrecht is es! Wovor
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp> <p><pb facs="#f0038" n="268"/> so dumm is, un den Marcht wieder mitmacht! Nach jeden Marcht nehmen wir uns vor, janz ruhig zu Hause zu bleiben, un doch jeht man immer wieder her; natürlich, man hat Kinder, man will ooch selbst die paar Dreier nich jerne fahren lassen.</p> </sp> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Mad. Schneppe</hi>.</speaker> <p>Ja wohl! Ach Jott, wenn die Kinder nich in der Welt wären, da wär’ es janz anders!</p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Pfeifenhändler Brecke</hi> </speaker> <stage>(steht vor seiner Bude, trampelt mit den Füßen und spricht zur Obsthändlerin Piesich).</stage> <p>Na, sehn Se, nu hab’ ick mal ’ne orndt’liche Pfeife verkooft! Aber wie’n? Vier Silberjroschen hab’ ick dran verdient, nu bitt’ ick Ihnen, Madam Piesichen, möchte man da nich de Schwerenoth kriejen? Wie? Was? Trietzen eenen de Leute nich bis uf’s Blut? Hat der verdammte Kerrel, der die Pfeife koofte, nich jehandelt, als ob er die Pfeife durchaus haben <hi rendition="#g">müßte</hi>? Braucht so’n Kerrel zu <hi rendition="#g">roochen</hi>, wenn er nich honett bezahlen will? Was?</p> </sp> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Piesich</hi>.</speaker> <p>Ja ’t is schändlich! De Leute ziehen eenen ’t Fell über de Ohren.</p> </sp> <sp> <speaker><hi rendition="#g">Brecke</hi>.</speaker> <p>Ach ne, des dhuen se nich mal! Wenn Se des dhäten, denn jing ick da rüber nach die Trommelbude, un <hi rendition="#g">verkoofte</hi> den Mann mein Fell, denn en Esel is man un bleibt man, deß man überhaupt lebt. Zum Donnerwetter, wozu is’n des verdammte Leben? Ick frage Ihnen, Piesichen, wozu lebt man’n? Blos deß man sich ärjert un boßt un sorgt un abrakkert, um die Würmer da unten en orndt’lichen Braten vorzusetzen! Na, mir komm’ eener noch mal mit’n Leben! Ne! Was is’n des von de Vorsehung, deß se eenen so ohne en paar Dhaler Jeld, ohne Vermöjen in de Welt setzt? Wie? <hi rendition="#g">Unrecht</hi> is es! Wovor </p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [268/0038]
so dumm is, un den Marcht wieder mitmacht! Nach jeden Marcht nehmen wir uns vor, janz ruhig zu Hause zu bleiben, un doch jeht man immer wieder her; natürlich, man hat Kinder, man will ooch selbst die paar Dreier nich jerne fahren lassen.
Mad. Schneppe. Ja wohl! Ach Jott, wenn die Kinder nich in der Welt wären, da wär’ es janz anders!
Pfeifenhändler Brecke (steht vor seiner Bude, trampelt mit den Füßen und spricht zur Obsthändlerin Piesich). Na, sehn Se, nu hab’ ick mal ’ne orndt’liche Pfeife verkooft! Aber wie’n? Vier Silberjroschen hab’ ick dran verdient, nu bitt’ ick Ihnen, Madam Piesichen, möchte man da nich de Schwerenoth kriejen? Wie? Was? Trietzen eenen de Leute nich bis uf’s Blut? Hat der verdammte Kerrel, der die Pfeife koofte, nich jehandelt, als ob er die Pfeife durchaus haben müßte? Braucht so’n Kerrel zu roochen, wenn er nich honett bezahlen will? Was?
Piesich. Ja ’t is schändlich! De Leute ziehen eenen ’t Fell über de Ohren.
Brecke. Ach ne, des dhuen se nich mal! Wenn Se des dhäten, denn jing ick da rüber nach die Trommelbude, un verkoofte den Mann mein Fell, denn en Esel is man un bleibt man, deß man überhaupt lebt. Zum Donnerwetter, wozu is’n des verdammte Leben? Ick frage Ihnen, Piesichen, wozu lebt man’n? Blos deß man sich ärjert un boßt un sorgt un abrakkert, um die Würmer da unten en orndt’lichen Braten vorzusetzen! Na, mir komm’ eener noch mal mit’n Leben! Ne! Was is’n des von de Vorsehung, deß se eenen so ohne en paar Dhaler Jeld, ohne Vermöjen in de Welt setzt? Wie? Unrecht is es! Wovor
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-12-17T12:18:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-12-17T12:18:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-12-17T12:18:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |