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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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haben würde, denen Böhmischen Ständen, obgedachte Beschickung der
Reichs-Wahl einzuräumen, wenn auch gleich übrigen Chur-Fürsten
damit zu Frieden seyn wolten. Sonsten plaisantirte er darüber daß
man in Petersburg den Ostermann zum Groß-Admiral gemacht,
der doch wohl wie aus dem Cabinet gekommen, und dem es auf dem
Waßer vermutlich wie Petro gehen würde. Nach der Tafel wurde
in dem Cabinet des Cardinals von lauter litterariis discouriret, da
er denn sonderlich von der Chinesischen Sprache und deren Beschaffenheit,
item von der Sclavonischen, und wie diese sich unter allerhand Natio-
nes vertheilet, item von denen mit dieser Materie verknüpften
Migrationen verschiedener Völcker umständliche und recht gründliche
Nachricht zu geben wuste. Abends nach unsrer Retour ins Quartier
gab der Comte de Chabane Illustrissimi die Gegen-Visite. Er hat den großen
Ludwigs-Örden, und ist ein schon ältlicher aber sehr politer
Herr. Die Discourse roulirten gröstentheils auf Staats-Sachen
und wolte er sonderlich Nachricht haben, daß in faveur der Prin-
zeßin Elisabeth
sich eine starcke Parthey in Rußland hervor
thue, um dieselbe auf den Thron zu setzen. Er bedauerte
beym Abschied, daß er seines Amts wegen zwischen hier und
Versailles immer ab- und zu reisen müße, versicherte aber doch
es so einzurichten, daß er währender hiesiger Anwesenheit
Illustrissimi, von der Ehre der Verwandschaft würde profitiren
können.

Den 22 December

Weil der Duc de Bouillon von seinen Gütern wider zurück-
kommen, so gaben wir demselben die Visite, und wurden
Illustrissimus von ihm ungemein höflich empfangen. Dem Prince
de Turenne
, seinen eintzigen Sohn, sahen wir bey dieser
Gelegenheit nur en passant, und waren im übrigen die
Gesellschaft von andern Anwesenden ziemlich starck. Es
wurde von der Waßers-Gefahr, welche der Duc auf die
Anhero-Reise ausgestanden, vieles gesprochen, und von ihm
selbst erzehlet, daß unweit von seinen Gütern, in wenigen
Tagen nach einander 4 Couriers ersoffen. Einer von denen
Anwesenden wolte wißen, daß der König in Preußen wegen
des Einmarsches in Schlesien, ein Manifest herausgegeben
und darinn declariret habe, daß er gewißer zwischen denen
ehemaligen Schlesischen Fürsten und dem Brandenburgischen
Hause gemachter Conventionen wegen, ein Recht auf dieses
Hertzogthum habe, und sich demnach in den Besitz deßelben

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haben würde, denen Böhmischen Ständen, obgedachte Beschickung der
Reichs-Wahl einzuräumen, wenn auch gleich übrigen Chur-Fürsten
damit zu Frieden seyn wolten. Sonsten plaisantirte er darüber daß
man in Petersburg den Ostermann zum Groß-Admiral gemacht,
der doch wohl wie aus dem Cabinet gekommen, und dem es auf dem
Waßer vermutlich wie Petro gehen würde. Nach der Tafel wurde
in dem Cabinet des Cardinals von lauter litterariis discouriret, da
er denn sonderlich von der Chinesischen Sprache und deren Beschaffenheit,
item von der Sclavonischen, und wie diese sich unter allerhand Natio-
nes vertheilet, item von denen mit dieser Materie verknüpften
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Nachricht zu geben wuste. Abends nach unsrer Retour ins Quartier
gab der Comte de Chabane Illustrissimi die Gegen-Visite. Er hat den großen
Ludwigs-Ørden, und ist ein schon ältlicher aber sehr politer
Herr. Die Discourse roulirten gröstentheils auf Staats-Sachen
und wolte er sonderlich Nachricht haben, daß in faveur der Prin-
zeßin Elisabeth
sich eine starcke Parthey in Rußland hervor
thue, um dieselbe auf den Thron zu setzen. Er bedauerte
beym Abschied, daß er seines Amts wegen zwischen hier und
Versailles immer ab- und zu reisen müße, versicherte aber doch
es so einzurichten, daß er währender hiesiger Anwesenheit
Illustrissimi, von der Ehre der Verwandschaft würde profitiren
können.

Den 22 December

Weil der Duc de Bouillon von seinen Gütern wider zurück-
kommen, so gaben wir demselben die Visite, und wurden
Illustrissimus von ihm ungemein höflich empfangen. Dem Prince
de Turenne
, seinen eintzigen Sohn, sahen wir bey dieser
Gelegenheit nur en passant, und waren im übrigen die
Gesellschaft von andern Anwesenden ziemlich starck. Es
wurde von der Waßers-Gefahr, welche der Duc auf die
Anhero-Reise ausgestanden, vieles gesprochen, und von ihm
selbst erzehlet, daß unweit von seinen Gütern, in wenigen
Tagen nach einander 4 Couriers ersoffen. Einer von denen
Anwesenden wolte wißen, daß der König in Preußen wegen
des Einmarsches in Schlesien, ein Manifest herausgegeben
und darinn declariret habe, daß er gewißer zwischen denen
ehemaligen Schlesischen Fürsten und dem Brandenburgischen
Hause gemachter Conventionen wegen, ein Recht auf dieses
Hertzogthum habe, und sich demnach in den Besitz deßelben

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[0094] 42 haben würde, denen Böhmischen Ständen, obgedachte Beschickung der Reichs-Wahl einzuräumen, wenn auch gleich übrigen Chur-Fürsten damit zu Frieden seyn wolten. Sonsten plaisantirte er darüber daß man in Petersburg den Ostermann zum Groß-Admiral gemacht, der doch wohl wie aus dem Cabinet gekommen, und dem es auf dem Waßer vermutlich wie Petro gehen würde. Nach der Tafel wurde in dem Cabinet des Cardinals von lauter litterariis discouriret, da er denn sonderlich von der Chinesischen Sprache und deren Beschaffenheit, item von der Sclavonischen, und wie diese sich unter allerhand Natio- nes vertheilet, item von denen mit dieser Materie verknüpften Migrationen verschiedener Völcker umständliche und recht gründliche Nachricht zu geben wuste. Abends nach unsrer Retour ins Quartier gab der Comte de Chabane Illmi die Gegen-Visite. Er hat den großen Ludwigs-Ørden, und ist ein schon ältlicher aber sehr politer Herr. Die Discourse roulirten gröstentheils auf Staats-Sachen und wolte er sonderlich Nachricht haben, daß in faveur der Prin- zeßin Elisabeth sich eine starcke Parthey in Rußland hervor thue, um dieselbe auf den Thron zu setzen. Er bedauerte beym Abschied, daß er seines Amts wegen zwischen hier und Versailles immer ab- und zu reisen müße, versicherte aber doch es so einzurichten, daß er währender hiesiger Anwesenheit Illmi, von der Ehre der Verwandschaft würde profitiren können. Den 22 Decembr: Weil der Duc de Bouillon von seinen Gütern wider zurück- kommen, so gaben wir demselben die Visite, und wurden Illmus von ihm ungemein höflich empfangen. Dem Prince de Turenne, seinen eintzigen Sohn, sahen wir bey dieser Gelegenheit nur en passant, und waren im übrigen die Gesellschaft von andern Anwesenden ziemlich starck. Es wurde von der Waßers-Gefahr, welche der Duc auf die Anhero-Reise ausgestanden, vieles gesprochen, und von ihm selbst erzehlet, daß unweit von seinen Gütern, in wenigen Tagen nach einander 4 Couriers ersoffen. Einer von denen Anwesenden wolte wißen, daß der König in Preußen wegen des Einmarsches in Schlesien, ein Manifest herausgegeben und darinn declariret habe, daß er gewißer zwischen denen ehemaligen Schlesischen Fürsten und dem Brandenburgischen Hause gemachter Conventionen wegen, ein Recht auf dieses Hertzogthum habe, und sich demnach in den Besitz deßelben

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/94>, abgerufen am 23.11.2024.