Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].modeste Dame zu seyn scheinet und kein gemahltes Gesicht hat. Den 16 December Bey dem Holländischen Ambassadeur, dem wir heute zusprachen und bey modeste Dame zu seyn scheinet und kein gemahltes Gesicht hat. Den 16 December Bey dem Holländischen Ambassadeur, dem wir heute zusprachen und bey <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <div type="diaryEntry"> <p><pb facs="#f0087"/> modeste Dame zu seyn scheinet und kein gemahltes Gesicht hat.<lb/> Es wurden über den Fall des Hertzogs <persName xml:id="TidB10142" corresp="register.xml#regID_37.lemID_12070" ref="http://d-nb.info/gnd/118685325">von Curland</persName> allerhand gute<lb/> Reflexiones gemacht, welche sich in dem Spruch: Trachtet nicht nach<lb/> hohen Dingen <choice><abbr>pp</abbr><expan>perge, perge</expan></choice> kurtz zusammen faßen laßen. Als eine Probe<lb/> der besondern douceur des <persName xml:id="TidB10144" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10089" ref="http://d-nb.info/gnd/118729438">Königs</persName> erzehlte man uns, daß derselbe<lb/> ohnlängst durch einen heftigen Regen gezwungen worden von<lb/> der Jagdt zurück zu kehren, und folglich etliche Stunden früher, als<lb/> der Verlaß genommen worden, nach Hause gekommen sey. Weil<lb/> nun seine <persName xml:id="TidB10145" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10116">Cammer-Bedienten</persName> sich deßen nicht versehen, sondern<lb/> den gantzen Tag zu ihrer Disposition zu haben vermeinet, so<gap reason="illegible"/><lb/> sey einer hir, der andere dorthin gegangen gewesen, und habe der<lb/> bis aufs Hembde naße <persName xml:id="TidB10146" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10089" ref="http://d-nb.info/gnd/118729438">König</persName> bey solcher seiner unverhoften<lb/> Widerkunft weder Camin-Feuer gefunden, noch auch, weil die<lb/> Garde Roben verschloßen gewesen, trockne Wäsche und Kleider<lb/> anlegen können. Bey allem dem aber habe er gantz gedultig eine<lb/> lange Zeit gewartet, bis man die Bedienten herbey geschaffet,<lb/> ihnen auch kein böses Wort gegeben. Bey dem Abbé <persName xml:id="TidB10147" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10101">Ferrus</persName><lb/> kamen wir discoursive auf die Bekehrung des <choice><abbr>Mr.</abbr><expan>Monsieur</expan></choice> <persName xml:id="TidB10148" corresp="register.xml#regID_37.lemID_12182">Boindin</persName>, deßen<lb/> die Marquise <persName xml:id="TidB10154" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10011">de Montbrun</persName> gestern gedacht, zu sprechen, und<lb/> vernahmen, daß nicht der Academicien, sondern deßen Bruder<lb/> der neu bekehrte sey; doch hielt <choice><abbr>Mr.</abbr><expan>Monsieur</expan></choice> <persName xml:id="TidB10155" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10101">Ferrus</persName> deßen Bekehrung<lb/> nicht vor allerdings richtig, sondern vermuthete daß er einigen<lb/> Parlaments-Herrn von der Parthey des <choice><abbr>Mr.</abbr><expan>Monsieur</expan></choice> <persName xml:id="TidB10156" corresp="register.xml#regID_37.lemID_12119">Paris</persName> dadurch seine Cour<lb/> machen wollen, um ihn in einem mit seinem Bruder habenden<lb/> Process desto mehr zu favorisiren. 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modeste Dame zu seyn scheinet und kein gemahltes Gesicht hat.
Es wurden über den Fall des Hertzogs von Curland allerhand gute
Reflexiones gemacht, welche sich in dem Spruch: Trachtet nicht nach
hohen Dingen pp kurtz zusammen faßen laßen. Als eine Probe
der besondern douceur des Königs erzehlte man uns, daß derselbe
ohnlängst durch einen heftigen Regen gezwungen worden von
der Jagdt zurück zu kehren, und folglich etliche Stunden früher, als
der Verlaß genommen worden, nach Hause gekommen sey. Weil
nun seine Cammer-Bedienten sich deßen nicht versehen, sondern
den gantzen Tag zu ihrer Disposition zu haben vermeinet, so_
sey einer hir, der andere dorthin gegangen gewesen, und habe der
bis aufs Hembde naße König bey solcher seiner unverhoften
Widerkunft weder Camin-Feuer gefunden, noch auch, weil die
Garde Roben verschloßen gewesen, trockne Wäsche und Kleider
anlegen können. Bey allem dem aber habe er gantz gedultig eine
lange Zeit gewartet, bis man die Bedienten herbey geschaffet,
ihnen auch kein böses Wort gegeben. Bey dem Abbé Ferrus
kamen wir discoursive auf die Bekehrung des Mr. Boindin, deßen
die Marquise de Montbrun gestern gedacht, zu sprechen, und
vernahmen, daß nicht der Academicien, sondern deßen Bruder
der neu bekehrte sey; doch hielt Mr. Ferrus deßen Bekehrung
nicht vor allerdings richtig, sondern vermuthete daß er einigen
Parlaments-Herrn von der Parthey des Mr. Paris dadurch seine Cour
machen wollen, um ihn in einem mit seinem Bruder habenden
Process desto mehr zu favorisiren. Wir profitirten auch noch
folgende gute Reflexion: la morale de l’Evangile est une bella
fille pauvre, que personne ne veut épouser.
Den 16 Decembr:
Bey dem Holländl: Ambassadeur, dem wir heute zusprachen und bey
ihm eine ziemlich starcke Gesellschaft antrafen, war die Einrückung
der Preußischen Trouppen in Schlesien als die neuste Zeitung
zu vernehmen, und schien der Ambassadeur davor zu halten,
daß solches nicht en faveur der Königin von Ungarn u. Böhmen
geschehen sey, meinte auch, Holl- und Engelland würden sich dawider
legen müßen, weil die besten Einkünfte dieses Landes ihnen von
dem verstorbenen Kayser versetzet wären. Die Comedie Francoise
wurde von ihm als sehr nützlich und nötig angerühmet, sonderlich
in Ansehung dererjenigen, welche das Frantzösische recht accurat
und nett wolten aussprechen lernen. Indeßen solte man aus
seiner eignen sehr schlechten Pronunciation nimmermehr schließen
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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