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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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schiedenen sich gantz nahe herbey haltenden peotten, welche mit
Leuten aus dem Arsenal besetzt sind, zu dem Ende begleitet da-
mit man der großen machine im Nothfall zu Hülffe kommen
könne, weil bey etwa unverhofft entstehendem starcken Winde
dieselbe in Gefahr ist. Die übrige escorte bestehet in 2 wohl
geputzten galeren, und ein paar kleineren mit Dalmatiern
besetzten Wach=Schiffen. Die Staats Gondeln des Nuncii und des fran
zösischen Ambassadeurs, welche beyde mit auf dem Bucentoro wa-
ren, fuhren ziemlich weit voraus, und wurde angemercket,
daß die französischen Gondoliers nur ihre alltags Livree an
geleget hatten. Die in großer Anzahl vorhandene peotten
und Gondeln neugieriger Zuschauer fahren ohne alle Ordnung
wo iedwedes kan und will. Alle vor der Stadt liegende
Schiffe formiren eine lange linie, und feuret iedwedes, das
canonen hat, wenn der Bucentoro vorbey passiret. Ein
gleiches geschiehet aus denen auf dem Lido und gegen über auf
dem Andreas= Castell gepflantzten Stücken, und die obgedach
ten Galeren und Wach=Schiffe laßen es gleichfals an Feuer nicht
fehlen, der Mousqueterie zu geschweigen, welche in einem
Regiment Dalmatiern, und einem Italienischen Infanterie
Regiment bestunde, die beyde neben der Kirche auf dem Lido
rangiret waren. Zwischen Venedig und dem Lido geschahe
die gewöhnliche rencontrirung des Patriarchen, welcher
von der Insul S. Helena dem Bucentoro entgegen fährt.
Das Haupt Spiel=Werck der Vermählung aber erfolgte dies-
mal zwischen der Spitze des Lido und gedachtem Andreas-
Castell, mithin nicht so weit in dem Meer, als es sonst zu
geschehen pfleget, weil das Wetter doch nicht vollkommen
still und schön war. So bald das hintertheil des Bucentoro
nach dem Meer, wie gewöhnlich, herum gekehret wird, will
iedweder Zuschauer der nächste seyn, und rudert alles
mit solchem Furor und mit solcher confusion herbey, daß
die aller wenigsten den eigentlichen actum, welcher nur
ein moment wäret, sehen können. Auf der retour stei-
get die gantze Ladung des Bucentoro bey der Kirche auf dem

schiedenen sich gantz nahe herbey haltenden peotten, welche mit
Leuten aus dem Arsenal besetzt sind, zu dem Ende begleitet da-
mit man der großen machine im Nothfall zu Hülffe kommen
könne, weil bey etwa unverhofft entstehendem starcken Winde
dieselbe in Gefahr ist. Die übrige escorte bestehet in 2 wohl
geputzten galeren, und ein paar kleineren mit Dalmatiern
besetzten Wach=Schiffen. Die Staats Gondeln des Nuncii und des fran
zösischen Ambassadeurs, welche beyde mit auf dem Bucentoro wa-
ren, fuhren ziemlich weit voraus, und wurde angemercket,
daß die französischen Gondoliers nur ihre alltags Livrée an
geleget hatten. Die in großer Anzahl vorhandene peotten
und Gondeln neugieriger Zuschauer fahren ohne alle Ordnung
wo iedwedes kan und will. Alle vor der Stadt liegende
Schiffe formiren eine lange linie, und feuret iedwedes, das
canonen hat, wenn der Bucentoro vorbey passiret. Ein
gleiches geschiehet aus denen auf dem Lido und gegen über auf
dem Andreas= Castell gepflantzten Stücken, und die obgedach
ten Galeren und Wach=Schiffe laßen es gleichfals an Feuer nicht
fehlen, der Mousqueterie zu geschweigen, welche in einem
Regiment Dalmatiern, und einem Italienischen Infanterie
Regiment bestunde, die beyde neben der Kirche auf dem Lido
rangiret waren. Zwischen Venedig und dem Lido geschahe
die gewöhnliche rencontrirung des Patriarchen, welcher
von der Insul S. Helena dem Bucentoro entgegen fährt.
Das Haupt Spiel=Werck der Vermählung aber erfolgte dies-
mal zwischen der Spitze des Lido und gedachtem Andreas-
Castell, mithin nicht so weit in dem Meer, als es sonst zu
geschehen pfleget, weil das Wetter doch nicht vollkommen
still und schön war. So bald das hintertheil des Bucentoro
nach dem Meer, wie gewöhnlich, herum gekehret wird, will
iedweder Zuschauer der nächste seyn, und rudert alles
mit solchem Furor und mit solcher confusion herbey, daß
die aller wenigsten den eigentlichen actum, welcher nur
ein moment wäret, sehen können. Auf der retour stei-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/765>, abgerufen am 17.09.2024.