Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

Bild:
<< vorherige Seite

372
und allen herum gelegenen Insuln mit besonderm Vergnügen über
sehen. 8.) Ponte di Rialto ist unter denen über die canaele
gehenden Brücken die höchste, und längste, hat aber doch nur einen
Bogen, und ist zu beyden Seiten mit boutiquen bebauet, zwischen
welchen man, als durch eine ordentliche Straße, hinüber passiret.
Die hiesigen Kirchen und Klöster, deren wir außer der Marcus
Kirche über zwantzig besichtiget, distinguiren sich haupt-
sächlich durch die Mahlereyen von großen Meistern. Wer
davon Specifice unterrichtet seyn will, dem kan künfftig
mit der gedruckten descrizzione delle pitture publiche
di Venezia gedienet werden. Wir gedencken hier nur folgen-
der, theils der Mahlerey wegen, theils sonst merckwürdiger.
In dem Refectorio des Closters S. Giorgio Maggiore ist die
Hochzeit zu Cana vor Paolo Veronese in einem großen, die eine
gantze Wand einnehmenden Stück gar vortrefflich abgebil-
det. Nach der idee dieses berühmten Künstlers müßen
Hochzeit und Music inseparable Sachen gewesen seyn, denn
er hat musicanten dazu gemahlet, wovor man ihm iedoch
in so ferne obligation haben muß, weil er unter der Gestalt
dieser Musicanten die damals Lebenden berühmtesten Mahler
abgeschildert hat. So spielet z. E. Er selbst die Zitter,
Tintoretto die Flöte, und der alte Titiano streichet die Baß=
Geige p. Wie in übrigen dieser Paolo ein Liebhaber von Hun-
den gewesen, und in seinen meisten Gemählden dergleichen
angebracht, also sind auch hier deren 2 zu sehen. Es ist
sonst das Closter S. Giorgio, Benedictiner Ordens, hier das
reicheste, und lieget auf einer besonderen Insul. Die Mönche
sind grösten theils Cavalieri Veneziani. Ihr Garten ist eine
angenehme promenade, deren wir uns verschiedentlich
bedienet haben. Ihre Bibliothec ist an geschnitzten, und mit
Statuen besetzten repositoriis mehr zierlich, als an Büchern übrig
Zahlreich. Doch verdienen folgende angemerckt zu werden:

372
und allen herum gelegenen Insuln mit besonderm Vergnügen über
sehen. 8.) Ponte di Rialto ist unter denen über die canaele
gehenden Brücken die höchste, und längste, hat aber doch nur einen
Bogen, und ist zu beyden Seiten mit boutiquen bebauet, zwischen
welchen man, als durch eine ordentliche Straße, hinüber passiret.
Die hiesigen Kirchen und Klöster, deren wir außer der Marcus
Kirche über zwantzig besichtiget, distinguiren sich haupt-
sächlich durch die Mahlereyen von großen Meistern. Wer
davon Specifice unterrichtet seyn will, dem kan künfftig
mit der gedruckten descrizzione delle pitture publiche
di Venezia gedienet werden. Wir gedencken hier nur folgen-
der, theils der Mahlerey wegen, theils sonst merckwürdiger.
In dem Refectorio des Closters S. Giorgio Maggiore ist die
Hochzeit zu Cana vor Paolo Veronese in einem großen, die eine
gantze Wand einnehmenden Stück gar vortrefflich abgebil-
det. Nach der idée dieses berühmten Künstlers müßen
Hochzeit und Music inseparable Sachen gewesen seyn, denn
er hat musicanten dazu gemahlet, wovor man ihm iedoch
in so ferne obligation haben muß, weil er unter der Gestalt
dieser Musicanten die damals Lebenden berühmtesten Mahler
abgeschildert hat. So spielet z. E. Er selbst die Zitter,
Tintoretto die Flöte, und der alte Titiano streichet die Baß=
Geige p. Wie in übrigen dieser Paolo ein Liebhaber von Hun-
den gewesen, und in seinen meisten Gemählden dergleichen
angebracht, also sind auch hier deren 2 zu sehen. Es ist
sonst das Closter S. Giorgio, Benedictiner Ordens, hier das
reicheste, und lieget auf einer besonderen Insul. Die Mönche
sind grösten theils Cavalieri Veneziani. Ihr Garten ist eine
angenehme promenade, deren wir uns verschiedentlich
bedienet haben. Ihre Bibliothec ist an geschnitzten, und mit
Statuen besetzten repositoriis mehr zierlich, als an Büchern übrig
Zahlreich. Doch verdienen folgende angemerckt zu werden:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter">
        <div type="diaryEntry">
          <p><pb facs="#f0758"/><fw type="folNum" place="top">372</fw><lb/>
und allen herum gelegenen Insuln mit besonderm Vergnügen über<lb/>
sehen. 8.) <hi rendition="#u">Ponte di Rialto</hi> ist unter denen über die canaele<lb/>
gehenden Brücken die höchste, und längste, hat aber doch nur einen<lb/>
Bogen, und ist zu beyden Seiten mit boutiquen bebauet, zwischen<lb/>
welche<add place="intralinear">n</add> man, als durch eine ordentliche Straße, hinüber passiret.<lb/><hi rendition="#u">Die hiesigen Kirchen und Klöste</hi>r, deren wir außer der Marcus<lb/>
Kirche über zwantzig besichtiget, distinguiren sich haupt-<lb/>
sächlich durch die Mahlereyen von großen Meistern. Wer<lb/>
davon Specifice unterrichtet seyn will, dem kan künfftig<lb/>
mit der gedruckten descrizzione delle pitture publiche<lb/>
di Venezia gedienet werden. Wir gedencken hier nur folgen-<lb/>
der, theils der Mahlerey wegen, theils sonst merckwürdiger.<lb/>
In dem Refectorio des C<hi rendition="#u">losters S. Giorgio Maggiore</hi> ist die<lb/>
Hochzeit zu Cana vor Paolo Veronese in einem großen, die eine<lb/>
gantze Wand einnehmenden Stück gar vortrefflich abgebil-<lb/>
det. Nach der idée dieses berühmten Künstlers müßen<lb/>
Hochzeit und Music inseparable Sachen gewesen seyn, denn<lb/>
er hat musicanten dazu gemahlet, wovor man ihm iedoch<lb/>
in so ferne obligation haben muß, weil er unter der Gestalt<lb/>
dieser Musicanten die damals Lebenden berühmtesten Mahler<lb/>
abgeschildert hat. So spielet z. E. Er selbst die Zitter,<lb/>
Tintoretto die Flöte, und der alte Titiano streichet die Baß=<lb/>
Geige p. Wie in übrigen dieser Paolo ein Liebhaber von Hun-<lb/>
den gewesen, und in seinen meisten Gemählden dergleichen<lb/>
angebracht, also sind auch hier deren 2 zu sehen. Es ist<lb/>
sonst das Closter S. Giorgio, Benedictiner Ordens, hier das<lb/>
reicheste, und lieget auf einer besonderen Insul. Die Mönche<lb/>
sind grösten theils Cavalieri Veneziani. Ihr Garten ist eine<lb/>
angenehme promenade, deren wir uns verschiedentlich<lb/>
bedienet haben. Ihre Bibliothec ist an geschnitzten, und mit<lb/>
Statuen besetzten repositoriis mehr zierlich, als an Büchern übrig<lb/>
Zahlreich. Doch verdienen folgende angemerckt zu werden:
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0758] 372 und allen herum gelegenen Insuln mit besonderm Vergnügen über sehen. 8.) Ponte di Rialto ist unter denen über die canaele gehenden Brücken die höchste, und längste, hat aber doch nur einen Bogen, und ist zu beyden Seiten mit boutiquen bebauet, zwischen welchen man, als durch eine ordentliche Straße, hinüber passiret. Die hiesigen Kirchen und Klöster, deren wir außer der Marcus Kirche über zwantzig besichtiget, distinguiren sich haupt- sächlich durch die Mahlereyen von großen Meistern. Wer davon Specifice unterrichtet seyn will, dem kan künfftig mit der gedruckten descrizzione delle pitture publiche di Venezia gedienet werden. Wir gedencken hier nur folgen- der, theils der Mahlerey wegen, theils sonst merckwürdiger. In dem Refectorio des Closters S. Giorgio Maggiore ist die Hochzeit zu Cana vor Paolo Veronese in einem großen, die eine gantze Wand einnehmenden Stück gar vortrefflich abgebil- det. Nach der idée dieses berühmten Künstlers müßen Hochzeit und Music inseparable Sachen gewesen seyn, denn er hat musicanten dazu gemahlet, wovor man ihm iedoch in so ferne obligation haben muß, weil er unter der Gestalt dieser Musicanten die damals Lebenden berühmtesten Mahler abgeschildert hat. So spielet z. E. Er selbst die Zitter, Tintoretto die Flöte, und der alte Titiano streichet die Baß= Geige p. Wie in übrigen dieser Paolo ein Liebhaber von Hun- den gewesen, und in seinen meisten Gemählden dergleichen angebracht, also sind auch hier deren 2 zu sehen. Es ist sonst das Closter S. Giorgio, Benedictiner Ordens, hier das reicheste, und lieget auf einer besonderen Insul. Die Mönche sind grösten theils Cavalieri Veneziani. Ihr Garten ist eine angenehme promenade, deren wir uns verschiedentlich bedienet haben. Ihre Bibliothec ist an geschnitzten, und mit Statuen besetzten repositoriis mehr zierlich, als an Büchern übrig Zahlreich. Doch verdienen folgende angemerckt zu werden:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/758
Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/758>, abgerufen am 24.11.2024.