Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].358 Nummer 69Den 12ten April Früh mit dem Tage traten wir unter Gottes Geleit die Reise von Rom nach Die 4te Post von Rom Civita Castellana ist ein kleines schlechtes Zwischen Civita Castellana und Otricoli läst man lincker Hand 358 Nummer 69Den 12ten April Früh mit dem Tage traten wir unter Gottes Geleit die Reise von Rom nach Die 4te Post von Rom Civita Castellana ist ein kleines schlechtes Zwischen Civita Castellana und Otricoli läst man lincker Hand <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <pb facs="#f0730"/> <fw type="folNum" place="top">358</fw><lb/> <metamark><choice><abbr>NO:</abbr><expan>Nummer</expan></choice> 69</metamark><lb/> <div type="diaryEntry"> <head rendition="#c"> Den 12<hi rendition="#sup"><hi rendition="#u">ten</hi></hi> April</head><lb/> <p> Früh mit dem Tage traten wir unter Gottes Geleit die Reise von Rom nach<lb/> Venedig an. Unser Auszug geschahe durch eben das Thor, durch welches wir<lb/> herein gekommen, nehmlich durch die Porta del Popolo, welche bey den<lb/> Römern <hi rendition="#u">Porta Flaminia</hi> hieß. Wir passireten ferner eine millie von<lb/> der Stadt, wie ebenfals bey der Anherkunfft geschehen, über die Tiber durch<lb/> den so genannten <hi rendition="#u">Ponte Molle</hi> oder Milvio, welches ohne Zweifel aus<lb/> AEmilio corrumpiret ist, weil diese Brücke AEmilius Scaurus erbauet<lb/> hat. Zwischen der Stadt und dieser Brücke ist die Bekannte Schlacht zwischen<lb/> Maxentio und Constantionio M. vorgegangen, welche diesem letzteren die<lb/> schöne triumphs-Pforte in Rom zu Wege gebracht hat. Gleich hinter der<lb/> Brücke verließen wir unsern ehemaligen Florentinischen Weg, der bey den<lb/> Römern <hi rendition="#u">via Cassia</hi> hieß, schlugen uns rechter <add place="superlinear">Hand</add> auf die <hi rendition="#u">viam Flaminiam</hi>,<lb/> welche nach Rimini führet, und davon hin und wieder das alte, dem Appi-<lb/> schen Wege gantz gleichkommende Pflaster ebenermaaßen noch vorhan-<lb/> den ist. Auf der 3<hi rendition="#sup"><hi rendition="#u">ten</hi></hi> Post hinter Rom siehet man den hohen Berg<lb/> rechter Hand liegen, welcher bey denen alten <hi rendition="#u">mons Faliscorum</hi> oder<lb/> auch Soracte hieß, und worauf dem Apollini alle Jahr ein sonderbares<lb/> Opfer gebracht wurde. Vid. Strabo. Aus Soracte ist vieleicht nach<lb/> her in denen Zeiten des christlichen Heydenthums S. Opeste gemacht<lb/> worden, denn von diesem vermuthlich niemals in der Welt gewesenen<lb/> Heiligen führet ietzo dieser Berg den Nahmen. Das darauf stehende<lb/> Closter hat Carolomamus S. Silvestro zu Ehren erbauet, dahero manche<lb/> auch den Berg Monte di S. Silvestro nennen.</p><lb/> <p> Die 4<hi rendition="#sup"><hi rendition="#u">te</hi></hi> Post von Rom <hi rendition="#u">Civita Castellana</hi> ist ein kleines schlechtes<lb/> Städtgen, auf einen sehr hohen Felsen gelegen, und wird vor das alte Fescennium<lb/> gehalten, welches die HauptStadt derer Faliscorum gewesen. Gleich hinter<lb/> der Stadt passiret man über die ungemein hohe massive Brücke, welche<lb/> Pabst Clemens der XI erbauet, und dadurch den Felsen, auf welchem<lb/> die Stadt stehet, mit dem gegenüber liegenden Berge dergestalt zu<lb/> connectiren, daß man gerade hinüber kommen kan, ohne erst<lb/> durch das sehr tiefe Thal zu passiren.</p><lb/> <p> Zwischen Civita Castellana und Otricoli läst man lincker Hand<lb/> in dem Thal, wo die Tiber fließet, ein weitläuffiges altes Gemäuer <metamark>A.</metamark><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0730]
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NO: 69
Den 12ten April
Früh mit dem Tage traten wir unter Gottes Geleit die Reise von Rom nach
Venedig an. Unser Auszug geschahe durch eben das Thor, durch welches wir
herein gekommen, nehmlich durch die Porta del Popolo, welche bey den
Römern Porta Flaminia hieß. Wir passireten ferner eine millie von
der Stadt, wie ebenfals bey der Anherkunfft geschehen, über die Tiber durch
den so genannten Ponte Molle oder Milvio, welches ohne Zweifel aus
AEmilio corrumpiret ist, weil diese Brücke AEmilius Scaurus erbauet
hat. Zwischen der Stadt und dieser Brücke ist die Bekannte Schlacht zwischen
Maxentio und Constantionio M. vorgegangen, welche diesem letzteren die
schöne triumphs-Pforte in Rom zu Wege gebracht hat. Gleich hinter der
Brücke verließen wir unsern ehemaligen Florentinischen Weg, der bey den
Römern via Cassia hieß, schlugen uns rechter Hand auf die viam Flaminiam,
welche nach Rimini führet, und davon hin und wieder das alte, dem Appi-
schen Wege gantz gleichkommende Pflaster ebenermaaßen noch vorhan-
den ist. Auf der 3ten Post hinter Rom siehet man den hohen Berg
rechter Hand liegen, welcher bey denen alten mons Faliscorum oder
auch Soracte hieß, und worauf dem Apollini alle Jahr ein sonderbares
Opfer gebracht wurde. Vid. Strabo. Aus Soracte ist vieleicht nach
her in denen Zeiten des christlichen Heydenthums S. Opeste gemacht
worden, denn von diesem vermuthlich niemals in der Welt gewesenen
Heiligen führet ietzo dieser Berg den Nahmen. Das darauf stehende
Closter hat Carolomamus S. Silvestro zu Ehren erbauet, dahero manche
auch den Berg Monte di S. Silvestro nennen.
Die 4te Post von Rom Civita Castellana ist ein kleines schlechtes
Städtgen, auf einen sehr hohen Felsen gelegen, und wird vor das alte Fescennium
gehalten, welches die HauptStadt derer Faliscorum gewesen. Gleich hinter
der Stadt passiret man über die ungemein hohe massive Brücke, welche
Pabst Clemens der XI erbauet, und dadurch den Felsen, auf welchem
die Stadt stehet, mit dem gegenüber liegenden Berge dergestalt zu
connectiren, daß man gerade hinüber kommen kan, ohne erst
durch das sehr tiefe Thal zu passiren.
Zwischen Civita Castellana und Otricoli läst man lincker Hand
in dem Thal, wo die Tiber fließet, ein weitläuffiges altes Gemäuer A.
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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