Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].320 Nummer 63.Der 24te Februar wurde zur Reise nach Puzznolo und Besichtigung der dortigen 1.) Den Lago Agnano, welcher ohngefähr eine Italiänische Meile 320 Nummer 63.Der 24te Februar wurde zur Reise nach Puzznolo und Besichtigung der dortigen 1.) Den Lago Agnano, welcher ohngefähr eine Italiänische Meile <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <pb facs="#f0654"/> <fw type="folNum" place="top">320</fw><lb/> <metamark><choice><abbr>N<hi rendition="#sup"><hi rendition="#u">o</hi></hi></abbr><expan>Nummer</expan></choice> 63.</metamark><lb/> <div type="diaryEntry"> <head rendition="#c">Der 24<hi rendition="#sup"><hi rendition="#u">te</hi></hi> <choice><abbr>Fe<del rendition="#s">br</del>:</abbr><expan>Februar</expan></choice></head><lb/> <p> wurde zur Reise nach Puzznolo und Besichtigung der dortigen<lb/> gantzen Gegend angewendet. Gleich bey dem Ende der <add place="superlinear">Neapolitanischen</add> Vorstadt passiret<lb/> man durch die bekante Grotte <hi rendition="#u">Pausilypus</hi> genannt, welches man<lb/> auf teutsch Sorgen-Ruh übersetzen könte. Denn auf diesem Berge, unter<lb/> welchem die Grotte hindurch gehet, soll einer von denen <choice><abbr>Römil:</abbr><expan>Römischen</expan></choice> Kaysern<lb/> ein lustiges Land-Haus gehabt, und demselben gedachten Nahmen bey-<lb/> geleget haben. Die Grotte ist theils durch den Felsen, theils durch<lb/> Tuf ziemlich hoch und breit hindurch gehauen, auch wohl gepflastert,<lb/> und haben wir dieselbe, ohnerachtet sie ½ Italiänische millie lang<lb/> ist, so finster und abscheulich nicht gefunden, als Seneca sie be-<lb/> schreibet, weil nicht nur der Ein= und Ausgang, sondern auch<lb/> ein paar oben durch den Felß gebrochene Löcher so viel Licht<lb/> geben, als man höchst nothdürftig gebrauchet. Eben so wenig<lb/> hat uns der in manchen Reise-Büchern so abscheulich be-<lb/> schriebene Staub incommodiret, wiewol derselbe zur Sommers-Zeit<lb/> allerdings mercklich stärcker seyn mag. Was die Römer bewogen,<lb/> diese Passage zu verfertigen, da doch der Weg mit geringern<lb/> Kosten über den Berg oder an demselben hätte hinweg geführet<lb/> werden können, das kan man nicht eigentlich sagen. Vielleicht<lb/> ist man auch nur erst ex post auf diesen Einfall gerathen,<lb/> nachdem <choice><abbr>nehml:</abbr><expan>nehmlich</expan></choice> Anfangs es nur auf einen Steinbruch ange-<lb/> sehen gewesen, und man zu diesem Zweck schon weit in<lb/> den Berg hinein avanciret gehabt. Oben über dieser Grotte<lb/> auf dem Berge stehet das vorgegebene <hi rendition="#u">Grabmal Virgilii</hi>, wel-<lb/> ches aber durch mühsames hinaufsteigen zu besichtigen, wir<lb/> uns die Mühe nicht geben wollen, weil wohl gewiß ist,<lb/> daß dieser große Poet auf der andern Seite der Stadt gegen<lb/> dem Vesuvium zu seine Grab-Stäte gefunden. Ohngefähr<lb/> auf dem halben Wege nach Puzzuolo seitwärts gelanget<lb/> man in ein Thal, und siehet folgende Merckwürdigkeiten:</p><lb/> <p> 1.) Den <hi rendition="#u">Lago Agnano</hi>, welcher ohngefähr eine Italiänische Meile<lb/> im Umfang hat, und mit kleinen Täuchern und andern<lb/> Waßer-Vögeln reichlich besetzet ist, welche zu schießen der<lb/> König zuweilen hieher kommt, und deswegen etliche barquen<lb/> darauf stehen hat. Das Waßer dieses Sees sprudelt an sehr<lb/> vielen Orten ein paar Zoll hoch in die Höhe, man spühret<lb/> aber in solchen Sprudeln nicht die geringste Wärme.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0654]
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No 63.
Der 24te Fe:
wurde zur Reise nach Puzznolo und Besichtigung der dortigen
gantzen Gegend angewendet. Gleich bey dem Ende der Neapolitanischen Vorstadt passiret
man durch die bekante Grotte Pausilypus genannt, welches man
auf teutsch Sorgen-Ruh übersetzen könte. Denn auf diesem Berge, unter
welchem die Grotte hindurch gehet, soll einer von denen Römil: Kaysern
ein lustiges Land-Haus gehabt, und demselben gedachten Nahmen bey-
geleget haben. Die Grotte ist theils durch den Felsen, theils durch
Tuf ziemlich hoch und breit hindurch gehauen, auch wohl gepflastert,
und haben wir dieselbe, ohnerachtet sie ½ Italiänische millie lang
ist, so finster und abscheulich nicht gefunden, als Seneca sie be-
schreibet, weil nicht nur der Ein= und Ausgang, sondern auch
ein paar oben durch den Felß gebrochene Löcher so viel Licht
geben, als man höchst nothdürftig gebrauchet. Eben so wenig
hat uns der in manchen Reise-Büchern so abscheulich be-
schriebene Staub incommodiret, wiewol derselbe zur Sommers-Zeit
allerdings mercklich stärcker seyn mag. Was die Römer bewogen,
diese Passage zu verfertigen, da doch der Weg mit geringern
Kosten über den Berg oder an demselben hätte hinweg geführet
werden können, das kan man nicht eigentlich sagen. Vielleicht
ist man auch nur erst ex post auf diesen Einfall gerathen,
nachdem nehml: Anfangs es nur auf einen Steinbruch ange-
sehen gewesen, und man zu diesem Zweck schon weit in
den Berg hinein avanciret gehabt. Oben über dieser Grotte
auf dem Berge stehet das vorgegebene Grabmal Virgilii, wel-
ches aber durch mühsames hinaufsteigen zu besichtigen, wir
uns die Mühe nicht geben wollen, weil wohl gewiß ist,
daß dieser große Poet auf der andern Seite der Stadt gegen
dem Vesuvium zu seine Grab-Stäte gefunden. Ohngefähr
auf dem halben Wege nach Puzzuolo seitwärts gelanget
man in ein Thal, und siehet folgende Merckwürdigkeiten:
1.) Den Lago Agnano, welcher ohngefähr eine Italiänische Meile
im Umfang hat, und mit kleinen Täuchern und andern
Waßer-Vögeln reichlich besetzet ist, welche zu schießen der
König zuweilen hieher kommt, und deswegen etliche barquen
darauf stehen hat. Das Waßer dieses Sees sprudelt an sehr
vielen Orten ein paar Zoll hoch in die Höhe, man spühret
aber in solchen Sprudeln nicht die geringste Wärme.
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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