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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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vortreflicher Prospect auf die Tiber hinunter und über einen guten Theil der Stadt Rom.
Das große Dominicaner Closter Sainte Sabina ist deswegen merckwürdig, weil es die ehemaligen
Päbste über 80 Jahre bewohnet haben, Pabst Pius V auch selbst darinnen ein Mönch gewesen
als deßen Zelle ietzt in eine saubere Capelle verwandelt, und folgende Inscription
über die Thüre gesetzet ist.

Hanc Pius incoluit quondam Sanctissimus aedem:
Nunc Pius hic cotitur, tu cole qui pius es.

Ein ander Behältniß ist gleichfals in eine Capelle verwandelt, weil sichs eins mal gefüget,
daß die drey großen Mönch-Patriarchen Dominicus, Franciscus, und Angelus
Carmelita
eine Nacht in derselben beysammen logiret, wie man denn über der Niche
des Altars folgende Schrift lieset. attend eadvena. hic olim Sanctissimi viri
Dominicus, Franciscus, Angelus Carmelita in divinis colloquiis vigiles per-
nostarunt. Sonderlich hat Dominicus sich öfters hier aufgehalten, und zeiget man me
nicht nur in dem Closter Garten einen bis dato noch fruchtbahren Stangen Baum, welchen er mit eigner Hand ge
pflantzet haben soll, und davon man uns 3 Früchte zum praesent überreichte, son-
dern man lieset auch in einer Vor=Halle zwischen der Kirche und dem Closter ver-
schiedene lateinische Nachrichten von seinem an dieser und iener Stelle gehabten Offenbah-
rungen auf die Mauer geschrieben. Eine davon ist des Innhalts, daß er den Himmel
offen, und die Jungfrau Maria mit einem großen ausgebreiteten Mantel, unter dem
selben aber, als unter einem Gezelt, den großen Haufen seiner gestifteten Ordens=
Brüder beysammen gesehen habe, wobey der Herr Christus ohnabläßig ihn zum
sehen ermahnet, und mit dem Finger dahin gewiesen. In der Kirche des Closters
liegt ein schwartzer harter Stein, welcher vermittelst einer Kette auf einem Posta
ment feste gemacht, und die Nachricht dabey zu lesen ist, daß der Teufel diesen
Stein nach dem Heiligen Dominico geworffen habe, als er in dieser Kirche gebetet, welches
ihn aber in seiner Inbrunst so wenig gestöret, daß er sich nicht einmahl umgesehen
sondern sein Gebet ohne Interruption zu Ende gebracht. Die Begräbniß=
Capelle eines Cardinals aus dem Gräflichen Hause Iley von Sienna ist in die-
ser Kirche die schönste, und mit sehr feinem bunten Marmor incrustiret.

Der Tempel Romuli und Remi, welcher ietzo in eine Kirche Saint Theodori Martyris
Verwandelt ist, hat eine runde Figur. Das Gemäuer ist von Back-Steinen
und nicht zu unterscheiden, was daran alt, oder neu sey.

Der Kirchhof der hiesigen Juden, welchen wir en passant beschauten, ist eine
Art des Weinberges. Weil sie eben einen Todten begraben hatten, so fanden wir
eine ziemliche Anzahl dieser hier recht pauvren Leute beysammen, welche sich bey
einem Labe-Trunck verlustigten, und denen Bettlern eben so gut, als deren banditsähnlich sahen. Abends wur-
den wir durch den Mylord Dumbard abgeholet, und zu der Princesse Borghese
geführet, welche wir zwar in dem Englischen Hause schon kennen lernen, doch aber
an sie noch nicht in Specie praesentiret waren. Sie hat alle Abend eine

vortreflicher Prospect auf die Tiber hinunter und über einen guten Theil der Stadt Rom.
Das große Dominicaner Closter Sainte Sabina ist deswegen merckwürdig, weil es die ehemaligen
Päbste über 80 Jahre bewohnet haben, Pabst Pius V auch selbst darinnen ein Mönch gewesen
als deßen Zelle ietzt in eine saubere Capelle verwandelt, und folgende Inscription
über die Thüre gesetzet ist.

Hanc Pius incoluit quondam Sanctissimus aedem:
Nunc Pius hic cotitur, tu cole qui pius es.

Ein ander Behältniß ist gleichfals in eine Capelle verwandelt, weil sichs eins mal gefüget,
daß die drey großen Mönch-Patriarchen Dominicus, Franciscus, und Angelus
Carmelita
eine Nacht in derselben beysammen logiret, wie man denn über der Niche
des Altars folgende Schrift lieset. attend eadvena. hic olim Sanctissimi viri
Dominicus, Franciscus, Angelus Carmelita in divinis colloquiis vigiles per-
nostarunt. Sonderlich hat Dominicus sich öfters hier aufgehalten, und zeiget man me
nicht nur in dem Closter Garten einen bis dato noch fruchtbahren Stangen Baum, welchen er mit eigner Hand ge
pflantzet haben soll, und davon man uns 3 Früchte zum praesent überreichte, son-
dern man lieset auch in einer Vor=Halle zwischen der Kirche und dem Closter ver-
schiedene lateinische Nachrichten von seinem an dieser und iener Stelle gehabten Offenbah-
rungen auf die Mauer geschrieben. Eine davon ist des Innhalts, daß er den Himmel
offen, und die Jungfrau Maria mit einem großen ausgebreiteten Mantel, unter dem
selben aber, als unter einem Gezelt, den großen Haufen seiner gestifteten Ordens=
Brüder beysammen gesehen habe, wobey der Herr Christus ohnabläßig ihn zum
sehen ermahnet, und mit dem Finger dahin gewiesen. In der Kirche des Closters
liegt ein schwartzer harter Stein, welcher vermittelst einer Kette auf einem Posta
ment feste gemacht, und die Nachricht dabey zu lesen ist, daß der Teufel diesen
Stein nach dem Heiligen Dominico geworffen habe, als er in dieser Kirche gebetet, welches
ihn aber in seiner Inbrunst so wenig gestöret, daß er sich nicht einmahl umgesehen
sondern sein Gebet ohne Interruption zu Ende gebracht. Die Begräbniß=
Capelle eines Cardinals aus dem Gräflichen Hause Iley von Sienna ist in die-
ser Kirche die schönste, und mit sehr feinem bunten Marmor incrustiret.

Der Tempel Romuli und Remi, welcher ietzo in eine Kirche Saint Theodori Martyris
Verwandelt ist, hat eine runde Figur. Das Gemäuer ist von Back-Steinen
und nicht zu unterscheiden, was daran alt, oder neu sey.

Der Kirchhof der hiesigen Juden, welchen wir en passant beschauten, ist eine
Art des Weinberges. Weil sie eben einen Todten begraben hatten, so fanden wir
eine ziemliche Anzahl dieser hier recht pauvren Leute beysammen, welche sich bey
einem Labe-Trunck verlustigten, und denen Bettlern eben so gut, als deren banditsähnlich sahen. Abends wur-
den wir durch den Mylord Dumbard abgeholet, und zu der Princesse Borghese
geführet, welche wir zwar in dem Englischen Hause schon kennen lernen, doch aber
an sie noch nicht in Specie praesentiret waren. Sie hat alle Abend eine

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[0639] vortreflicher Prospect auf die Tiber hinunter und über einen guten Theil der Stadt Rom. Das große Dominicaner Closter S. Sabina ist deswegen merckwürdig, weil es die ehemaligen Päbste über 80 Jahre bewohnet haben, Pabst Pius V auch selbst darinnen ein Mönch gewesen als deßen Zelle ietzt in eine saubere Capelle verwandelt, und folgende Inscription über die Thüre gesetzet ist. Hanc Pius incoluit quondam Sanctissimus aedem: Nunc Pius hic cotitur, tu cole qui pius es. Ein ander Behältniß ist gleichfals in eine Capelle verwandelt, weil sichs eins mal gefüget, daß die drey großen Mönch-Patriarchen Dominicus, Franciscus, und Angelus Carmelita eine Nacht in derselben beysammen logiret, wie man denn über der Niche des Altars folgende Schrift lieset. attend eadvena. hic olim Sanctissimi viri Dominicus, Franciscus, Angelus Carmelita in divinis colloquiis vigiles per- nostarunt. Sonderlich hat Dominicus sich öfters hier aufgehalten, und zeiget man nicht nur in dem Closter Garten einen bis dato noch fruchtbahren Stangen Baum, welchen er mit eigner Hand ge pflantzet haben soll, und davon man uns 3 Früchte zum praesent überreichte, son- dern man lieset auch in einer Vor=Halle zwischen der Kirche und dem Closter ver- schiedene lateinische Nachrichten von seinem an dieser und iener Stelle gehabten Offenbah- rungen auf die Mauer geschrieben. Eine davon ist des Innhalts, daß er den Himmel offen, und die Jungfr. Maria mit einem großen ausgebreiteten Mantel, unter dem selben aber, als unter einem Gezelt, den großen Haufen seiner gestifteten Ordens= Brüder beysammen gesehen habe, wobey der Herr Christus ohnabläßig ihn zum sehen ermahnet, und mit dem Finger dahin gewiesen. In der Kirche des Closters liegt ein schwartzer harter Stein, welcher vermittelst einer Kette auf einem Posta ment feste gemacht, und die Nachricht dabey zu lesen ist, daß der Teufel diesen Stein nach dem H. Dominico geworffen habe, als er in dieser Kirche gebetet, welches ihn aber in seiner Inbrunst so wenig gestöret, daß er sich nicht einmahl umgesehen sondern sein Gebet ohne Interruption zu Ende gebracht. Die Begräbniß= Capelle eines Cardinals aus dem Gräfl. Hause Iley von Siena ist in die- ser Kirche die schönste, und mit sehr feinem bunten Marmor incrustiret. Der Tempel Romuli und Remi, welcher ietzo in eine Kirche S. Theodori Martyris Verwandelt ist, hat eine runde Figur. Das Gemäuer ist von Back-Steinen und nicht zu unterscheiden, was daran alt, oder neu sey. Der Kirchhof der hiesigen Juden, welchen wir en passant beschauten, ist eine Art des Weinberges. Weil sie eben einen Todten begraben hatten, so fanden wir eine ziemliche Anzahl dieser hier recht pauvren Leute beysammen, welche sich bey einem Labe-Trunck verlustigten, und denen Bettlern eben so gut, als deren banditsähnlich sahen. Abends wur- den wir durch den Mylord Dumbard abgeholet, und zu der Princesse Borghese geführet, welche wir zwar in dem Englii Hause schon kennen lernen, doch aber an sie noch nicht in Specie praesentiret waren. Sie hat alle Abend eine

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/639>, abgerufen am 27.11.2024.