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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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leere Wagen, mit 6 Schimmeln bespannet, deren Geschirre von rothem
Sammet und mit verguldetem Beschläge besetzet waren. Kutscher und Vor-
reuter hatten entblößete Häupter, und ritt der erste a l'Espagnole auf dem
Stangen-Pferde. Den endl:n Schluß des Zuges machten die Compagnien derer
cheveaux legers und derer Curassiers. Jene führen anstatt des Ober-Gewehrs
kleine Lantzen, welche oben mit einem roth und gelben Fähnlein ver-
sehen sind, diese aber reiten mit entblößten breiten Degen. Die
Feld-music mit Trompeten und Paucken ist dabey auch vorhanden, und
wenn der Pabst sich dem Platz der Peters-Kirche nähert, so werden
nicht nur die Glocken geläutet, sondern auch die Canonen auf der
Engelsburg gelöset, welches Castel auch heute mit 4 großen aufge-
steckten bannieren aufgeputzet war. Nachdem wir diesem Aufzuge
in einem Carmeliter Closter zu gesehen, begaben wir uns nach der
Peters-Kirche, woselbst der Pabst in einer Neben-Capelle noch mit
Anlegung des Kirchen-Schmucks beschäfftiget war. So oft der Pabst einer
Function in dieser Kirche beywohnet, oder solche selbst verrichtet, ge-
schiehet solches nicht im freyen, sondern in einem großen von
Bretern aufgerichteten, inwendig aus tapezirten, und oben mit
großen Teppichen überhangenen Verschlage, welcher auf 3 Seiten
zugemacht, forne aber, nach dem über Petri und Pauli Grabe stehen-
den Altar zu, offen ist. Diesem Altar und der Oeffnung gegen
über au fond des gedachten großen Verschlages ist der Päbstl: Thron
und zu beyden Seiten das Gestühle derer Cardinäle. Es darf auf
diesem Altare sonst Niemand, als der Pabst selbst, Meße lesen,
es gäbe dem derselbe dazu eine schrifftl: Special-Permission, welche
auf Pergament geschrieben, und mit dem gewöhnln bleyernen Siegel
versehen, zur Seite des Altars in Originali aufgehänget wird,
wie solche auch dismal, da der Cardinal Tencin die Meße lesen
solte, hier zu sehen war. Dieser unser Gönner kam deswegen
in Pontificalibus und mit der großen Bischofs-Mütze zuerst
in den Verschlag, grüßete uns auch im Vorbey gehen sehr freundich,
sodann fanden sich die übrigen Cardinäle, und endl: auch der
Pabst auf denen Schultern getragen ein, stieg vor dem Altar
ab, und begab sich nach verrichtetem Gebet auf seinen Thron.
Wir hielten indeßen die Zeit des Niederfallens ab zu warten
nicht rathsam, sondern begaben uns bald in das Weite der
Kirchen, um in deren Besichtigung fort zu fahren, hatten aber
auch Gelegenheit über die besondre Petrinische Deuotion der
hiesigen Einwohner unsre Reflexiones zu machen. Es sitzet
nehml: an dieser Kirche an einem Pilaster, auf einem ohnge-
fähr 2 Ellen hohen Stuhl von Marmor, die Statua des Apostels
Petri von bronce, welche in der lincken Hand d[unleserliches Material]en Schlüßel hält,
die rechte aber zum seegnen in die Höhe hebet, und den rechten Fuß

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leere Wagen, mit 6 Schimmeln bespannet, deren Geschirre von rothem
Sammet und mit verguldetem Beschläge besetzet waren. Kutscher und Vor-
reuter hatten entblößete Häupter, und ritt der erste á l'Espagnole auf dem
Stangen-Pferde. Den endl:n Schluß des Zuges machten die Compagnien derer
cheveaux legers und derer Curassiers. Jene führen anstatt des Ober-Gewehrs
kleine Lantzen, welche oben mit einem roth und gelben Fähnlein ver-
sehen sind, diese aber reiten mit entblößten breiten Degen. Die
Feld-music mit Trompeten und Paucken ist dabey auch vorhanden, und
wenn der Pabst sich dem Platz der Peters-Kirche nähert, so werden
nicht nur die Glocken geläutet, sondern auch die Canonen auf der
Engelsburg gelöset, welches Castel auch heute mit 4 großen aufge-
steckten bannieren aufgeputzet war. Nachdem wir diesem Aufzuge
in einem Carmeliter Closter zu gesehen, begaben wir uns nach der
Peters-Kirche, woselbst der Pabst in einer Neben-Capelle noch mit
Anlegung des Kirchen-Schmucks beschäfftiget war. So oft der Pabst einer
Function in dieser Kirche beywohnet, oder solche selbst verrichtet, ge-
schiehet solches nicht im freyen, sondern in einem großen von
Bretern aufgerichteten, inwendig aus tapezirten, und oben mit
großen Teppichen überhangenen Verschlage, welcher auf 3 Seiten
zugemacht, forne aber, nach dem über Petri und Pauli Grabe stehen-
den Altar zu, offen ist. Diesem Altar und der Oeffnung gegen
über au fond des gedachten großen Verschlages ist der Päbstl: Thron
und zu beyden Seiten das Gestühle derer Cardinäle. Es darf auf
diesem Altare sonst Niemand, als der Pabst selbst, Meße lesen,
es gäbe dem derselbe dazu eine schrifftl: Special-Permission, welche
auf Pergament geschrieben, und mit dem gewöhnln bleyernen Siegel
versehen, zur Seite des Altars in Originali aufgehänget wird,
wie solche auch dismal, da der Cardinal Tencin die Meße lesen
solte, hier zu sehen war. Dieser unser Gönner kam deswegen
in Pontificalibus und mit der großen Bischofs-Mütze zuerst
in den Verschlag, grüßete uns auch im Vorbey gehen sehr freundich,
sodann fanden sich die übrigen Cardinäle, und endl: auch der
Pabst auf denen Schultern getragen ein, stieg vor dem Altar
ab, und begab sich nach verrichtetem Gebet auf seinen Thron.
Wir hielten indeßen die Zeit des Niederfallens ab zu warten
nicht rathsam, sondern begaben uns bald in das Weite der
Kirchen, um in deren Besichtigung fort zu fahren, hatten aber
auch Gelegenheit über die besondre Petrinische Deuotion der
hiesigen Einwohner unsre Reflexiones zu machen. Es sitzet
nehml: an dieser Kirche an einem Pilaster, auf einem ohnge-
fähr 2 Ellen hohen Stuhl von Marmor, die Statua des Apostels
Petri von bronce, welche in der lincken Hand d[unleserliches Material]en Schlüßel hält,
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[0606] 296 leere Wagen, mit 6 Schimmeln bespannet, deren Geschirre von rothem Sammet und mit verguldetem Beschläge besetzet waren. Kutscher und Vor- reuter hatten entblößete Häupter, und ritt der erste á l'Espagnole auf dem Stangen-Pferde. Den endl:n Schluß des Zuges machten die Compagnien derer cheveaux legers und derer Curassiers. Jene führen anstatt des Ober-Gewehrs kleine Lantzen, welche oben mit einem roth und gelben Fähnlein ver- sehen sind, diese aber reiten mit entblößten breiten Degen. Die Feld-music mit Trompeten und Paucken ist dabey auch vorhanden, und wenn der Pabst sich dem Platz der Peters-Kirche nähert, so werden nicht nur die Glocken geläutet, sondern auch die Canonen auf der Engelsburg gelöset, welches Castel auch heute mit 4 großen aufge- steckten bannieren aufgeputzet war. Nachdem wir diesem Aufzuge in einem Carmeliter Closter zu gesehen, begaben wir uns nach der Peters-Kirche, woselbst der Pabst in einer Neben-Capelle noch mit Anlegung des Kirchen-Schmucks beschäfftiget war. So oft der Pabst einer Function in dieser Kirche beywohnet, oder solche selbst verrichtet, ge- schiehet solches nicht im freyen, sondern in einem großen von Bretern aufgerichteten, inwendig aus tapezirten, und oben mit großen Teppichen überhangenen Verschlage, welcher auf 3 Seiten zugemacht, forne aber, nach dem über Petri und Pauli Grabe stehen- den Altar zu, offen ist. Diesem Altar und der Oeffnung gegen über au fond des gedachten großen Verschlages ist der Päbstl: Thron und zu beyden Seiten das Gestühle derer Cardinäle. Es darf auf diesem Altare sonst Niemand, als der Pabst selbst, Meße lesen, es gäbe dem derselbe dazu eine schrifftl: Special-Permission, welche auf Pergament geschrieben, und mit dem gewöhnln bleyernen Siegel versehen, zur Seite des Altars in Originali aufgehänget wird, wie solche auch dismal, da der Cardinal Tencin die Meße lesen solte, hier zu sehen war. Dieser unser Gönner kam deswegen in Pontificalibus und mit der großen Bischofs-Mütze zuerst in den Verschlag, grüßete uns auch im Vorbey gehen sehr freundich, sodann fanden sich die übrigen Cardinäle, und endl: auch der Pabst auf denen Schultern getragen ein, stieg vor dem Altar ab, und begab sich nach verrichtetem Gebet auf seinen Thron. Wir hielten indeßen die Zeit des Niederfallens ab zu warten nicht rathsam, sondern begaben uns bald in das Weite der Kirchen, um in deren Besichtigung fort zu fahren, hatten aber auch Gelegenheit über die besondre Petrinische Deuotion der hiesigen Einwohner unsre Reflexiones zu machen. Es sitzet nehml: an dieser Kirche an einem Pilaster, auf einem ohnge- fähr 2 Ellen hohen Stuhl von Marmor, die Statua des Apostels Petri von bronce, welche in der lincken Hand den Schlüßel hält, die rechte aber zum seegnen in die Höhe hebet, und den rechten Fuß

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/606>, abgerufen am 27.11.2024.