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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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also, daß an ihm keine Ader von Hochmut, vom Nepotismo und von
eignem Interesse sey, meinte auch, wenn man diese 3 Stücke bey einem
geistlichen fände, so könne man die Augen zudrücken, und getrost sagen:
voila un home de bien. Wie er ferner erzehlete, so habe der Pabst ohn-
längst zu ihm gesagt, ein Bischthum werde ihn doch gantz wohl accommo-
diren, er aber darauf geantwortet: io faro come il Papa e daro tutte
le rendite ai poveri, non pigliando piu per me stesso, ch' il necessario.
Er moralisirte dabey über diejenigen, welche sich reiche Einkünffte
wünschten um desto mehr gutes zu thun, als welcher Wunsch entweder
ein Praetext der Haabseeligkeit, oder doch wenigstens eine bloße chi-
mere sey, indem Gott nicht mehr von einem fodern könne, als
er ihm anvertrauet habe, welches er nach seiner lebhafften Art also
ausdruckte, daß, wenn Gott ihn dermahleinst fragen solte, warum
er nicht reichlicher Allmosen gegeben, seine Antwort sodann seyn
würde: Se voi haveste dato piu a me, io havrei dato piu ai poveri.
Dem hiesigen König von Engelland ist gleichfals die Cour gemachet,
aus seinen discoursen aber nichts angemercket worden, das die
Mühe des Schreibens belohnete. Indeßen bezeiget er sich immer sehr
gnädig, und sind wir in seinem Palais allezeit willkommen.
Die in diesen Tagen besichtigten Antiquitaeten und andre Merck-
würdigkeiten sind kürtzlich folgende:

Ein Tempel der Minervae Medicae in der vigna di Bentivoglio,
welche ietzo dem Marchese Magnani gehöret. Besagter Tempel ist
rund und hat 9 große Nichen, außer dem Eingange, auch über
denenselben eben so viel Fenster-Oeffnungen, und ist das Ge-
wölbe noch ziemlich gantz. In eben diesem Weinberge sind unter
der Erden zwey vollkommen wohl conservirte Begräbniß-Gewöl-
ber derer alten Römer. Das eine hat ohngefähr folgende
Grund-Lage

[Abbildung]

ist 4 bis 5 Ellen hoch von Mauer-Steinen ausgewölbet, und die Mauer
fast 3 Finger dicke mit Eisen-festem Gipß, unter welchen kleine
Ziegel-Steine gestoßen sind, noch an vielen Orten überzogen,
sonderlich in dem Gange (a), woselbst so gar die mit sehr feiner
und legerer Stuccatur-Arbeit gezierte Decke annoch unversehrt ist.
Es bestehen diese Stucco Zie[unleserliches Material]ra[unleserliches Material]den aus Laubwerck und verschiedenen

also, daß an ihm keine Ader von Hochmut, vom Nepotismo und von
eignem Interesse sey, meinte auch, wenn man diese 3 Stücke bey einem
geistlichen fände, so könne man die Augen zudrücken, und getrost sagen:
voila un home de bien. Wie er ferner erzehlete, so habe der Pabst ohn-
längst zu ihm gesagt, ein Bischthum werde ihn doch gantz wohl accommo-
diren, er aber darauf geantwortet: io faro come il Papa e daro tutte
le rendite ai poveri, non pigliando piu per me stesso, ch' il necessario.
Er moralisirte dabey über diejenigen, welche sich reiche Einkünffte
wünschten um desto mehr gutes zu thun, als welcher Wunsch entweder
ein Praetext der Haabseeligkeit, oder doch wenigstens eine bloße chi-
mere sey, indem Gott nicht mehr von einem fodern könne, als
er ihm anvertrauet habe, welches er nach seiner lebhafften Art also
ausdruckte, daß, wenn Gott ihn dermahleinst fragen solte, warum
er nicht reichlicher Allmosen gegeben, seine Antwort sodann seyn
würde: Se voi haveste dato piu a me, io havrei dato piu ai poveri.
Dem hiesigen König von Engelland ist gleichfals die Cour gemachet,
aus seinen discoursen aber nichts angemercket worden, das die
Mühe des Schreibens belohnete. Indeßen bezeiget er sich immer sehr
gnädig, und sind wir in seinem Palais allezeit willkommen.
Die in diesen Tagen besichtigten Antiquitaeten und andre Merck-
würdigkeiten sind kürtzlich folgende:

Ein Tempel der Minervae Medicae in der vigna di Bentivoglio,
welche ietzo dem Marchese Magnani gehöret. Besagter Tempel ist
rund und hat 9 große Nichen, außer dem Eingange, auch über
denenselben eben so viel Fenster-Oeffnungen, und ist das Ge-
wölbe noch ziemlich gantz. In eben diesem Weinberge sind unter
der Erden zwey vollkommen wohl conservirte Begräbniß-Gewöl-
ber derer alten Römer. Das eine hat ohngefähr folgende
Grund-Lage

[Abbildung]

ist 4 bis 5 Ellen hoch von Mauer-Steinen ausgewölbet, und die Mauer
fast 3 Finger dicke mit Eisen-festem Gipß, unter welchen kleine
Ziegel-Steine gestoßen sind, noch an vielen Orten überzogen,
sonderlich in dem Gange (a), woselbst so gar die mit sehr feiner
und legerer Stuccatur-Arbeit gezierte Decke annoch unversehrt ist.
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[0597] also, daß an ihm keine Ader von Hochmut, vom Nepotismo und von eignem Interesse sey, meinte auch, wenn man diese 3 Stücke bey einem geistl:n fände, so könne man die Augen zudrücken, und getrost sagen: voila un home de bien. Wie er ferner erzehlete, so habe der Pabst ohn- längst zu ihm gesagt, ein Bischthum werde ihn doch gantz wohl accommo- diren, er aber darauf geantwortet: io faro come il Papa e daro tutte le rendite ai poveri, non pigliando piu per me stesso, ch' il necessario. Er moralisirte dabey über diejenigen, welche sich reiche Einkünffte wünschten um desto mehr gutes zu thun, als welcher Wunsch entweder ein Praetext der Haabseeligkeit, oder doch wenigsten eine bloße chi- mere sey, indem Gott nicht mehr von einem fodern könne, als er ihm anvertrauet habe, welches er nach seiner lebhafften Art also ausdruckte, daß, wenn Gott ihn dermahleinst fragen solte, warum er nicht reichlicher Allmosen gegeben, seine Antwort sodann seyn würde: Se voi haveste dato piu a me, io havrei dato piu ai poveri. Dem hiesigen König von Engelland ist gleichfals die Cour gemachet, aus seinen discoursen aber nichts angemercket worden, das die Mühe des Schreibens belohnete. Indeßen bezeiget er sich immer sehr gnädig, und sind wir in seinem Palais allezeit willkommen. Die in diesen Tagen besichtigten Antiquitaeten und andre Merck- würdigkeiten sind kürtzlich folgende: Ein Tempel der Minervae Medicae in der vigna di Bentivoglio, welche ietzo dem Marchese Magnani gehöret. Besagter Tempel ist rund und hat 9 große Nichen, außer dem Eingange, auch über denenselben eben so viel Fenster-Oeffnungen, und ist das Ge- wölbe noch ziemlich gantz. In eben diesem Weinberge sind unter der Erden zwey vollkommen wohl conservirte Begräbniß-Gewöl- ber derer alten Römer. Das eine hat ohngefähr folgende Grund-Lage [Abbildung ] ist 4 bis 5 Ellen hoch von Mauer-Steinen ausgewölbet, und die Mauer fast 3 Finger dicke mit Eisen-festem Gipß, unter welchen kleine Ziegel-Steine gestoßen sind, noch an vielen Orten überzogen, sonderl: in dem Gange (a), woselbst so gar die mit sehr feiner und legerer Stuccatur-Arbeit gezierte Decke annoch unversehrt ist. Es bestehen diese Stucco Zieraden aus Laubwerck und verschiedenen

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/597>, abgerufen am 21.11.2024.