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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Säulen und zwischen denenselben an der breiten architrave ein großes
Schild, worauf diese Göttin in Lebens-Größe en bas relief ausgehauen ist,
daß also vermuthlich hier der Haupt-Eingang gewesen, welcher aber ietziger
Zeit in eine elende Gar-Küche führet. Eine hohe noch gantz unversehrte
und sehr lange Mauer nebst einem großen Thor von formidablen quader=
Stücken und 3 sehr großen Marmor-Säulen sind die reliquien entweder
von dem Foro oder von dem Tempel des Kaysers Nervae, gegenwärtig aber
ist eine Art eines Nonnen-Closters daran gebauet. Unter allen hiesigen
alt Römischen Gebäuden ist das eintzige noch gantz vorhandene das Welt bekante
Pantheon, von Agrippa erbauet und von denen Kaysern Septimio
Seuero
und Marco Aurelio repariret, wie die über dem Portal vor-
handene gedoppelte Inscription besaget. Weil indeßen dieses respectable
Gebäude unter dem Nahmen der Maria rotunda seiner Gestalt und
Beschaffenheit nach iedermann bekannt ist, so wollen wir hier davon
weiter nichts gedencken, als daß die beyden berühmten Mahler Raphael
Urbino
, iedoch, obgedachter maßen, ohne Kopf, und Annibal Caraccio hier
begraben liegen, wie denn ihre Brust-Bilder von weißem Marmor
in die Wand gesetzt und mit Inscriptionen auch lateinische Versen ver-
sehen sind. Unter ienem stehet:

Ille hic est Raphael, timuit que Sospite vinci
rerum magna Parens, et moriente mori.

Er gehöret sonst unter diejenigen, die an ihrem Geburts-Tage gestorben sind.
Jedoch es ist Zeit, mit der materie abzuwechseln, damit die Leser
über denen alten Colonnen und Mauren nicht allzu sehr ermüden. Das
hiesige Wunder der neuen Zeit die Peters-Kirche hat uns bey dem ersten
Anblick, sonderlich von außen, sehr frappiret, wie denn der große
Platz vor derselben und die zu beyden Seiten derselben bekleidende
4fache Colonnade etwas recht majestätisches hat. Das interieur mögte
man unsers Erachtens eine langsame Schönheit nennen, indem
der erste Anblick einen eben nicht verblendet, ie genauer man
aber alles ansiehet, ie mehr erstaunet man über die Kostbarkeit
derer marmornen Säulen und Incrustationen, die zum Theil mit
extra schönen bas reliefs gezieret sind. Alle Gemählde in denen
Rückstücken derer Altare sind vortreflich, aber nicht mit Farben,
sondern von mosaique verfertiget, iedoch noch nicht alle fertig.
Die Grabmale derer hier liegenden Päbste sind meistentheils
höchst splendide von bronce und Marmor. Das aller magnifiqueste
Stück aber ist der zu oberst in die Kirche placirte Päbstliche Stuhl
oder cathedra Petri, welchen die 4 Haupt-Patres der lateinischen Kirche,
und unter solchen Augustinus, vermittelst eines untergelegten
Tapets in die Höhe halten. Das gantze Werck ist von bronce überaus
prächtig und künstlich über die natürliche Größe verfertiget. Die
Schwedische Königin Christina liegt wieder ihren Willen hier begraben,
weil sie ihre Grabstädte in der Maria rotunda sich im Testament
bestimmt gehabt. Die letzt verstobene Königin von Engelland, wie
man nach hiesiger Mund-Art reden muß, ist ebenfals in diese

Säulen und zwischen denenselben an der breiten architrave ein großes
Schild, worauf diese Göttin in Lebens-Größe en bas relief ausgehauen ist,
daß also vermuthlich hier der Haupt-Eingang gewesen, welcher aber ietziger
Zeit in eine elende Gar-Küche führet. Eine hohe noch gantz unversehrte
und sehr lange Mauer nebst einem großen Thor von formidablen quader=
Stücken und 3 sehr großen Marmor-Säulen sind die reliquien entweder
von dem Foro oder von dem Tempel des Kaysers Nervae, gegenwärtig aber
ist eine Art eines Nonnen-Closters daran gebauet. Unter allen hiesigen
alt Römischen Gebäuden ist das eintzige noch gantz vorhandene das Welt bekante
Pantheon, von Agrippa erbauet und von denen Kaysern Septimio
Seuero
und Marco Aurelio repariret, wie die über dem Portal vor-
handene gedoppelte Inscription besaget. Weil indeßen dieses respectable
Gebäude unter dem Nahmen der Maria rotunda seiner Gestalt und
Beschaffenheit nach iedermann bekannt ist, so wollen wir hier davon
weiter nichts gedencken, als daß die beyden berühmten Mahler Raphael
Urbino
, iedoch, obgedachter maßen, ohne Kopf, und Annibal Caraccio hier
begraben liegen, wie denn ihre Brust-Bilder von weißem Marmor
in die Wand gesetzt und mit Inscriptionen auch lateinische Versen ver-
sehen sind. Unter ienem stehet:

Ille hic est Raphael, timuit que Sospite vinci
rerum magna Parens, et moriente mori.

Er gehöret sonst unter diejenigen, die an ihrem Geburts-Tage gestorben sind.
Jedoch es ist Zeit, mit der materie abzuwechseln, damit die Leser
über denen alten Colonnen und Mauren nicht allzu sehr ermüden. Das
hiesige Wunder der neuen Zeit die Peters-Kirche hat uns bey dem ersten
Anblick, sonderlich von außen, sehr frappiret, wie denn der große
Platz vor derselben und die zu beyden Seiten derselben bekleidende
4fache Colonnade etwas recht majestätisches hat. Das interieur mögte
man unsers Erachtens eine langsame Schönheit nennen, indem
der erste Anblick einen eben nicht verblendet, ie genauer man
aber alles ansiehet, ie mehr erstaunet man über die Kostbarkeit
derer marmornen Säulen und Incrustationen, die zum Theil mit
extra schönen bas reliefs gezieret sind. Alle Gemählde in denen
Rückstücken derer Altare sind vortreflich, aber nicht mit Farben,
sondern von mosaique verfertiget, iedoch noch nicht alle fertig.
Die Grabmale derer hier liegenden Päbste sind meistentheils
höchst splendide von bronce und Marmor. Das aller magnifiqueste
Stück aber ist der zu oberst in die Kirche placirte Päbstliche Stuhl
oder cathedra Petri, welchen die 4 Haupt-Patres der lateinischen Kirche,
und unter solchen Augustinus, vermittelst eines untergelegten
Tapets in die Höhe halten. Das gantze Werck ist von bronce überaus
prächtig und künstlich über die natürliche Größe verfertiget. Die
Schwedische Königin Christina liegt wieder ihren Willen hier begraben,
weil sie ihre Grabstädte in der Maria rotunda sich im Testament
bestimmt gehabt. Die letzt verstobene Königin von Engelland, wie
man nach hiesiger Mund-Art reden muß, ist ebenfals in diese

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[0551] Säulen und zwischen denenselben an der breiten architrave ein großes Schild, worauf diese Göttin in Lebens-Größe en bas relief ausgehauen ist, daß also vermuthlich hier der Haupt-Eingang gewesen, welcher aber ietziger Zeit in eine elende Gar-Küche führet. Eine hohe noch gantz unversehrte und sehr lange Mauer nebst einem großen Thor von formidablen quader= Stücken und 3 sehr großen Marmor-Säulen sind die reliquien entweder von dem Foro oder von dem Tempel des Kaysers Nervae, gegenwärtig aber ist eine Art eines Nonnen-Closters daran gebauet. Unter allen hiesigen alt Röml: Gebäuden ist das eintzige noch gantz vorhandene das Welt bekante Pantheon, von Agrippa erbauet und von denen Kaysern Septimio Seuero und Marco Aurelio repariret, wie die über dem Portal vor- handene gedoppelte Inscription besaget. Weil indeßen dieses respectable Gebäude unter dem Nahmen der Maria rotunda seiner Gestalt und Beschaffenheit nach iedermann bekannt ist, so wollen wir hier davon weiter nichts gedencken, als daß die beyden berühmten Mahler Raphael Urbino, iedoch, obgedachter maßen, ohne Kopf, und Annibal Caraccio hier begraben liegen, wie denn ihre Brust-Bilder von weißem Marmor in die Wand gesetzt und mit Inscriptionen auch lateinl: Versen ver- sehen sind. Unter ienem stehet: Ille hic est Raphael, timuit que Sospite vinci rerum magna Parens, et moriente mori. Er gehöret sonst unter diejenigen, die an ihrem Geburts-Tage gestorben sind. Jedoch es ist Zeit, mit der materie abzuwechseln, damit die Leser über denen alten Colonnen und Mauren nicht allzu sehr ermüden. Das hiesige Wunder der neuen Zeit die Peters-Kirche hat uns bey dem ersten Anblick, sonderl: von außen, sehr frappiret, wie denn der große Platz vor derselben und die zu beyden Seiten derselben bekleidende 4fache Colonnade etwas recht majestätisches hat. Das interieur mögte man unsers Erachtens eine langsame Schönheit nennen, indem der erste Anblick einen eben nicht verblendet, ie genauer man aber alles ansiehet, ie mehr erstaunet man über die Kostbarkeit derer marmornen Säulen und Incrustationen, die zum Theil mit extra schönen bas reliefs gezieret sind. Alle Gemählde in denen Rückstücken derer Altare sind vortreflich, aber nicht mit Farben, sondern von mosaique verfertiget, iedoch noch nicht alle fertig. Die Grabmale derer hier liegenden Päbste sind meistentheils höchst splendide von bronce und Marmor. Das aller magnifiqueste Stück aber ist der zu oberst in die Kirche placirte Päbstl: Stuhl oder cathedra Petri, welchen die 4 Haupt-Patres der lateinl: Kirche, und unter solchen Augustinus, vermittelst eines untergelegten Tapets in die Höhe halten. Das gantze Werck ist von bronce überaus prächtig und künstlich über die natürl: Größe verfertiget. Die Schwedische Königin Christina liegt wieder ihren Willen hier begraben, weil sie ihre Grabstädte in der Maria rotunda sich im Testament bestimmt gehabt. Die letzt verstobene Königin von Engelland, wie man nach hiesiger Mund-Art reden muß, ist ebenfals in diese

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/551>, abgerufen am 15.08.2024.