Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].261 gantz vortreflich und vollkommen lebhafft poussirter Manns-Kopf, wel-cher halb geöffnet und das halbe daneben liegende Gehirn heraus ge- nommen ist, die Musculn und Sehnen aber auf der geöffneten Seite sich in der höchsten perfection praesentiren. Ein großer Schranck von Eben-Holtz auswendig mit vortreflichen bas reliefs geschnitzt und mit migniatur Gemählden eingelegt, macht hier der teutschen Nation Ehre, weil er zu Augspurg verfertiget ist. Inwendig praesentiret sich unter andern schönen geistliche Stücken die Creutzigung Christi von Michael Angelo in weiß Wachs gantz unvergleichlich poussiret. Die Chambre de Geographie hat nichts merckwürdiges, als einen KLEOMENUS APOLLODOROU AThENAIOS EPOESEN neu zu seyn scheinet, und der darinn vorkommende Schreib-Fehler sie 261 gantz vortreflich und vollkommen lebhafft poussirter Manns-Kopf, wel-cher halb geöffnet und das halbe daneben liegende Gehirn heraus ge- nommen ist, die Musculn und Sehnen aber auf der geöffneten Seite sich in der höchsten perfection praesentiren. Ein großer Schranck von Eben-Holtz auswendig mit vortreflichen bas reliefs geschnitzt und mit migniatur Gemählden eingelegt, macht hier der teutschen Nation Ehre, weil er zu Augspurg verfertiget ist. Inwendig praesentiret sich unter andern schönen geistliche Stücken die Creutzigung Christi von Michael Angelo in weiß Wachs gantz unvergleichlich poussiret. Die Chambre de Geographie hat nichts merckwürdiges, als einen ΚΛΗΟΜΕΝΥΣ ΑΠΟΛΛΟΔΟΡΟΥ ΑΘΗΝΑΙΟΣ ΕΠΟΕΣΕΝ neu zu seyn scheinet, und der darinn vorkommende Schreib-Fehler sie <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <div type="diaryEntry"> <p><pb facs="#f0536"/><fw type="folNum" place="top">261</fw><lb/> gantz vortreflich und vollkommen lebhafft poussirter Manns-Kopf, wel-<lb/> cher halb geöffnet und das halbe daneben liegende Gehirn heraus ge-<lb/> nommen ist, die Musculn und Sehnen aber auf der geöffneten Seite<lb/> sich in der höchsten perfection praesentiren. Ein großer Schranck von<lb/> Eben-Holtz auswendig mit vortreflichen bas reliefs geschnitzt und mit<lb/> migniatur Gemählden eingelegt, macht hier der teutschen Nation Ehre,<lb/> weil er zu <placeName xml:id="TidB10248" corresp="register.xml#regID_66.lemID_12201">Augspurg</placeName> verfertiget ist. 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Noch 2 andere Veneres, item ein<lb/> Bauer, welcher seine Sichel schleiffet, item 2 Ringer, deren einer<lb/> den andern unter sich liegen hat, und endlich ein Faunus sind<lb/> nicht weniger vortreflich, so daß besonders von der letzten Statue<lb/> ein großer Künstler dieses Sentiment gefället: ce n'est pas<lb/> du marbre, c'est de la chaire petrifiée. Unzähliche antiquen,<lb/> sonderlich mancherley bustes derer <choice><abbr>Röml:</abbr><expan>Römischen</expan></choice> Kayser von turckis-<lb/> jaspis und andern kostbaren Steinen sind hier in Menge vor-<lb/> handen, wie nicht weniger viele kostbare Gemählde theils mit<lb/> Farben - theils mit mosaique gemacht. 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gantz vortreflich und vollkommen lebhafft poussirter Manns-Kopf, wel-
cher halb geöffnet und das halbe daneben liegende Gehirn heraus ge-
nommen ist, die Musculn und Sehnen aber auf der geöffneten Seite
sich in der höchsten perfection praesentiren. Ein großer Schranck von
Eben-Holtz auswendig mit vortreflichen bas reliefs geschnitzt und mit
migniatur Gemählden eingelegt, macht hier der teutschen Nation Ehre,
weil er zu Augspurg verfertiget ist. Inwendig praesentiret sich unter
andern schönen geistl: Stücken die Creutzigung Christi von Michael
Angelo in weiß Wachs gantz unvergleichlich poussiret.
Die Chambre de Geographie hat nichts merckwürdiges, als einen
ungemein großen globum terrestrem u. eine eben so große
Sphaeram armillarem, welche ehemals zu instruirung derer Groß=
Hertzogl: Kinder gebraucht worden. Die Crone von allen Cabinetern
und Behältnißen dieser Galerie ist die sogenannte Tribuna oder ein rundes Zimmer,
deßen Cupula inwendig mit lauter Perle-Mutter überzogen.
Hier stehet die bey denen antiquariis so hoch berühmte Venus Medi-
cea von weißem Marmor, welche alle Vollkommenheiten eines
wohlgebildeten Cörpers haben soll. Die Statue ist ohnstreitig antique
ob sie aber eben von Cleomene zu Athen verfertiget sey, daran
solte man um so vielmehr zweifeln, weil die auf dem
Piedestal stehende Nachricht
ΚΛΗΟΜΕΝΥΣ ΑΠΟΛΛΟΔΟΡΟΥ ΑΘΗΝΑΙΟΣ ΕΠΟΕΣΕΝ
neu zu seyn scheinet, und der darinn vorkommende Schreib-Fehler sie
noch mehr verdächtig machet. Noch 2 andere Veneres, item ein
Bauer, welcher seine Sichel schleiffet, item 2 Ringer, deren einer
den andern unter sich liegen hat, und endlich ein Faunus sind
nicht weniger vortreflich, so daß besonders von der letzten Statue
ein großer Künstler dieses Sentiment gefället: ce n'est pas
du marbre, c'est de la chaire petrifiée. Unzähliche antiquen,
sonderlich mancherley bustes derer Röml: Kayser von turckis-
jaspis und andern kostbaren Steinen sind hier in Menge vor-
handen, wie nicht weniger viele kostbare Gemählde theils mit
Farben - theils mit mosaique gemacht. Unter denen erstern fin-
det sich auch das wahre Original von Raphael Vrbino, Johannem
den Täufer vorstellend, davon wir zu Bologna nur die
Copie gesehen. Die drey in der Mauer dieses Zimmers verdeckten
großen Schräncke enthalten eine erstaunliche Menge allerley
künstlicher Sachen auch großer und kleiner Gefäße und Urnen
von topas, granaten, cristal de Roche, lapis lazoli, darunter
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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