Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].dem Rahmen, gleich einer Thür, aufmachen läst, und sodann das Bild dem Rahmen, gleich einer Thür, aufmachen läst, und sodann das Bild <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <div type="diaryEntry"> <p><pb facs="#f0535"/> dem Rahmen, gleich einer Thür, aufmachen läst, und sodann das Bild<lb/> der Frauen zum Vorschein kommt. Auf der 4<hi rendition="#sup"><hi rendition="#u">ten</hi></hi> Seite dieses Mahler<lb/> cabinets ist zwischen denen Fenstern die trefliche Statue des Cardi-<lb/> nals <persName xml:id="TidB3194" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10931" ref="http://d-nb.info/gnd/118886207">Leopoldi de Medices</persName> von weißem Marmor placiret, weil er<lb/> zu Anschaffung dieser und anderer in der Galerie vorhandenen Dinge<lb/> sehr viel beygetragen. Das Porcellan-Cabinet bestehet aus lauter<lb/> alten dicken Japanisch und Chinesischen Stücken, welche zum Theil sehr<lb/> groß sind. In einem antiquitaeten Cabinet stehet eine ziem-<lb/> liche hohe und starcke gewundene Säule von dem allerschönsten<lb/> Orientalischen Alabaster. Eine gantze Suite von Römischen, Grichischen<lb/> und Egyptischen Götzen. Aquila Romana von bronce etwan zwey<lb/> Hände groß, auf deßen einem Flügel ist eingegraben, oder vielmehr<lb/> vertiefft gegoßen XXIIII°, welches unstreitig beweiset, daß dieser<lb/> Adler die 24<hi rendition="#sup"><hi rendition="#u">te</hi></hi> Legion statt ihres Panniers würcklich geführet. Ein voll-<lb/> ständiger tripos von metall mit eisernen quer hindurch gehenden<lb/> Stangen befestiget. Die erste Probe, welche das Mediceische Haus<lb/> mit Schneid- und Einlegung pretioser Steine machen laßen, ist<lb/> auch in diesem cabinet an einem großen sehr wohl von Holtz ge-<lb/> arbeiteten Schranck zu sehen. Auch meritiret des Cardinals <persName xml:id="TidB3195" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10932" ref="http://d-nb.info/gnd/118658115">Bembi</persName><lb/> portrait, von Mosaique, sehr schön und lebhafft verfertiget, ange-<lb/> mercket zu werden. Die sogenannte camera d'arti enthät die<lb/> treflichen Kunst-Stücke von Helffenbein, sonderlich aber zwey<lb/> von Wachs gantz admirable poussirte und in Glaß-Schräncken<lb/> verwahrte Vorstellungen. An der einen siehet man, wie es<lb/> bey der Pest hergehe, und soll der Künstler, als er die Pest zu<lb/><placeName xml:id="TidB3196" corresp="register.xml#regID_66.lemID_10933">Conversano</placeName> ausgehalten, alles nach denen würcklich vor Augen ge-<lb/> habten Umständen eingerichtet haben. Die in so mancherley<lb/> posituren unter einander liegende todte Cörper, die unter ihnen<lb/> aufräumenden Todten-Gräber, die mit dem Tode ringende<lb/> Kinder und Erwachsene beyderley Geschlechts laßen sich ohne Be-<lb/> wegung nicht ansehen. Das andre Kunst-Stück repraesentiret die<lb/> gradus der corruption des menschlichen Cörpers nach dem Tode,<lb/> da derselbe <choice><abbr>nehml:</abbr><expan>nehmlich</expan></choice> erst erblaßet, sodann gelb wird und aufschwillet,<lb/> ferner bey fortgehender Fäulung die schwartze Farbe annimt,<lb/> aufplatzet, und denen Würmern immer mehr und mehr herum-<lb/> hängende Stücken zu speisen giebt, bis endlich das bloße Sceleton<lb/> übrig bleibet, und zuletzt auch dieses von einander fält und sich in<lb/> Staub verwandelt, welches alles an verschiedenen höchst natürlich<lb/> gemachten Cörpern mit nutzbarer Erinnerung unsrer Sterblig-<lb/> keit auf das accurateste wahr zu nehmen ist. In einem andern<lb/> Cabinet hängen lauter Gemählde von auswärtigen Meistern<lb/> und <choice><abbr>sonderl:</abbr><expan>sonderlich</expan></choice> viele Stücke des <persName xml:id="TidB3199" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10934" ref="http://d-nb.info/gnd/118528386">Vandyk</persName>, auch liegt in demselben ein </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0535]
dem Rahmen, gleich einer Thür, aufmachen läst, und sodann das Bild
der Frauen zum Vorschein kommt. Auf der 4ten Seite dieses Mahler
cabinets ist zwischen denen Fenstern die trefliche Statue des Cardi-
nals Leopoldi de Medices von weißem Marmor placiret, weil er
zu Anschaffung dieser und anderer in der Galerie vorhandenen Dinge
sehr viel beygetragen. Das Porcellan-Cabinet bestehet aus lauter
alten dicken Japanisch und Chinesischen Stücken, welche zum Theil sehr
groß sind. In einem antiquitaeten Cabinet stehet eine ziem-
liche hohe und starcke gewundene Säule von dem allerschönsten
Orientalischen Alabaster. Eine gantze Suite von Römischen, Grichischen
und Egyptischen Götzen. Aquila Romana von bronce etwan zwey
Hände groß, auf deßen einem Flügel ist eingegraben, oder vielmehr
vertiefft gegoßen XXIIII°, welches unstreitig beweiset, daß dieser
Adler die 24te Legion statt ihres Panniers würcklich geführet. Ein voll-
ständiger tripos von metall mit eisernen quer hindurch gehenden
Stangen befestiget. Die erste Probe, welche das Mediceische Haus
mit Schneid- und Einlegung pretioser Steine machen laßen, ist
auch in diesem cabinet an einem großen sehr wohl von Holtz ge-
arbeiteten Schranck zu sehen. Auch meritiret des Cardinals Bembi
portrait, von Mosaique, sehr schön und lebhafft verfertiget, ange-
mercket zu werden. Die sogenannte camera d'arti enthät die
treflichen Kunst-Stücke von Helffenbein, sonderlich aber zwey
von Wachs gantz admirable poussirte und in Glaß-Schräncken
verwahrte Vorstellungen. An der einen siehet man, wie es
bey der Pest hergehe, und soll der Künstler, als er die Pest zu
Conversano ausgehalten, alles nach denen würcklich vor Augen ge-
habten Umständen eingerichtet haben. Die in so mancherley
posituren unter einander liegende todte Cörper, die unter ihnen
aufräumenden Todten-Gräber, die mit dem Tode ringende
Kinder und Erwachsene beyderley Geschlechts laßen sich ohne Be-
wegung nicht ansehen. Das andre Kunst-Stück repraesentiret die
gradus der corruption des menschlichen Cörpers nach dem Tode,
da derselbe nehml: erst erblaßet, sodann gelb wird und aufschwillet,
ferner bey fortgehender Fäulung die schwartze Farbe annimt,
aufplatzet, und denen Würmern immer mehr und mehr herum-
hängende Stücken zu speisen giebt, bis endlich das bloße Sceleton
übrig bleibet, und zuletzt auch dieses von einander fält und sich in
Staub verwandelt, welches alles an verschiedenen höchst natürlich
gemachten Cörpern mit nutzbarer Erinnerung unsrer Sterblig-
keit auf das accurateste wahr zu nehmen ist. In einem andern
Cabinet hängen lauter Gemählde von auswärtigen Meistern
und sonderl: viele Stücke des Vandyk, auch liegt in demselben ein
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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