Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].228 commodiaet. In denen 4 Ecken des theatri gehen 4 Brunnen vom Dach=Stuhlbis in die Tiefe hinunter, um bey entstehender Feuers=Brunst augenblicklich löschen zu können. Das theatre kan vermittels ken einer herunter fallenden Zug=Brücke, welche in einem kleinen Hofe sich auf etliche Trag=Steine niederleget, um ein merck- liches verlängert werden. Das Henge=Werck über dem Plafond dieses Hauses ist von besonderer Structur und Festigkeit, und die zu denen loges führende Treppen und corridors sind alle massiv gewölbt, auch alle etages mit etlichen Abtritten versehen. In Summa das Gebäude kan in seiner espece vor ein Meister=Stück passiren, und ist nur zu bedauern, daß alle diese Kunst und Mühe nicht zu einem realen und nützlichen Zweck angewendet worden. 2.) Das Hof=Archiv, darinn alle Originalia des Königs Person und die Staats-affaires betreffend, auf behalten werden. Es bestehet dieses Behältniß aus 6 großen Zimmern in andern, und eben so viel Zimmer im dritten Stock=Werck, die alle gewölbt, und mit numerirten Verschloßenen Schräncken besetzt sind, darinn die Papiere, wie Bücher, in Pergament gebunden und hinten rubriciret auf behalten werden. In dem Schrank, welcher uns zu probe geöffnet worden, stunden etliche 20 Folianten mit der rubric: Svizzeri relationi dei Ministri ann - - - Alle 2 Jahr werden die geendeten acten aus denen expeditions-Stuben zu sammen getragen, und hieher abgeliefert. Die berühmte tabula Isaca Isiaca, eines derer ältesten Stücke in der Welt, wurde uns hier gewiesen. Es ist ein länglich vierecketer Tisch mit einer fast 3 Finger breiten Kannte von klin- gendem metall gegoßen, und mit unzählichen hieroglyphischen Figuren von silber eingelegt, welcher Tisch ehmals in des Cardinal Bembi Cabinet gewesen, und von dem bekanten Laurentio Pignorio in einem besondern lateinischen tractat erklähret worden. Die alte Ägyptische theologie soll durch die auf dieser Tafel befindlichen Krackel=Füser angedeutet, und dieses precieuse Stück aus der Erbschaft des letzten Königs in Cypern an das Savoyische Hauß kommen seyn. Ferner wurde uns in diesem Archiv gezeiget das in 36 vo- luminibus in folio bestehende Manuscript des Ligorio, darinn er alle ihm vor kommenen antiquitaeten an Müntzen, Statuen, Gebäuden perge, perge in Italiaenischer Sprache mit beygezeichneten Rißen accurat beschrieben, und sehr gelehrt er- klähret, auch iedwede materie in ein besonders volumen gebracht hat. 4 Bände, so noch zu diesem Werck gehören, sollen in Mantua vorhanden seyn. 3.) Die neu aufgerichtete Königliche Buchdruckerey mit 12 Preßen. Mann hat die Schifften von Venedig kommen laßen, gedencket sie aber nun hier selbst zu gießen, und war eben mit dem Druck eines griechischen neuen testa ments beschäfftiget. 4.) Die Werck=Stadt der Königliche Hof-Gold Schmiedes, welcher in Begriff war, die Buchstaben zur Grabschrift des Marechal Rhebinders in metall zu verfertigen, weil dieser sich bey Lebzeiten in hie= 228 commodiaet. In denen 4 Ecken des theatri gehen 4 Brunnen vom Dach=Stuhlbis in die Tiefe hinunter, um bey entstehender Feuers=Brunst augenblicklich löschen zu können. Das theatre kan vermittels ken einer herunter fallenden Zug=Brücke, welche in einem kleinen Hofe sich auf etliche Trag=Steine niederleget, um ein merck- liches verlängert werden. Das Henge=Werck über dem Plafond dieses Hauses ist von besonderer Structur und Festigkeit, und die zu denen loges führende Treppen und corridors sind alle massiv gewölbt, auch alle etages mit etlichen Abtritten versehen. In Summa das Gebäude kan in seiner espece vor ein Meister=Stück passiren, und ist nur zu bedauern, daß alle diese Kunst und Mühe nicht zu einem realen und nützlichen Zweck angewendet worden. 2.) Das Hof=Archiv, darinn alle Originalia des Königs Person und die Staats-affaires betreffend, auf behalten werden. Es bestehet dieses Behältniß aus 6 großen Zimmern in andern, und eben so viel Zimmer im dritten Stock=Werck, die alle gewölbt, und mit numerirten Verschloßenen Schräncken besetzt sind, darinn die Papiere, wie Bücher, in Pergament gebunden und hinten rubriciret auf behalten werden. In dem Schrank, welcher uns zu probe geöffnet worden, stunden etliche 20 Folianten mit der rubric: Svizzeri relationi dei Ministri ann - - - Alle 2 Jahr werden die geendeten acten aus denen expeditions-Stuben zu sammen getragen, und hieher abgeliefert. Die berühmte tabula Isaca Isiaca, eines derer ältesten Stücke in der Welt, wurde uns hier gewiesen. Es ist ein länglich vierecketer Tisch mit einer fast 3 Finger breiten Kannte von klin- gendem metall gegoßen, und mit unzählichen hieroglyphischen Figuren von silber eingelegt, welcher Tisch ehmals in des Cardinal Bembi Cabinet gewesen, und von dem bekanten Laurentio Pignorio in einem besondern lateinischen tractat erklähret worden. Die alte Ägyptische theologie soll durch die auf dieser Tafel befindlichen Krackel=Füser angedeutet, und dieses precieuse Stück aus der Erbschaft des letzten Königs in Cypern an das Savoyische Hauß kommen seyn. Ferner wurde uns in diesem Archiv gezeiget das in 36 vo- luminibus in folio bestehende Manuscript des Ligorio, darinn er alle ihm vor kommenen antiquitaeten an Müntzen, Statuen, Gebäuden perge, perge in Italiaenischer Sprache mit beygezeichneten Rißen accurat beschrieben, und sehr gelehrt er- klähret, auch iedwede materie in ein besonders volumen gebracht hat. 4 Bände, so noch zu diesem Werck gehören, sollen in Mantua vorhanden seyn. 3.) Die neu aufgerichtete Königliche Buchdruckerey mit 12 Preßen. Mann hat die Schifften von Venedig kommen laßen, gedencket sie aber nun hier selbst zu gießen, und war eben mit dem Druck eines griechischen neuen testa ments beschäfftiget. 4.) Die Werck=Stadt der Königliche Hof-Gold Schmiedes, welcher in Begriff war, die Buchstaben zur Grabschrift des Marechal Rhebinders in metall zu verfertigen, weil dieser sich bey Lebzeiten in hie= <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <div type="diaryEntry"> <p><pb facs="#f0470"/><fw type="folNum" place="top">228</fw><lb/> commodiaet. In denen 4 Ecken des theatri gehen 4 Brunnen vom Dach=Stuhl<lb/> bis in die Tiefe hinunter, um bey entstehender Feuers=Brunst augenblicklich löschen<lb/> zu können. Das theatre kan vermittels <del rendition="#s">ken</del> einer herunter fallenden Zug=Brücke,<lb/> welche in einem kleinen Hofe sich auf etliche Trag=Steine niederleget, um ein merck-<lb/> liches verlängert werden. 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commodiaet. In denen 4 Ecken des theatri gehen 4 Brunnen vom Dach=Stuhl
bis in die Tiefe hinunter, um bey entstehender Feuers=Brunst augenblicklich löschen
zu können. Das theatre kan vermittels einer herunter fallenden Zug=Brücke,
welche in einem kleinen Hofe sich auf etliche Trag=Steine niederleget, um ein merck-
liches verlängert werden. Das Henge=Werck über dem Plafond dieses Hauses ist von besonderer
Structur und Festigkeit, und die zu denen loges führende Treppen und corridors
sind alle massiv gewölbt, auch alle etages mit etl. Abtritten versehen. In Summa
das Gebäude kan in seiner espece vor ein Meister=Stück passiren, und ist nur zu
bedauern, daß alle diese Kunst und Mühe nicht zu einem realen und nützlichen
Zweck angewendet worden. 2.) Das Hof=Archiv, darinn alle Originalia
des Königs Person und die Staats-affaires betreffend, auf behalten werden.
Es bestehet dieses Behältniß aus 6 großen Zimmern in andern, und eben so
viel Zimmer im dritten Stock=Werck, die alle gewölbt, und mit numerirten
Verschloßenen Schräncken besetzt sind, darinn die Papiere, wie Bücher, in
Pergament gebunden und hinten rubriciret auf behalten werden.
In dem Schrank, welcher uns zu probe geöffnet worden, stunden
etliche 20 Folianten mit der rubric: Svizzeri relationi dei Ministri
ann - - -
Alle 2 Jahr werden die geendeten acten aus denen expeditions-Stuben zu
sammen getragen, und hieher abgeliefert. Die berühmte tabula Isiaca,
eines derer ältesten Stücke in der Welt, wurde uns hier gewiesen. Es ist ein
länglich vierecketer Tisch mit einer fast 3 Finger breiten Kannte von klin-
gendem metall gegoßen, und mit unzählichen hieroglyphischen Figuren
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und von dem bekanten Laurentio Pignorio in einem besondern lateinischen
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die auf dieser Tafel befindle. Krackel=Füser angedeutet, und dieses precieuse
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kommen seyn. Ferner wurde uns in diesem Archiv gezeiget das in 36 vo-
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kommen antiquitaeten an Müntzen, Statuen, Gebäuden pp. in Italiaenischer
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klähret, auch iedwede materie in ein besonders volumen gebracht hat. 4
Bände, so noch zu diesem Werck gehören, sollen in Mantua vorhanden seyn.
3.) Die neu aufgerichtete Königl. Buchdruckerey mit 12 Preßen. Man hat
die Schifften von Venedig kommen laßen, gedencket sie aber nun hier selbst
zu gießen, und war eben mit dem Druck eines griechischen neuen testa
ments beschäfftiget. 4.) Die Werck=Stadt der Königl. Hof-Gold Schmiedes,
welcher in Begriff war, die Buchstaben zur Grabschrift des Marechal
Rhebinders in metall zu verfertigen, weil dieser sich bey Lebzeiten in hie=
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Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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