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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Marquise de Pallas des premier ministers Schwieger-Tochter, welche mit
gegenwärtig waren, sprachen mehrentheils Piemontesisch. Der Beschluß des
Abends wurde gewöhnlicher maaßen, bey der Marquise de Borgeal gemacht
und bey der Rückkunft in unser quartier erfuhren wir, daß der Spanische
Ambassadeur und der Comte de Carpene zur Gegen-Visite da gewesen.

Den 25 ten September

Früh fuhren wir mit unserm Chevalier und in Begleitung des Comte de Siries und des
Chevalier de Guine, nachdem 1 1/2 Stunde von hier entlegenen Königlichen Jag[unleserliches Material]d-Hause
Stupinise. Schloß und Garten ist sehrwohl angelegt, aber noch nicht völlig ausge-
bauet. Das schönste Stück darinnen ist der mittelste mit 8 Caminen versehene
große Salon, en fresco so vortreflich gemahlet, daß die Statuen und andere
Zieraden würckliche Steinmetzen= oder Stuccatur=Arbeit zu seyn scheinen. Die
Plafons in denen Apartemens des Königs und der Königin praesentiren sich
gleichfals ungemein wohl, und sind theils von Frantzösischen theils von Italiaenischen
Mahlern verfertiget. Die Jagt-Routen gehen gleich aus dem Garten in das Holtz.
Die Anzahl derer hier vorhandenen par force Pferde und Hunde ist nicht con
siderable, und die Jagdt-uniforme roth Scharlach mit Silber und Gold
chamariret, mit blauen Futter und dergleichen seidenen Westen. Nach unserer
Retour in die Stadt introducirte uns unsern Führer bey dem Commendanten
der hiesigen Citadelle Marquis Pallavicini. Er ist ein alter Soldat, und hat
ehemahls dem Kayser, denen Beyern und Franzosen gedienet, wie er denn von
der unterschiedenen Lebens-Art unter diesen Truppen, sonderlich in Ansehung
derer Duels, umständlich redete. Wir baten uns zu Besichtigung der hiesigen
Citadelle bey ihm die Erlaubniß aus, und er versprach auf Morgen die Ver
anstaltung zu machen. Ferner besuchten wir die Comtesse de Lose und trafen
sie über dem Seidenen=Spinn-Rade, und Rollins histoire Romaine an, welches
Gelegenheit gab, von der Lebens-Art derer Dames, und wie solche von rechtswe-
gen beschaffen seyn solten, mancherley moralische discourse zu führen.
Bey der Marquise de Borgeal wurde der Abend beschloßen.

Den 26ten September

Besichtigten Wir die Citadelle, und wurden von einem alten Capitaine, welcher die
letztere Belagerung derselben selbst mit ausgehalten hatte, sowol in denen Sou-
terrains, als auf denen Wällen herum geführet. Jene sind 4 fach übereinan
der von lauter Back=Steinen, und an denen niedrigsten Orten Manns hoch
gewölbt, erstrecken sich bis über das Glacis der Contre Scarpe in das offe-
ne Feld hinaus, sind auch an denen meisten Orten gantz trocken, und so warm
daß uns darinnen eher geschwitzet, als gefroren. Die Casematten und -
alles übrige ist vor denen Bomben vollkommen sicher, und dieser gantze
unterirdische Irr=Garten von solcher Beschaffenheit, daß die mannig-
faltige Erfindungen, Menschen zu tödten und Menschen zu erhalten, in

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Marquise de Pallas des premier ministers Schwieger-Tochter, welche mit
gegenwärtig waren, sprachen mehrentheils Piemontesisch. Der Beschluß des
Abends wurde gewöhnlicher maaßen, bey der Marquise de Borgeal gemacht
und bey der Rückkunft in unser quartier erfuhren wir, daß der Spanische
Ambassadeur und der Comte de Carpené zur Gegen-Visite da gewesen.

Den 25 ten September

Früh fuhren wir mit unserm Chevalier und in Begleitung des Comte de Siries und des
Chevalier de Guine, nachdem 1 ½ Stunde von hier entlegenen Königlichen Jag[unleserliches Material]d-Hause
Stupinise. Schloß und Garten ist sehrwohl angelegt, aber noch nicht völlig ausge-
bauet. Das schönste Stück darinnen ist der mittelste mit 8 Caminen versehene
große Salon, en fresco so vortreflich gemahlet, daß die Statuen und andere
Zieraden würckliche Steinmetzen= oder Stuccatur=Arbeit zu seyn scheinen. Die
Plafons in denen Apartemens des Königs und der Königin praesentiren sich
gleichfals ungemein wohl, und sind theils von Frantzösischen theils von Italiaenischen
Mahlern verfertiget. Die Jagt-Routen gehen gleich aus dem Garten in das Holtz.
Die Anzahl derer hier vorhandenen par force Pferde und Hunde ist nicht con
siderable, und die Jagdt-uniforme roth Scharlach mit Silber und Gold
chamariret, mit blauen Futter und dergleichen seidenen Westen. Nach unserer
Retour in die Stadt introducirte uns unsern Führer bey dem Commendanten
der hiesigen Citadelle Marquis Pallavicini. Er ist ein alter Soldat, und hat
ehemahls dem Kayser, denen Beyern und Franzosen gedienet, wie er denn von
der unterschiedenen Lebens-Art unter diesen Truppen, sonderlich in Ansehung
derer Duels, umständlich redete. Wir baten uns zu Besichtigung der hiesigen
Citadelle bey ihm die Erlaubniß aus, und er versprach auf Morgen die Ver
anstaltung zu machen. Ferner besuchten wir die Comtesse de Lose und trafen
sie über dem Seidenen=Spinn-Rade, und Rollins histoire Romaine an, welches
Gelegenheit gab, von der Lebens-Art derer Dames, und wie solche von rechtswe-
gen beschaffen seyn solten, mancherley moralische discourse zu führen.
Bey der Marquise de Borgeal wurde der Abend beschloßen.

Den 26ten September

Besichtigten Wir die Citadelle, und wurden von einem alten Capitaine, welcher die
letztere Belagerung derselben selbst mit ausgehalten hatte, sowol in denen Sou-
terrains, als auf denen Wällen herum geführet. Jene sind 4 fach übereinan
der von lauter Back=Steinen, und an denen niedrigsten Orten Manns hoch
gewölbt, erstrecken sich bis über das Glacis der Contre Scarpe in das offe-
ne Feld hinaus, sind auch an denen meisten Orten gantz trocken, und so warm
daß uns darinnen eher geschwitzet, als gefroren. Die Casematten und -
alles übrige ist vor denen Bomben vollkommen sicher, und dieser gantze
unterirdische Irr=Garten von solcher Beschaffenheit, daß die mannig-
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[0462] 224 Marquise de Pallas des premier ministers Schwieger-Tochter, welche mit gegenwärtig waren, sprachen mehrentheils Piemontesisch. Der Beschluß des Abends wurde gewöhnl. maaßen, bey der Marquise de Borgeal gemacht und bey der Rückkunft in unser quartier erfuhren wir, daß der Spanil. Ambassadeur und der Comte de Carpené zur Gegen-Visite da gewesen. Den 25 ten Sept. Früh fuhren wir mit unserm Chevalier und in Begleitung des Comte de Siries und des Chevalier de Guine, nachdem 1 ½ Stunde von hier entlegenen Königl. Jagd-Hause Stupinise. Schloß und Garten ist sehrwohl angelegt, aber noch nicht völlig ausge- bauet. Das schönste Stück darinnen ist der mittelste mit 8 Caminen versehene große Salon, en fresco so vortreflich gemahlet, daß die Statuen und andere Zieraden würckl. Steinmetzen= oder Stuccatur=Arbeit zu seyn scheinen. Die Plafons in denen Apartemens des Königs und der Königin praesentiren sich gleichfals ungemein wohl, und sind theils von Franzöl: theils von Italiaenischen Mahlern verfertiget. Die Jagt-Routen gehen gleich aus dem Garten in das Holtz. Die Anzahl derer hier vorhandenen par force Pferde und Hunde ist nicht con siderable, und die Jagdt-uniforme roth Scharlach mit Silber und Gold chamariret, mit blauen Futter und dergli. seidenen Westen. Nach unserer Retour in die Stadt introducirte uns unser Führer bey dem Commendanten der hiesigen Citadelle Marquis Pallavicini. Er ist ein alter Soldat, und hat ehemahls dem Kayser, denen Beyern und Franzosen gedienet, wie er denn von der unterschiedenen Lebens-Art unter diesen Truppen, sonderl. in Ansehung derer Duels, umständlich redete. Wir baten uns zu Besichtigung der hiesigen Citadelle bey ihm die Erlaubniß aus, und er versprach auf Morgen die Ver anstaltung zu machen. Ferner besuchten wir die Comtesse de Lose und trafen sie über dem Seiden=Spinn-Rade, und Rollins histoire Romaine an, welches Gelegenheit gab, von der Lebens-Art derer Dames, und wie solche von rechtswe- gen beschaffen seyn solte, mancherley moralische discourse zu führen. Bey der Marquise de Borgeal wurde der Abend beschloßen. Den 26ten Sept. Besichtigten Wir die Citadelle, und wurden von einem alten Capitaine, welcher die letztere Belagerung derselben selbst mit ausgehalten hatte, sowol in denen Sou- terrains, als auf denen Wällen herum geführet. Jene sind 4 fach übereinan der von lauter Back=Steinen, und an denen niedrigsten Orten Manns hoch gewölbt, erstrecken sich bis über das Glacis der Contre Scarpe in das offe- ne Feld hinaus, sind auch an denen meisten Orten gantz trocken, und so warm daß uns darinnen eher geschwitzet, als gefroren. Die Casematten und - alles übrige ist vor denen Bomben vollkommen sicher, und dieser gantze unterirdische Irr=Garten von solcher Beschaffenheit, daß die mannig- faltige Erfindungen, Menschen zu tödten und Menschen zu erhalten, in

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/462>, abgerufen am 03.12.2024.