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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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solchen Fadens betragen werde 1096704 Fuß welches eine distantz
von 72 Stunden, Zum Exempel von hier bis nach Toulon, ausmachen
würde. Das Experiment hat seine Richtigkeit und ist eine
gedruckte Nachticht hier davon vorhanden, nicht aber so zu
verstehen, als ob der Faden, wenn er so lange solte ausgezogen
werden, nicht brechen würde, sondern es hat nur die Meinung
gehabt, aus fündig zu machen, wie viel Drat aus einem
lingot von 17 Marck verfertiget werden könne. Das beson-
derste bey dieser ungemeinen Extension ist, daß die Ver-
guldung sicher immer fort mit extendiret und den Silber-Faden
niemals verläßt, sie muste denn express abgerieben
werden. Von dem Drat-zieher bringet man den Gold- oder
Silber-Faden

4) Zum Girnpier welcher mit diesem massiven Faden die
Seide überspinnet. Damit solches geschehen könne, muß der
runde Silber-Faden zuvörderst durch zwey überaus sauber-
und einem Spiegel gleich polirte Stahl-Räder hindurch passiren,
welche denselben platt, und folglich zur Bedeckung des seidenen
Fabens bequem machen. Die würckliche Umwickelung aber
geschiehet durch gewißer machinen, an welchen wechsels-
weise kleine Rollen mit Silber Faden und Seide aufge-
stecket sind. Der Faden von einer Silber- und von einer
Seiden-Rolle werden nach einer 3ten Rolle zu zusammen
gezogen, unterwegs aber vermittelst Umdrehung der machine
dermaßen in einander gewickelt, daß das Silber oder Gold
die Seide accurat bedecket, und der solchergestalt übersponnene
Faden sich über ietzt gedachte 3te Rolle aufwindet. Nachdem
wir den Gold-Faden=Process uns solchergestaltvorstehen-der maaßen bekannt gemacht,
nahmen wir noch einen Wirck-Stuhl, worauf die Galonen
gemacht werden, und endlich auch eine Goldschläger=Fabrique
in Augenschein, welche beyde wir aber, als bekant genug,
zu beschreiben nicht nötig achten,: Doch ist bey der Goldschlägerey
noch zu erinnern, daß die hiesigen Goldschläger zugleich ihr
Gold selbst raffiniren, welches durch das antimonium ge-
schiehet, und hatte der Mann, deßen Werckstädt wir besichtigten,
dazu ein eignes mit Schmeltz-Tiegeln und aller andern Noth-
durft wohl versehenes laboratorium.

solchen Fadens betragen werde 1096704 Fuß welches eine distantz
von 72 Stunden, Zum Exempel von hier bis nach Toulon, ausmachen
würde. Das Experiment hat seine Richtigkeit und ist eine
gedruckte Nachticht hier davon vorhanden, nicht aber so zu
verstehen, als ob der Faden, wenn er so lange solte ausgezogen
werden, nicht brechen würde, sondern es hat nur die Meinung
gehabt, aus fündig zu machen, wie viel Drat aus einem
lingot von 17 Marck verfertiget werden könne. Das beson-
derste bey dieser ungemeinen Extension ist, daß die Ver-
guldung sicher immer fort mit extendiret und den Silber-Faden
niemals verläßt, sie muste denn express abgerieben
werden. Von dem Drat-zieher bringet man den Gold- oder
Silber-Faden

4) Zum Girnpier welcher mit diesem massiven Faden die
Seide überspinnet. Damit solches geschehen könne, muß der
runde Silber-Faden zuvörderst durch zwey überaus sauber-
und einem Spiegel gleich polirte Stahl-Räder hindurch passiren,
welche denselben platt, und folglich zur Bedeckung des seidenen
Fabens bequem machen. Die würckliche Umwickelung aber
geschiehet durch gewißer machinen, an welchen wechsels-
weise kleine Rollen mit Silber Faden und Seide aufge-
stecket sind. Der Faden von einer Silber- und von einer
Seiden-Rolle werden nach einer 3ten Rolle zu zusammen
gezogen, unterwegs aber vermittelst Umdrehung der machine
dermaßen in einander gewickelt, daß das Silber oder Gold
die Seide accurat bedecket, und der solchergestalt übersponnene
Faden sich über ietzt gedachte 3te Rolle aufwindet. Nachdem
wir den Gold-Faden=Process uns solchergestaltvorstehen-der maaßen bekannt gemacht,
nahmen wir noch einen Wirck-Stuhl, worauf die Galonen
gemacht werden, und endlich auch eine Goldschläger=Fabrique
in Augenschein, welche beyde wir aber, als bekant genug,
zu beschreiben nicht nötig achten,: Doch ist bey der Goldschlägerey
noch zu erinnern, daß die hiesigen Goldschläger zugleich ihr
Gold selbst raffiniren, welches durch das antimonium ge-
schiehet, und hatte der Mann, deßen Werckstädt wir besichtigten,
dazu ein eignes mit Schmeltz-Tiegeln und aller andern Noth-
durft wohl versehenes laboratorium.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/435>, abgerufen am 14.08.2024.