Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].205 sind, dennoch im übrigen nicht beunruhiget werden. Jaman spricht hier bey der Tafel und bey andern Gelegen- heiten fast so frey vom Pabstthum, als in einem Lande wo beyde Religionen geduldet werden. Des Nachmittags besuchten wir mit dem gantzen Saintanbanischen Hause die assamblee bey dem hiesigen Lieutenant de Roi und Commendanten, Marquis de Chatbrillant, welcher ein alter zur Waßersucht inclinirender, aber sehr höflicher Mann ist. Sein einer Sohn, welcher Commandeur de Malthe ist und sehr wohl zu leben weiß, gab uns viele Nachrichten von Ita- lien, weil er sich bey dem Frantzösischen Ambassadeur zu Rom über Jahr und Tag aufgehalten. Den grösten Hauffen in dieser Ver- sammlung machten die hier im Quartier liegende Frantzösischen Officiers. Nach der assemblee wurde die Promenade vor der Stadt besuchet, welche in einem eben nicht unangenehmen Höltzgen bestehet. Die Stadt ist weder groß noch wohl gebauet, indeßen aber doch merckwürdig, weil sie nicht nur in Dauphine, sondern auch in gantz Frankreich die erste gewe- sen, welche die protestanschie Religion angenommen. In Betrachtung unsers Haupt-Zwecks, ließen wir uns das Nöthigen und Bitten der Marquise nicht abhalten, diese Nacht um 12 Uhr von hier aufzubrechen, da wir denn vor der StadtDen 28. August vor der Stadt Valence, in welcher der bekannte Jansenist zu Vienne 205 sind, dennoch im übrigen nicht beunruhiget werden. Jaman spricht hier bey der Tafel und bey andern Gelegen- heiten fast so frey vom Pabstthum, als in einem Lande wo beyde Religionen geduldet werden. Des Nachmittags besuchten wir mit dem gantzen Saintanbanischen Hause die assamblée bey dem hiesigen Lieutenant de Roi und Commendanten, Marquis de Chatbrillant, welcher ein alter zur Waßersucht inclinirender, aber sehr höflicher Mann ist. Sein einer Sohn, welcher Commandeur de Malthe ist und sehr wohl zu leben weiß, gab uns viele Nachrichten von Ita- lien, weil er sich bey dem Frantzösischen Ambassadeur zu Rom über Jahr und Tag aufgehalten. Den grösten Hauffen in dieser Ver- sammlung machten die hier im Quartier liegende Frantzösischen Officiers. Nach der assemblée wurde die Promenade vor der Stadt besuchet, welche in einem eben nicht unangenehmen Höltzgen bestehet. Die Stadt ist weder groß noch wohl gebauet, indeßen aber doch merckwürdig, weil sie nicht nur in Dauphiné, sondern auch in gantz Frankreich die erste gewe- sen, welche die protestanschie Religion angenommen. In Betrachtung unsers Haupt-Zwecks, ließen wir uns das Nöthigen und Bitten der Marquise nicht abhalten, diese Nacht um 12 Uhr von hier aufzubrechen, da wir denn vor der StadtDen 28. 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sind, dennoch im übrigen nicht beunruhiget werden. Ja
man spricht hier bey der Tafel und bey andern Gelegen-
heiten fast so frey vom Pabstthum, als in einem Lande
wo beyde Religionen geduldet werden. Des Nachmittags
besuchten wir mit dem gantzen Saintanbanischen Hause
die assamblée bey dem hiesigen Lieutenant de Roi und
Commendanten, Marquis de Chatbrillant, welcher ein alter
zur Waßersucht inclinirender, aber sehr höflicher Mann
ist. Sein einer Sohn, welcher Commandeur de Malthe ist und
sehr wohl zu leben weiß, gab uns viele Nachrichten von Ita-
lien, weil er sich bey dem Frantzöl: Ambassadeur zu Rom über
Jahr und Tag aufgehalten. Den grösten Hauffen in dieser Ver-
sammlung machten die hier im Quartier liegende Franzöl:
Officiers. Nach der assemblée wurde die Promenade vor der
Stadt besuchet, welche in einem eben nicht unangenehmen
Höltzgen bestehet. Die Stadt ist weder groß noch wohl gebauet,
indeßen aber doch merckwürdig, weil sie nicht nur in
Dauphiné, sondern auch in gantz Frankreich die erste gewe-
sen, welche die protestanschie Religion angenommen. In
Betrachtung unsers Haupt-Zwecks, ließen wir uns das
Nöthigen und Bitten der Marquise nicht abhalten, diese Nacht
um 12 Uhr von hier aufzubrechen, da wir denn
Den 28. Augl:
vor der Stadt Valence, in welcher der bekannte Jansenist
Mr: Montgeron bis dato gefangen sitzet, den frühstücks=
Thee zu uns nahmen, so dann zwischen hier und dem Dorf St: Vallier
die Gegend an der Rhône vorbey passireten, wo der Hermi-
tagen=Wein wächset, und endlich Abends
zu Vienne
anlangten. Etliche 100 Schritt von der Stadt stehet ein vor-
trefliches antiques Römisches monument im Felde, welches allem Vermuthen
nach ein Grabmal ist. Das Gebäude formiret
unten ein 4 eck, und hat auf ieder Seite eine rund ge-
wölbte Oeffnung, so, daß man über Creutz hindurch
gehen kan. Auf diesem 4 eck lieget ein sehr correct
ausgearbeiteter Simms, und auf demselben stehet eine
starcke und hohe Pyramide. Alles ist von Quader-Stücken
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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