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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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der Intendantin, Madame de Cateleir und andere Dames, desgleichen die Frau
des Französischen consuls zu Livorno Madamede Bertelet, welche zu Besuchung ihrer Ver-
wandten kürtzlich hier ankommen war, item, außer Monsieur de Grammont, die 2 anderen
Schiff-Majors de Minot und de Salier mit speiseten. Man ziehet der Hitze wegen
bey Tische die Röcke aus, und verwechselt die peruquen mit leichten Mützen, darum
die Dames selbst zu bitten pflegen, außer welcher commoditaet es auch sehr be-
schwerlich seyn würde, hier zu Gaste zu gehen. Der Intendant ist zwar sehr mit
Geschäfften beladen, aber doch sehr affable und aufgeräummt. Gegen Abend gaben
wir unserm General, und sodann unserm Kauffman Monsieur Trouchet, der uns
mit gutem Wein beschenckt hatte, visite, und beschloßen so dann mit dem Besuch
der gewöhnlichen Abend Assamblee bey dem Intendanten, welche sehr zahlreich war.

Den 14ten August

Nahmen wir bey dem Gouverneur und in des Intendanten Hause Abschied, und baten
bey dem ersten, daß uns zu unserer Abreise die Vestung früh um 2 Uhr geöffnet
werden mögte, welches er auch auf das obligeanteste so gleich veranstaltete. Das letz-
te Mittags-Eßen nahmen wir bey unserm General ein, und nach der Tafel, wohneten wir einer
gerichtlichen Handlung mit bey, da nehmlich ein Tresorier de la marine über den Schiff Lieutenant
Chevalier d'Egoute sich beschwehrte, daß er ihm in seinem bureau mit warten insultiret. Der
Chevalier gab wolte weiter nichts gethan haben, als daß er dem Tresorier, welcher vorgegeben, er thue
ihm mit avancirung des Monathlichen Solds eine Gnade, kurtz und gut geantwortet, es sey seine [unleserliches Material]
Schuldigkeit, weil er ihm die assignation des Intendanten bereits produciret habe. Die decision des
Generals war so, daß keinem Theil[unleserliches Material]recht oder Unrecht gegeben wurde, sondern es hieß, Messrs
je vous prie, et je vous demande meme en grace, n'en partey plus, et hoyez bons amis.
Gegen Abend wurden wir auf das freundlichste mit vielen complimenten und guten Wünschen dimi
tiret, und von dem Major de Grammont bis in unser Quartier begleitet, auch kam der General selbst
noch, da es schon finster war, nochmals glückliche Reise zu wünschen, wir ließen ihn aber nicht aus
steigen, und fuhren früh um 2 Uhr

den 15 August

unserer bereits gestern Mittag voraus geschickten bagage nach, da wir denn nicht nur das Thor geöffnet fanden, sondern auch die Wache
im Gewehr stund, und die Schild=Wachen solches praesentireten.

Die Stadt Toulon.
Ist nicht groß, hat schöne massive Häuser, aber nicht so gerade Gaßen, als die Neustadt
zu Marseille, und ist im übrigen nach der Land Seite gantz gut und modern, aber nicht ex-
traordinair befestiget. Die hier ausgestandene extreme Hitze, welche von denen
See-Officiers noch über die Americanische und Africanische hinaus gesetzet wurde,
schriebe man denn zu, daß keine See-Luft wehe, welches in dieser Jahres-Zeit sonst
die ordentliche Erfrischung der Einwohner ist. Carossen siehet man hier gar nicht,
sondern die alten Leute von condition laßen sich tragen, und die jungen
gehen zu Fuß.

der Intendantin, Madame de Cateleir und andere Dames, desgleichen die Frau
des Französischen consuls zu Livorno Madamede Bertelet, welche zu Besuchung ihrer Ver-
wandten kürtzlich hier ankommen war, item, außer Monsieur de Grammont, die 2 anderen
Schiff-Majors de Minot und de Salier mit speiseten. Man ziehet der Hitze wegen
bey Tische die Röcke aus, und verwechselt die peruquen mit leichten Mützen, darum
die Dames selbst zu bitten pflegen, außer welcher commoditaet es auch sehr be-
schwerlich seyn würde, hier zu Gaste zu gehen. Der Intendant ist zwar sehr mit
Geschäfften beladen, aber doch sehr affable und aufgeräummt. Gegen Abend gaben
wir unserm General, und sodann unserm Kauffman Monsieur Trouchet, der uns
mit gutem Wein beschenckt hatte, visite, und beschloßen so dann mit dem Besuch
der gewöhnlichen Abend Assamblée bey dem Intendanten, welche sehr zahlreich war.

Den 14ten August

Nahmen wir bey dem Gouverneur und in des Intendanten Hause Abschied, und baten
bey dem ersten, daß uns zu unserer Abreise die Vestung früh um 2 Uhr geöffnet
werden mögte, welches er auch auf das obligeanteste so gleich veranstaltete. Das letz-
te Mittags-Eßen nahmen wir bey unserm General ein, und nach der Tafel, wohneten wir einer
gerichtlichen Handlung mit bey, da nehmlich ein Tresorier de la marine über den Schiff Lieutenant
Chevalier d‘Egoute sich beschwehrte, daß er ihm in seinem bureau mit warten insultiret. Der
Chevalier gab wolte weiter nichts gethan haben, als daß er dem Tresorier, welcher vorgegeben, er thue
ihm mit avancirung des Monathlichen Solds eine Gnade, kurtz und gut geantwortet, es sey seine [unleserliches Material]
Schuldigkeit, weil er ihm die assignation des Intendanten bereits produciret habe. Die decision des
Generals war so, daß keinem Theil[unleserliches Material]recht oder Unrecht gegeben wurde, sondern es hieß, Messrs
je vous prie, et je vous demande méme en grace, n‘en partey plus, et hoyez bons amis.
Gegen Abend wurden wir auf das freundlichste mit vielen complimenten und guten Wünschen dimi
tiret, und von dem Major de Grammont bis in unser Quartier begleitet, auch kam der General selbst
noch, da es schon finster war, nochmals glückliche Reise zu wünschen, wir ließen ihn aber nicht aus
steigen, und fuhren früh um 2 Uhr

den 15 August

unserer bereits gestern Mittag voraus geschickten bagage nach, da wir denn nicht nur das Thor geöffnet fanden, sondern auch die Wache
im Gewehr stund, und die Schild=Wachen solches praesentireten.

Die Stadt Toulon.
Ist nicht groß, hat schöne massive Häuser, aber nicht so gerade Gaßen, als die Neustadt
zu Marseille, und ist im übrigen nach der Land Seite gantz gut und modern, aber nicht ex-
traordinair befestiget. Die hier ausgestandene extreme Hitze, welche von denen
See-Officiers noch über die Americanische und Africanische hinaus gesetzet wurde,
schriebe man denn zu, daß keine See-Luft wehe, welches in dieser Jahres-Zeit sonst
die ordentliche Erfrischung der Einwohner ist. Carossen siehet man hier gar nicht,
sondern die alten Leute von condition laßen sich tragen, und die jungen
gehen zu Fuß.

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[0411] der Intendantin, Madame de Cateleir und andere Dames, desgleichen die Frau des Französischen consuls zu Livorno Mad.de Bertelet, welche zu Besuchung ihrer Ver- wandten kürtzlich hier ankommen war, item, außer Mons. de Grammont, die 2 anderen Schiff-Majors de Minot und de Salier mit speiseten. Man ziehet der Hitze wegen bey Tische die Röcke aus, und verwechselt die peruquen mit leichten Mützen, darum die Dames selbst zu bitten pflegen, außer welcher commoditaet es auch sehr be- schwerlich seyn würde, hier zu Gaste zu gehen. Der Intendant ist zwar sehr mit Geschäfften beladen, aber doch sehr affable und aufgeräummt. Gegen Abend gaben wir unserm General, und sodann unserm Kauffman Mr Trouchet, der uns mit gutem Wein beschenckt hatte, visite, und beschloßen so dann mit dem Besuch der gewöhnl: Abend Assamblée bey dem Intendanten, welche sehr zahlreich war. Den 14ten Augl. Nahmen wir bey dem Gouverneur und in des Intendanten Hause Abschied, und baten bey dem ersten, daß uns zu unserer Abreise die Vestung früh um 2 Uhr geöffnet werden mögte, welches er auch auf das obligeanteste so gleich veranstaltete. Das letz- te Mittags-Eßen nahmen wir bey unserm General ein, und nach der Tafel, wohneten wir einer gerichtlichen Handlung mit bey, da nehml. ein Tresorier de la marine über den Schiff Lieutenant Chevalier d‘Egoute sich beschwehrte, daß er ihm in seinem bureau mit warten insultiret. Der Chevalier wolte weiter nichts gethan haben, als daß er dem Tresorier, welcher vorgegeben, er thue ihm mit avancirung des Monathl. Solds eine Gnade, kurtz und gut geantwortet, es sey seine _ Schuldigkeit, weil er ihm die assignation des Intendanten bereits produciret habe. Die decision des Generals war so, daß keinem Theilrecht oder Unrecht gegeben wurde, sondern es hieß, Messrs je vous prie, et je vous demande méme en grace, n‘en partey plus, et hoyez bons amis. Gegen Abend wurden wir auf das freundlichste mit vielen complimenten und guten Wünschen dimi tiret, und von dem Major de Grammont bis in unser Quartier begleitet, auch kam der General selbst noch, da es schon finster war, nochmals glückliche Reise zu wünschen, wir ließen ihn aber nicht aus steigen, und fuhren früh um 2 Uhr den 15 Augl unserer bereits gestern Mittag voraus geschickten bagage nach, da wir denn nicht nur das Thor geöffnet fanden, sondern auch die Wache im Gewehr stund, und die Schild=Wachen solches praesentireten. Die Stadt Toulon. Ist nicht groß, hat schöne massive Häuser, aber nicht so gerade Gaßen, als die Neustadt zu Marseille, und ist im übrigen nach der Land Seite gantz gut und modern, aber nicht ex- traordinair befestiget. Die hier ausgestandene extreme Hitze, welche von denen See-Officiers noch über die Americanische und Africanische hinaus gesetzet wurde, schriebe man denn zu, daß keine See-Luft wehe, welches in dieser Jahres-Zeit sonst die ordentliche Erfrischung der Einwohner ist. Carossen siehet man hier gar nicht, sondern die alten Leute von condition laßen sich tragen, und die jungen gehen zu Fuß.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/411>, abgerufen am 21.11.2024.