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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Überhaupt sind nach der letzten hier gewesenen großen Pest alle menschliche praecauti-
ones viel accurater und schärffer, als sie sonst gewesen, eingerichtet. Auf unserer -
retour bemerckten wir nicht nur den Gebrauch der Schiff=Heber, welche bey einem Schiff ap
pliciret wurden, das vor 2 Tagen mit völliger Ladung in Brand gerathen, und, zu Rettung
derer dabey gelegenen Kauff=Fahrer, war in den Grund gebohret worden, sondern wir
bestiegen auch 3.) eine Galere, deren ietzo nur 14 hier vorhanden sind. Wie
alle übrige, also connectiret auch diese mit dem Ufer vermittelst eines kleinen
Brückgens, deßen Eingang mit einer Thür verwahret, und mit einer Wache besetzet ist.
Nachdem Monsieur de Bernage dem Commis, welcher die Galeriens in der Auf-
sicht hat, von Illustrissimi qualitaet Nachricht gegeben, wurden dieselben so wohl
beym Ein= als Abtritt mit einem dreymaligen Ho! welches der Galeren=Gruß
ist, von der sämtliche equipage salutiret, wozu der sogenannte Maitre
mit der silbernen Pfeiffe das Signal gab. Jede Galere führet 3 oder 5 canonen
davon die gröste unter dem Schnabel oder der Spitze des Schiffs lieget, und nach der Ab-
feurung, in eine mit Bohlen ausgesetzte Öffnung, welche einen kleinen Graben oder
canal gleich siehet, zurück fähret, wodurch denn die Wieder=Ladung sehr bequem gemacht
wird. Ietzt gedachter canal, oder wie man die Vertiefung nennen will,
theilet die Galere der Länge nach in 2 Theile, und sitzen die Galeriens auf beyden
Seiten hinunter zwey und zwey mit ziemlich langen und schweren Ketten, einer am
rechten, der ander am lincken Fuß zusammen geschloßen. Das Schiff aber ist mit
ausgespanneter Leinwand gegen die Sonnen Hitze bedeckt. Bey dieser Gelegenheit
überhaupt Von dem Zustand derer Galeriens einige Nachricht zu geben, so
sind deren zweyerley Arten, nehmlich a.) Sclaven oder gefangene Türcken und Mohren,
deren Eigenthums Herr allein der König ist, weil kein particulier in Franckreich einen
Sclaven haben kan (b.) Forcars oder Übelthäter, welche zu Büßung ihrer
Verbrechen auf Lebens Zeit, oder nur auf gewiße Jahre in diesen Stand gesetzet werden.
Jene, sonderlich die Türcken werden sehr leidlich gehalten, und tragen ihrer Viele
nur einen schmalen eisernen Ring am Fuß, es ist auch kein Galeren=Officier,
der nicht einen Türcken zur Aufwartung hätte, weil sie vor sehr treu und auf-
wartsam passiren. Diese Bedienten sind denn auch, so lange die Galeren
in Hafen liegen, und nicht in See gehen, von aller publiquen Arbeit frey, und
schlafen in dem Quartier ihres Dienst=Herren. Von denen Sclaven, die
keine Bediente sind, und hauptsächlich von denen Forcars wird täglich ein
gewißes detachement auf die Arbeit ins Zeug=Hauß, oder an ander publi-
que Orte commandiret, da sie denn zwey und zwey zusammen geschloßen

Überhaupt sind nach der letzten hier gewesenen großen Pest alle menschliche praecauti-
ones viel accurater und schärffer, als sie sonst gewesen, eingerichtet. Auf unserer -
retour bemerckten wir nicht nur den Gebrauch der Schiff=Heber, welche bey einem Schiff ap
pliciret wurden, das vor 2 Tagen mit völliger Ladung in Brand gerathen, und, zu Rettung
derer dabey gelegenen Kauff=Fahrer, war in den Grund gebohret worden, sondern wir
bestiegen auch 3.) eine Galere, deren ietzo nur 14 hier vorhanden sind. Wie
alle übrige, also connectiret auch diese mit dem Ufer vermittelst eines kleinen
Brückgens, deßen Eingang mit einer Thür verwahret, und mit einer Wache besetzet ist.
Nachdem Monsieur de Bernage dem Commis, welcher die Galeriens in der Auf-
sicht hat, von Illustrissimi qualitaet Nachricht gegeben, wurden dieselben so wohl
beym Ein= als Abtritt mit einem dreymaligen Ho! welches der Galeren=Gruß
ist, von der sämtliche equipage salutiret, wozu der sogenannte Maitre
mit der silbernen Pfeiffe das Signal gab. Jede Galere führet 3 oder 5 canonen
davon die gröste unter dem Schnabel oder der Spitze des Schiffs lieget, und nach der Ab-
feurung, in eine mit Bohlen ausgesetzte Öffnung, welche einen kleinen Graben oder
canal gleich siehet, zurück fähret, wodurch denn die Wieder=Ladung sehr bequem gemacht
wird. Ietzt gedachter canal, oder wie man die Vertiefung nennen will,
theilet die Galere der Länge nach in 2 Theile, und sitzen die Galeriens auf beyden
Seiten hinunter zwey und zwey mit ziemlich langen und schweren Ketten, einer am
rechten, der ander am lincken Fuß zusammen geschloßen. Das Schiff aber ist mit
ausgespanneter Leinwand gegen die Sonnen Hitze bedeckt. Bey dieser Gelegenheit
überhaupt Von dem Zustand derer Galeriens einige Nachricht zu geben, so
sind deren zweyerley Arten, nehmlich a.) Sclaven oder gefangene Türcken und Mohren,
deren Eigenthums Herr allein der König ist, weil kein particulier in Franckreich einen
Sclaven haben kan (b.) Forcars oder Übelthäter, welche zu Büßung ihrer
Verbrechen auf Lebens Zeit, oder nur auf gewiße Jahre in diesen Stand gesetzet werden.
Jene, sonderlich die Türcken werden sehr leidlich gehalten, und tragen ihrer Viele
nur einen schmalen eisernen Ring am Fuß, es ist auch kein Galeren=Officier,
der nicht einen Türcken zur Aufwartung hätte, weil sie vor sehr treu und auf-
wartsam passiren. Diese Bedienten sind denn auch, so lange die Galeren
in Hafen liegen, und nicht in See gehen, von aller publiquen Arbeit frey, und
schlafen in dem Quartier ihres Dienst=Herren. Von denen Sclaven, die
keine Bediente sind, und hauptsächlich von denen Forcars wird täglich ein
gewißes detachement auf die Arbeit ins Zeug=Hauß, oder an ander publi-
que Orte commandiret, da sie denn zwey und zwey zusammen geschloßen

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[0405] Überhaupt sind nach der letzten hier gewesenen großen Pest alle menschliche praecauti- ones viel accurater und schärffer, als sie sonst gewesen, eingerichtet. Auf unserer - retour bemerckten wir nicht nur den Gebrauch der Schiff=Heber, welche bey einem Schiff ap pliciret wurden, das vor 2 Tagen mit völliger Ladung in Brand gerathen, und, zu Rettung derer dabey gelegenen Kauff=Fahrer, war in den Grund gebohret worden, sondern wir bestiegen auch 3.) eine Galere, deren ietzo nur 14 hier vorhanden sind. Wie alle übrige, also connectiret auch diese mit dem Ufer vermittelst eines kleinen Brückgens, deßen Eingang mit einer Thür verwahret, und mit einer Wache besetzet ist. Nachdem Mr de Bernage dem Commis, welcher die Galeriens in der Auf- sicht hat, von Illmi qualitaet Nachricht gegeben, wurden dieselben so wohl beym Ein= als Abtritt mit einem dreymaligen Ho! welches der Galeren=Gruß ist, von der sämbtl. equipage salutiret, wozu der sogenannte Maitre mit der silbernen Pfeiffe das Signal gab. Jede Galere führet 3 oder 5 canonen davon die gröste unter dem Schnabel oder der Spitze des Schiffs lieget, und nach der Ab- feurung, in eine mit Bohlen ausgesetzte Öffnung, welche einen kleinen Graben oder canal gleich siehet, zurück fähret, wodurch denn die Wieder=Ladung sehr bequem gemacht wird. Ietzt gedachter canal, oder wie man die Vertiefung nennen will, theilet die Galere der Länge nach in 2 Theile, und sitzen die Galeriens auf beyden Seiten hinunter zwey und zwey mit ziemlich langen und schweren Ketten, einer am rechten, der ander am lincken Fuß zusammen geschloßen. Das Schiff aber ist mit ausgespanneter Leinwand gegen die Sonnen Hitze bedeckt. Bey dieser Gelegenheit überhaupt Von dem Zustand derer Galeriens einige Nachricht zu geben, so sind deren zweyerley Arten, nehml. a.) Sclaven oder gefangene Türcken und Mohren, deren Eigenthums Herr allein der König ist, weil kein particulier in Franckreich einen Sclaven haben kan (b.) Forcars oder Übelthäter, welche zu Büßung ihrer Verbrechen auf Lebens Zeit, oder nur auf gewiße Jahre in diesen Stand gesetzet werden. Jene, sonderlich die Türcken werden sehr leidlich gehalten, und tragen ihrer Viele nur einen schmalen eisernen Ring am Fuß, es ist auch kein Galeren=Officier, der nicht einen Türcken zur Aufwartung hätte, weil sie vor sehr treu und auf- wartsam passiren. Diese Bedienten sind denn auch, so lange die Galeren in Hafen liegen, und nicht in See gehen, von aller publiquen Arbeit frey, und schlafen in dem Quartier ihres Dienst=Herren. Von denen Sclaven, die keine Bediente sind, und hauptsächlich von denen Forcars wird täglich ein gewißes detachement auf die Arbeit ins Zeug=Hauß, oder an ander publi- que Orte commandiret, da sie denn zwey und zwey zusammen geschloßen

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/405>, abgerufen am 24.11.2024.