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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Abends fuhren wir bey dem Marquis de Lenta in die assamblee, und wurden abermal an viel
Dames, als die Marquise de S. Felix, la Premiere Presidente de Collet perge, perge praesentiret.
Endlich solten wir zwar bey dem Comte Caraman Soupiren, als bey dem ebenfals große
Gesellschaft war, mit seiner guten Bewilligung aber retirireten wir uns um
9 Uhr, iedoch unter der Bedingung, morgen bey dem Duc de Chevreuse abens zu
eßen, und den Montag noch hier zu bleiben.

Den 23 Juli

Hatten wir von dem President Collet, der die Stelle des abwesenden Premier President
Monsieur Maniban vertritt, und von verschiedenen andern visites, legeten auch dagegen
unsers Orts dergleichen ab, und speiseten Mittags bey dem Comte de Caraman, der
uns nach aufgehobener Tafel in seinem gantzen überaus wohl und propre einge-
richteten Hause herum führete, und darauf mit uns zu dem Marquis de
Lenta fuhr, von deßen Balcon wir der großen procession de notre Dame
la noire
zu sahen, als welches Bild, nach der obgedachten vermeintlich geleisteten Hülfe,
wieder an seinem Ort gesetzet, vorher aber die schuldigen Danksagungen von
dem Volck einnehmen sollte. Es waren mehr, als 600 Mönche von differenten
Orden dabey zu sehen, und wurde das Bild, mit einen rothen von Gold durch-
wirckten Talar angethan, unter einem eben dergleichen Himmel auf denen Schultern
getragen, auch immediate vor demselben geräuchert, und folgten die Capitouls
demselben. Die Anwesenden Dames wusten nicht gennug zu erzehlen, wie
promt die Hülfte gewesen, welche dieses Bild durch den letzten Regen ver-
schaffet, und, weil sie vermuthen mogten, daß uns das Räuchern choquiren
könnte, so hieß es, man räuchere nicht dem Bilde, sondern Gott, und was -
dergleichen elende, und übel zusammen hangende raisonnements mehr
waren. Mann hatte hingegen das Vergnügen bey dem Monsieurde Serrau, der
sich darüber vertraulich heraus ließ, gantz andere und beßere Sentiments von
dieser materie zu vernehmen. Gegen Abend fuhren wir in einer 6 spännigen
Carosse mit dem jungen Graf Caraman und Monsieur de Serrau nachdem eine
halbe Stunde vor der Stadt gelegenen und einem particulier zugehörigen
Land=Hause Fontaine l'Etang, und promenireten daselbst in dem wohl
angelegten Garten, fanden aber nichts Besonders darinnen, als einen
Mercurium von Bronse, von dem berühmten Boulogne gegoßen,
welche Statue sehr hoch aestimiret wird. Abends bey der retour tra-
ten wir bey dem Duc de Cchevreuse ab, und soupireten daselbst in großer
Geseelschaft ungemein delicat und prächtig, so daß wenn nach der
Lebens Art dieser Leute geurtheilet werden müste, man darau[unleserliches Material]f
schwehren sollte, der Mensch eße nicht daß er lebe, sondern er lebe
daß er eße. Sonst bezeigte sich der Duc so wohl, als seine Gemahlin un
Gemein

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Abends fuhren wir bey dem Marquis de Lenta in die assamblée, und wurden abermal an viel
Dames, als die Marquise de S. Felix, la Premiere Presidente de Collet perge, perge praesentiret.
Endlich solten wir zwar bey dem Comte Caraman Soupiren, als bey dem ebenfals große
Gesellschaft war, mit seiner guten Bewilligung aber retirireten wir uns um
9 Uhr, iedoch unter der Bedingung, morgen bey dem Duc de Chevreuse abens zu
eßen, und den Montag noch hier zu bleiben.

Den 23 Juli

Hatten wir von dem President Collet, der die Stelle des abwesenden Premier President
Monsieur Maniban vertritt, und von verschiedenen andern visites, legeten auch dagegen
unsers Orts dergleichen ab, und speiseten Mittags bey dem Comte de Caraman, der
uns nach aufgehobener Tafel in seinem gantzen überaus wohl und propre einge-
richteten Hause herum führete, und darauf mit uns zu dem Marquis de
Lenta fuhr, von deßen Balcon wir der großen procession de nótre Dame
la noire
zu sahen, als welches Bild, nach der obgedachten vermeintlich geleisteten Hülfe,
wieder an seinem Ort gesetzet, vorher aber die schuldigen Danksagungen von
dem Volck einnehmen sollte. Es waren mehr, als 600 Mönche von differenten
Orden dabey zu sehen, und wurde das Bild, mit einen rothen von Gold durch-
wirckten Talar angethan, unter einem eben dergleichen Himmel auf denen Schultern
getragen, auch immediate vor demselben geräuchert, und folgten die Capitouls
demselben. Die Anwesenden Dames wusten nicht gennug zu erzehlen, wie
promt die Hülfte gewesen, welche dieses Bild durch den letzten Regen ver-
schaffet, und, weil sie vermuthen mogten, daß uns das Räuchern choquiren
könnte, so hieß es, man räuchere nicht dem Bilde, sondern Gott, und was -
dergleichen elende, und übel zusammen hangende raisonnements mehr
waren. Mann hatte hingegen das Vergnügen bey dem Monsieurde Serrau, der
sich darüber vertraulich heraus ließ, gantz andere und beßere Sentiments von
dieser materie zu vernehmen. Gegen Abend fuhren wir in einer 6 spännigen
Carosse mit dem jungen Graf Caraman und Monsieur de Serrau nachdem eine
halbe Stunde vor der Stadt gelegenen und einem particulier zugehörigen
Land=Hause Fontaine l’Etang, und promenireten daselbst in dem wohl
angelegten Garten, fanden aber nichts Besonders darinnen, als einen
Mercurium von Bronse, von dem berühmten Boulogne gegoßen,
welche Statue sehr hoch aestimiret wird. Abends bey der retour tra-
ten wir bey dem Duc de Cchevreuse ab, und soupireten daselbst in großer
Geseelschaft ungemein delicat und prächtig, so daß wenn nach der
Lebens Art dieser Leute geurtheilet werden müste, man darau[unleserliches Material]f
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Gemein

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[0388] 187 Abends fuhren wir bey dem Marquis de Lenta in die assamblée, und wurden abermal an viel Dames, als die Marquise de S. Felix, la Premiere Presidente de Collet pp. praesentiret. Endlich solten wir zwar bey dem Comte Caraman Soupiren, als bey dem ebenfals große Gesellschaft war, mit seiner guten Bewilligung aber retirireten wir uns um 9 Uhr, iedoch unter der Bedingung, morgen bey dem Duc de Chevreuse abens zu eßen, und den Montag noch hier zu bleiben. Den 23 Jul. Hatten wir von dem President Collet, der die Stelle des abwesenden Premier President Mr. Maniban vertritt, und von verschiedenen andern visites, legeten auch dagegen unsers Orts dergleichen ab, und speiseten Mittags bey dem Comte de Caraman, der uns nach aufgehobener Tafel in seinem gantzen überaus wohl und propre einge- richteten Hause herum führete, und darauf mit uns zu dem Marquis de Lenta fuhr, von deßen Balcon wir der großen procession de nótre Dame la noire zu sahen, als welches Bild, nach der obgedachten vermeintlich geleisteten Hülfe, wieder an seinem Ort gesetzet, vorher aber die schuldigen Danksagungen von dem Volck einnehmen sollte. Es waren mehr, als 600 Mönche von differenten Orden dabey zu sehen, und wurde das Bild, mit einen rothen von Gold durch- wirckten Talar angethan, unter einem eben dergl. Himmel auf denen Schultern getragen, auch immediate vor demselben geräuchert, und folgten die Capitouls demselben. Die Anwesenden Dames wusten nicht gennug zu erzehlen, wie promt die Hülfte gewesen, welche dieses Bild durch den letzten Regen ver- schaffet, und, weil sie vermuthen mogten, daß uns das Räuchern choquiren könnte, so hieß es, man räuchere nicht dem Bilde, sondern Gott, und was - dergleichen elende, und übel zusammen hangende raisonnements mehr waren. Mann hatte hingegen das Vergnügen bey dem Mr. de Serrau, der sich darüber vertraulich heraus ließ, gantz andere und beßere Sentiments von dieser materie zu vernehmen. Gegen Abend fuhren wir in einer 6 spännigen Carosse mit dem jungen Graf Caraman und Mr. de Serrau nachdem eine halbe Stunde vor der Stadt gelegenen und einem particulier zugehörigen Land=Hause Fontaine l’Etang, und promenireten daselbst in dem wohl angelegten Garten, fanden aber nichts Besonders darinnen, als einen Mercurium von Bronse, von dem berühmten Boulogne gegoßen, welche Statue sehr hoch aestimiret wird. Abends bey der retour tra- ten wir bey dem Duc de Cchevreuse ab, und soupireten daselbst in großer Geseelschaft ungemein delicat und prächtig, so daß wenn nach der Lebens Art dieser Leute geurtheilet werden müste, man darauf schwehren sollte, der Mensch eße nicht daß er lebe, sondern lebe daß er eße. Sonst bezeigte sich der Duc so wohl, als seine Gemahlin un Gemein

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/388>, abgerufen am 21.11.2024.