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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Caraman wieder in sein Hauß zum Soupe, bey welchem die übrigen Gäste
waren: der Duc de Chevreuse, mit seiner Gemahlin aus dem Hause Egmond,
welche eines Processes wegen sich hier aufgehalten, die beyden Marquis de
Beauteville, der Marquis de Sabran Colonel eines infanterie Regi-
ments, und noch andre mehr. Das Tractement war en maigre sehr
magnifique, wir nahmen aber gleich nach der Tafel, als das gewöhnliche
Spielen wieder angieng, unsern Abschied, und haben überhaupt von dem Comte
de Caraman zu rühmen, daß er uns bey unserer Enthaltung vom Spiel
aller Orten treulich mainteniret, und uns sehr leicht durchgeholfen habe.

Den 22 Juli

Nachdem der Comte de Caraman und alle obbenante Chapeaux, auch der in
Bourdeaux uns bekannt gewordene Marquis d'Aubais, item der
Bruder des Marquis de Gardouge Chevalier de Bellesta uns Visi
te gegeben, speiseten wir mittags abermals bey in diein dem Caramanischen Hause,
und besahen den Nachmittag unter Anführung des Comte de Caraman folgen
de Sachen. 1.) Die Kirche de Saint Sernin oder Sancti Saturnini. Es sind in der
selben 30 Leiber den heiligen vorhanden, welche grösten Theils in einem unter
dem Chor befindlichen Souterrain verwahret werden. Der Priester, welcher uns
das Behältnüß, darinnen der Leib des Apostels Jacobi majoris seyn solte, anwiese,
hatte die discretion, von selbst zu bekennen, daß auch zu Compostella dergleichen
Cörper gezeiget werde, und war dabey so modest, daß er an seinen Ort
gestellet seyn ließ, welcher von beyden der rechte seyn mögte. Der Comte
de Caraman machte dabey gantz sachte die reflexion, daß es nichts auf sich
habe, diese Sache problematisch zu tractiren, weil es dieser Kirche nichts
einbringe, und der heilige längst aus der mode sey; dahingegen einer
übel ankommen würde, der über das schwartze Marien=Bild und
deßen Kraft Scrupuliren wolte, weil der Stadtmagistrat allezeit
denen Benedictinern etliche 100 Livre tournois schencken müße, so oft solches Bild in
gemeiner Noth von seiner Stelle verrückt, oder in Procession getragen
würde. Es ist bey dieser Kirche eine eigne Confrerie des corps saints
und hat Pabst Paul der V. einem ieglichen Mitbruder, welcher zu gewißen
Tagen die Kirche Bußfertig besuchet, Septanter sept quarantaines d'ingulgence
versprachen. Das Beste von dem Kirchen Schatz ist ein lateinisch Evangelium
Buch
in 4to oder klein folis, auf Purpurfarbenes Pergament mit goldenen
Buchstaben in 2 colonnen geschrieben. Hinten ist mit gleicher Schrift ein
Calendarium, und ein Carmen angehanget, aus welchem letzteren folgende

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Caraman wieder in sein Hauß zum Soupé, bey welchem die übrigen Gäste
waren: der Duc de Chevreuse, mit seiner Gemahlin aus dem Hause Egmond,
welche eines Processes wegen sich hier aufgehalten, die beyden Marquis de
Beauteville, der Marquis de Sabran Colonel eines infanterie Regi-
ments, und noch andre mehr. Das Tractement war en maigre sehr
magnifique, wir nahmen aber gleich nach der Tafel, als das gewöhnliche
Spielen wieder angieng, unsern Abschied, und haben überhaupt von dem Comte
de Caraman zu rühmen, daß er uns bey unserer Enthaltung vom Spiel
aller Orten treulich mainteniret, und uns sehr leicht durchgeholfen habe.

Den 22 Juli

Nachdem der Comte de Caraman und alle obbenante Chapeaux, auch der in
Bourdeaux uns bekannt gewordene Marquis d‘Aubais, item der
Bruder des Marquis de Gardouge Chevalier de Bellesta uns Visi
te gegeben, speiseten wir mittags abermals bey in diein dem Caramanischen Hause,
und besahen den Nachmittag unter Anführung des Comte de Caraman folgen
de Sachen. 1.) Die Kirche de Saint Sernin oder Sancti Saturnini. Es sind in der
selben 30 Leiber den heiligen vorhanden, welche grösten Theils in einem unter
dem Chor befindlichen Souterrain verwahret werden. Der Priester, welcher uns
das Behältnüß, darinnen der Leib des Apostels Jacobi majoris seyn solte, anwiese,
hatte die discretion, von selbst zu bekennen, daß auch zu Compostella dergleichen
Cörper gezeiget werde, und war dabey so modest, daß er an seinen Ort
gestellet seyn ließ, welcher von beyden der rechte seyn mögte. Der Comte
de Caraman machte dabey gantz sachte die reflexion, daß es nichts auf sich
habe, diese Sache problematisch zu tractiren, weil es dieser Kirche nichts
einbringe, und der heilige längst aus der mode sey; dahingegen einer
übel ankommen würde, der über das schwartze Marien=Bild und
deßen Kraft Scrupuliren wolte, weil der Stadtmagistrat allezeit
denen Benedictinern etliche 100 Livre tournois schencken müße, so oft solches Bild in
gemeiner Noth von seiner Stelle verrückt, oder in Procession getragen
würde. Es ist bey dieser Kirche eine eigne Confrérie des corps saints
und hat Pabst Paul der V. einem ieglichen Mitbruder, welcher zu gewißen
Tagen die Kirche Bußfertig besuchet, Septanter sept quarantaines d‘ingulgence
versprachen. Das Beste von dem Kirchen Schatz ist ein lateinisch Evangelium
Buch
in 4to oder klein folis, auf Purpurfarbenes Pergament mit goldenen
Buchstaben in 2 colonnen geschrieben. Hinten ist mit gleicher Schrift ein
Calendarium, und ein Carmen angehanget, aus welchem letzteren folgende

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[0386] 186 Caraman wieder in sein Hauß zum Soupé, bey welchem die übrigen Gäste waren: der Duc de Chevreuse, mit seiner Gemahlin aus dem Hause Egmond, welche eines Processes wegen sich hier aufhalten, die beyden Marquis de Beauteville, der Marquis de Sabran Colonel eines infanterie Regi- ments, und noch andre mehr. Das Tractement war en maigre sehr magnifique, wir nahmen aber gleich nach der Tafel, als das gewöhnliche Spielen wieder angieng, unsern Abschied, und haben überhaupt von dem Comte de Caraman zu rühmen, daß er uns bey unserer Enthaltung vom Spiel aller Orten treulich mainteniret, und uns sehr leicht durchgeholfen habe. Den 22 Jul. Nachdem der Comte de Caraman und alle obbenante Chapeaux, auch der in Bourdeaux uns bekannt gewordene Marquis d‘Aubais, item der Bruder des Marquis de Gardouge Chevalier de Bellesta uns Visi te gegeben, speiseten wir mittags abermals in dem Caramanischen Hause, und besahen den Nachmittag unter Anführung des Comte de Caraman folgen de Sachen. 1.) Die Kirche de St: Sernin oder Sancti Saturnini. Es sind in der selben 30 Leiber den heiligen vorhanden, welche grösten Theils in einem unter dem Chor befindl. Souterrain verwahret werden. Der Priester, welcher uns das Behältnüß, darinnen der Leib des Apostels Jacobi majoris seyn solte, anwiese, hatte die discretion, von selbst zu bekennen, daß auch zu Compostella dergl. Cörper gezeiget werde, und war dabey so modest, daß er an seinen Ort gestellet seyn ließ, welcher von beyden der rechte seyn mögte. Der Comte de Caraman machte dabey gantz sachte die reflexion, daß es nichts auf sich habe, diese Sache problematisch zu tractiren, weil es dieser Kirche nichts einbringe, und der heilige längst aus der mode sey; dahingegen einer übel ankommen würde, der über das schwartze Marien=Bild und deßen Kraft Scrupuliren wolte, weil der Stadtmagistrat allezeit denen Benedictinern etl. 100 lt. schencken müße, so oft solches Bild in gemeiner Noth von seiner Stelle verrückt, oder in Procession getragen würde. Es ist bey dieser Kirche eine eigne Confrérie des corps saints und hat Pabst Paul der V. einem ieglichen Mitbruder, welcher zu gewißen Tagen die Kirche Bußfertig besuchet, Septanter sept quarantaines d‘ingulgence versprachen. Das Beste von dem Kirchen Schatz ist ein lateinisch Evangelium Buch in 4to oder klein folis, auf Purpurfarbenes Pergament mit goldenen Buchstaben in 2 colonnen geschrieben. Hinten ist mit gleicher Schrift ein Calendarium, und ein Carmen angehanget, aus welchem letzteren folgende

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/386>, abgerufen am 21.11.2024.