Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].177 ziemlich sandig ist, und siehet man Castanien und Feigen=Bäume, vonconsiderabler Größe, auch hin und wieder Wein Stöcke fast wie Bäume im freyen stehen, und nur unterstützet. Das Korn, und sonderlich eine gewiße Art Gerste, die ungemein starcke und volle Ahren hat, stehet zwar nicht so häuffig als in Poitou aber doch hin und wieder Fleck= Weise. Es wird hier nicht in Scheunen, sondern unterm freyem Himmel neben denen Häusern gedroschen, und bestehen die Dresch-Flegel aus zweyen zusammen gehängten Stöcken, deren iedweder ohngefehr 2 1/2 Elle lang ist. Der Stock welcher in die Hand genommen wird, ist ohngefähr 2 Zoll, und der andere, welcher auf das Getreyde fällt, halb so dicke daß es fast einem Spielwerck ähnlich siehet, und schwährlich reine aus- gedroschen werden kann. Zu Cubsac giengen wir mit 3 Schiffen über die Dordonne dieser Strasen in der ienes eines die Carosse in das andere die Pferde, und in das 3te die Personen embarquiret wurden, die Dordonne fält in die Garonne und giebt derselben an Breite nichts nach, hat auch hier Ebbe und Fluth. Weil die Fluth und der Wind uns contrair waren, brachten wir vor unsre Personen nur allein 3/4 Stunden auf dem Waßer zu, und da die Schiffe weder zum transport beladener Wagen gebauet sind, noch ein Kaan oder dergleichen vorhanden ist; so gab es diesfals über aus große Beschwehrligkeit, und gingen 3 gantzer Stunden hin, ehe wir wieder anspannen konnten. Eben diese Verweilung hinderte uns auch heute Bourdeaux zuereichen, weil bey dem traject über die Garonne der ebenfals unvermeidlich ist, bey der Nacht noch grösere Schwü- rigkeiten zu besorgen waren. Wir blieben also diese Nacht zu Charbon- blanc im Post Hause bey recht gut Gasconischen Leuten, deren Sprache mehr Italienisch, als Französisch klinget, und waren den 2 Juli Früh um 4 Uhr wieder auf, gelangeten um 6. Uhr nach Lormond an 177 ziemlich sandig ist, und siehet man Castanien und Feigen=Bäume, vonconsiderabler Größe, auch hin und wieder Wein Stöcke fast wie Bäume im freyen stehen, und nur unterstützet. Das Korn, und sonderlich eine gewiße Art Gerste, die ungemein starcke und volle Ahren hat, stehet zwar nicht so häuffig als in Poitou aber doch hin und wieder Fleck= Weise. Es wird hier nicht in Scheunen, sondern unterm freyem Himmel neben denen Häusern gedroschen, und bestehen die Dresch-Flegel aus zweyen zusammen gehängten Stöcken, deren iedweder ohngefehr 2 ½ Elle lang ist. Der Stock welcher in die Hand genommen wird, ist ohngefähr 2 Zoll, und der andere, welcher auf das Getreyde fällt, halb so dicke daß es fast einem Spielwerck ähnlich siehet, und schwährlich reine aus- gedroschen werden kann. Zu Cubsac giengen wir mit 3 Schiffen über die Dordonne dieser Strasen in der ienes eines die Carosse in das andere die Pferde, und in das 3te die Personen embarquiret wurden, die Dordonne fält in die Garonne und giebt derselben an Breite nichts nach, hat auch hier Ebbe und Fluth. Weil die Fluth und der Wind uns contrair waren, brachten wir vor unsre Personen nur allein ¾ Stunden auf dem Waßer zu, und da die Schiffe weder zum transport beladener Wagen gebauet sind, noch ein Kaan oder dergleichen vorhanden ist; so gab es diesfals über aus große Beschwehrligkeit, und gingen 3 gantzer Stunden hin, ehe wir wieder anspannen konnten. Eben diese Verweilung hinderte uns auch heute Bourdeaux zuereichen, weil bey dem traject über die Garonne der ebenfals unvermeidlich ist, bey der Nacht noch grösere Schwü- rigkeiten zu besorgen waren. Wir blieben also diese Nacht zu Charbon- blanc im Post Hause bey recht gut Gasconischen Leuten, deren Sprache mehr Italienisch, als Französisch klinget, und waren den 2 Juli Früh um 4 Uhr wieder auf, gelangeten um 6. Uhr nach Lormond an <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <div type="diaryEntry"> <p><pb facs="#f0368"/><fw type="folNum" place="top">177</fw><lb/> ziemlich sandig ist, und siehet man Castanien und Feigen=Bäume, von<lb/> considerabler Größe, auch hin und wieder Wein Stöcke fast wie Bäume<lb/> im freyen stehen, und nur unterstützet. 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ziemlich sandig ist, und siehet man Castanien und Feigen=Bäume, von
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im freyen stehen, und nur unterstützet. Das Korn, und sonderlich eine
gewiße Art Gerste, die ungemein starcke und volle Ahren hat, stehet
zwar nicht so häuffig als in Poitou aber doch hin und wieder Fleck=
Weise. Es wird hier nicht in Scheunen, sondern unterm freyem Himmel
neben denen Häusern gedroschen, und bestehen die Dresch-Flegel aus
zweyen zusammen gehängten Stöcken, deren iedweder ohngefehr 2 ½
Elle lang ist. Der Stock welcher in die Hand genommen wird, ist ohngefähr
2 Zoll, und der andere, welcher auf das Getreyde fällt, halb so dicke
daß es fast einem Spielwerck ähnlich siehet, und schwährlich reine aus-
gedroschen werden kann. Zu Cubsac giengen wir mit 3 Schiffen über die
Dordonne in der ienes eines die Carosse in das andere die
Pferde, und in das 3te die Personen embarquiret wurden, die Dordonne
fält in die Garonne und giebt derselben an Breite nichts nach, hat auch hier
Ebbe und Fluth. Weil die Fluth und der Wind uns contrair waren, brachten
wir vor unsre Personen nur allein ¾ Stunden auf dem Waßer zu, und
da die Schiffe weder zum transport beladener Wagen gebauet sind,
noch ein Kaan oder dergleichen vorhanden ist; so gab es diesfals über
aus große Beschwehrligkeit, und gingen 3 gantzer Stunden hin, ehe wir
wieder anspannen konnten. Eben diese Verweilung hinderte uns
auch heute Bourdeaux zuereichen, weil bey dem traject über die
Garonne der ebenfals unvermeidlich ist, bey der Nacht noch grösere Schwü-
rigkeiten zu besorgen waren. Wir blieben also diese Nacht zu Charbon-
blanc im Post Hause bey recht gut Gasconischen Leuten, deren Sprache
mehr Italienisch, als Französisch klinget, und waren
den 2 Jul.
Früh um 4 Uhr wieder auf, gelangeten um 6. Uhr nach Lormond an
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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