Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].174 französische Officiers, ein Commandeur von Maltha, und ein Canonicus aus hiesigerCathedrale. Man saß unter einer schattigen Plantage von Bäumen, und waren die ersten Discourse von Paris und unsren dortigen Bekantschaften. Sodann pro- ponierte Madame das Spiel, und schien über unsern refus und die Erzehlung, daß wir auch in Paris nicht gespiehlet sich mächtig zu verwundern. Sie brachte indeßen doch anderwerts ihre Partie zu Wege, und setzte sich mit denen Spielenden in einen an den Garten erbauten Salon, der Intendant aber, welcher indeßen sich auch einfand, und uns mit der größten politesse willkommen hieß, machte mit uns und denen übrigen nicht Spielenden eine Promenade in den Garten herum. Er scheinet ein Kluger, und zu seinem Beruf recht aufgelegter Mann zu seyn. Wie dem alle seine Discourse Serieus und real waren, und wir also in der notitz von hiesiger civile militair und commercieu Einrichtung sehr- viel von ihm profitirten. Halb 9. Uhr gieng die gantze Gesellschaft aus dem Gar- ten ins Hauß, und Soupirete man recht propre. Nach der Mahlzeit erhob sich alles abermal in den Garten, und wir nahmen von da bald nach 10 Uhr unsern Abschied, da den der Intendant seine Carosse zu Illustrissimi Bedienung während dero hierseyns, auf das obligeanteste offerirte, auch auf morgen abend aber mahl zum Soupe einlude, und uns eine gute Ecke in den Hof hinein begleitete. den 27. Juni Wanderten Wir den gantzen Vormittag zu Besichtigung derer hiesigen Römischen 174 französische Officiers, ein Commandeur von Maltha, und ein Canonicus aus hiesigerCathedrale. Man saß unter einer schattigen Plantage von Bäumen, und waren die ersten Discourse von Paris und unsren dortigen Bekantschaften. Sodann pro- ponierte Madame das Spiel, und schien über unsern refus und die Erzehlung, daß wir auch in Paris nicht gespiehlet sich mächtig zu verwundern. Sie brachte indeßen doch anderwerts ihre Partie zu Wege, und setzte sich mit denen Spielenden in einen an den Garten erbauten Salon, der Intendant aber, welcher indeßen sich auch einfand, und uns mit der größten politesse willkommen hieß, machte mit uns und denen übrigen nicht Spielenden eine Promenade in den Garten herum. Er scheinet ein Kluger, und zu seinem Beruf recht aufgelegter Mann zu seyn. Wie dem alle seine Discourse Serieus und real waren, und wir also in der notitz von hiesiger civile militair und commercieu Einrichtung sehr- viel von ihm profitirten. Halb 9. Uhr gieng die gantze Gesellschaft aus dem Gar- ten ins Hauß, und Soupirete man recht propre. Nach der Mahlzeit erhob sich alles abermal in den Garten, und wir nahmen von da bald nach 10 Uhr unsern Abschied, da den der Intendant seine Carosse zu Illustrissimi Bedienung während dero hierseyns, auf das obligeanteste offerirte, auch auf morgen abend aber mahl zum Soupe einlude, und uns eine gute Ecke in den Hof hinein begleitete. den 27. 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französische Officiers, ein Commandeur von Maltha, und ein Canonicus aus hiesiger
Cathedrale. Man saß unter einer schattigen Plantage von Bäumen, und waren
die ersten Discourse von Paris und unsren dortigen Bekantschaften. Sodann pro-
ponierte Madame das Spiel, und schien über unsern refus und die Erzehlung, daß
wir auch in Paris nicht gespiehlet sich mächtig zu verwundern. Sie brachte indeßen
doch anderwerts ihre Partie zu Wege, und setzte sich mit denen Spielenden in
einen an den Garten erbauten Salon, der Intendant aber, welcher indeßen
sich auch einfand, und uns mit der größten politesse willkommen hieß, machte
mit uns und denen übrigen nicht Spielenden eine Promenade in den Garten
herum. Er scheinet ein Kluger, und zu seinem Beruf recht aufgelegter
Mann zu seyn. Wie dem alle seine Discourse Serieus und real waren, und wir also
in der notitz von hiesiger civile militair und commercieu Einrichtung sehr-
viel von ihm profitirten. Halb 9. Uhr gieng die gantze Gesellschaft aus dem Gar-
ten ins Hauß, und Soupirete man recht propre. Nach der Mahlzeit erhob sich
alles abermal in den Garten, und wir nahmen von da bald nach 10 Uhr unsern
Abschied, da den der Intendant seine Carosse zu Illmi Bedienung während
dero hierseyns, auf das obligeanteste offerirte, auch auf morgen abend aber
mahl zum Soupe einlude, und uns eine gute Ecke in den Hof hinein begleitete.
den 27. Jun.
Wanderten Wir den gantzen Vormittag zu Besichtigung derer hiesigen Römischen
Alterthümer und andern Merckwürdigkeiten an, und sind solche folgende.
1.) Das Amphitheatrum oder les Arenes, welches zwar inwendig mit Gärten und
kleinen Häusern sehr verbauet, aber doch noch gantz künstlich ist. Die großen und
starcken Mauren sowohl, als die noch zu sehende Gewölber und Bögen sind von
bloßen Feld=Steinen. 2.) L’arc de Triomphe oder vielmehr ein Thor, welches
zu Anfang einer vid militaris gesetzt gewesen von gehauenen aber nicht
großen Steinén. Es ist keine inscription daran wahr zu nehmen,
weil nur der Bogen und die beyden Latera, worauf derselbe ruhet
davon übrig sind, und was vermutlich über dem Bogen gestanden,
längst mag herunter gefallen seyn. 3. L’Eglise de St. Jean Baptiste,
deren Structur zeiget, daß sie zu oder bald nach Constantini M. Zeiten
mögte erbauet seyn. Die inwendig in dieser kleinen Kirche hin und wieder
angebrachten Säulen von Römischer Ordnung sind von Marmor, aus
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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