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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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3.) die Cathedral Kirche, welche groß, massiv und helle, und nach sehr guter Gothique
gebauet ist, aber nichts merckwürdiges in sich faßet. Das Abend-Brodt und
die Nacht=Ruhe thaten ihren völligen Effect, daß wir

den 24 Juni

früh um 4 Uhr unseren Stab weiter setzen konnten. Wir fuhren längst der Loire
auf einem hohen und breiten schönen Damm in dem fruchtbahresten und angenehmsten
Thal bis zum Frühstück nach Amboise, und besahen das dortige auf einem hohen
Felsen gelegene weitläufige Schloß. Carl der VIII. und Franciscus I. haben
das meiste daran gebauet, was iezo vorhanden ist. Das merckwürdigste
darin mögte folgendes seyn. 1.) die Statuen Carls des VIII. mit seiner
Gemahlin Anna von Bretagne, beyde in einer niche. Der hier vorgestellten
Boildung nach, ist er ein diker und nicht großer Herr gewesen. 2.) das Grund
Gemäuer von dem Ball=Hause, darin gedachter König Carl das Leben ein-
gebüßet, weil er sich an einer Thür gestoßen, oder wie andere wollen
vom Ball an der Schlaf getroffen worden. 3.) la Sale des gardes, dahin
sein entstellter Cörper aus dem Ball-Hause zuerst gebracht, und beschickt
worden. 4.) das ungeheuer große Hirsch Gewey, 10 Fuß hoch, und 8 Fuß
von der einen obersten Spitze bis zur andern breit. Der Genick Knochen die-
ses Hirsches, welcher dabey henget, hat 3 Fuß in der Peripherie, und die Triebe
dieses Hirsches, welcher dabey henget, hat 3 Fuß in der Peripherie, und die Wirbel
dieses Hirsches, welche in dem Gange nach der Capelle aufgehenget sind, halten
zum Theil, wenn man die Krümmer mit mißet 7. Fuß in der Länge. Franciso
I.
hat diesen Hirsch in dem großen Walde des Ardennes gefällt, und soll der
selbe ein Halsband umgehabt haben mit der Umschrift: Caharis Sum.
welches Halsband aber nacheher, als die Knochen würde seyn auf behalten
worden, wenn dieser Umstand seine Richtigkeit hätte. 5.) die Schloß Capelle
von Francisio I. erbauet. Der Haupt Altar sowohl, als die Altäre derer
beyden neben Capellen des Königs und der Königin sind von weißem Stein, sehr er-
haben mit vielerley Figuren recht künstlich ausgehauen, auch ist die boiserie
welche diese Capellen von der Kirche abscheidet nicht zu verachten, und auf
der Königin ihrer lauter Heiliges Weibs=Volk auf des Königs seiner aber
dergleichen Manns Volk en bas relief zu sehen. Die gantze Schloß Capelle
scheinet dem H. Huberto geweyhet zu seyn, weil seine Historie über dem
Eingang en bas relief sich praesentiert. 6.) zwey weite Thürme, einer

3.) die Cathedral Kirche, welche groß, massiv und helle, und nach sehr guter Gothique
gebauet ist, aber nichts merckwürdiges in sich faßet. Das Abend-Brodt und
die Nacht=Ruhe thaten ihren völligen Effect, daß wir

den 24 Juni

früh um 4 Uhr unseren Stab weiter setzen konnten. Wir fuhren längst der Loire
auf einem hohen und breiten schönen Damm in dem fruchtbahresten und angenehmsten
Thal bis zum Frühstück nach Amboise, und besahen das dortige auf einem hohen
Felsen gelegene weitläufige Schloß. Carl der VIII. und Franciscus I. haben
das meiste daran gebauet, was iezo vorhanden ist. Das merckwürdigste
darin mögte folgendes seyn. 1.) die Statuen Carls des VIII. mit seiner
Gemahlin Anna von Bretagne, beyde in einer niche. Der hier vorgestellten
Boildung nach, ist er ein diker und nicht großer Herr gewesen.  2.) das Grund
Gemäuer von dem Ball=Hause, darin gedachter König Carl das Leben ein-
gebüßet, weil er sich an einer Thür gestoßen, oder wie andere wollen
vom Ball an der Schlaf getroffen worden. 3.) la Sale des gardes, dahin
sein entstellter Cörper aus dem Ball-Hause zuerst gebracht, und beschickt
worden. 4.) das ungeheuer große Hirsch Gewey, 10 Fuß hoch, und 8 Fuß
von der einen obersten Spitze bis zur andern breit. Der Genick Knochen die-
ses Hirsches, welcher dabey henget, hat 3 Fuß in der Peripherie, und die Triebe
dieses Hirsches, welcher dabey henget, hat 3 Fuß in der Peripherie, und die Wirbel
dieses Hirsches, welche in dem Gange nach der Capelle aufgehenget sind, halten
zum Theil, wenn man die Krümmer mit mißet 7. Fuß in der Länge. Franciso
I.
hat diesen Hirsch in dem großen Walde des Ardennes gefällt, und soll der
selbe ein Halsband umgehabt haben mit der Umschrift: Caharis Sum.
welches Halsband aber nacheher, als die Knochen würde seyn auf behalten
worden, wenn dieser Umstand seine Richtigkeit hätte.  5.) die Schloß Capelle
von Francisio I. erbauet. Der Haupt Altar sowohl, als die Altäre derer
beyden neben Capellen des Königs und der Königin sind von weißem Stein, sehr er-
haben mit vielerley Figuren recht künstlich ausgehauen, auch ist die boiserie
welche diese Capellen von der Kirche abscheidet nicht zu verachten, und auf
der Königin ihrer lauter Heiliges Weibs=Volk auf des Königs seiner aber
dergleichen Manns Volk en bas relief zu sehen. Die gantze Schloß Capelle
scheinet dem H. Huberto geweyhet zu seyn, weil seine Historie über dem
Eingang en bas relief sich praesentiert.  6.) zwey weite Thürme, einer

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[0359] 3.) die Cathedral Kirche, welche groß, massiv und helle, und nach sehr guter Gothique gebauet ist, aber nichts merckwürdiges in sich faßet. Das Abend-Brodt und die Nacht=Ruhe thaten ihren völligen Effect, daß wir den 24 Jun. früh um 4 Uhr unseren Stab weiter setzen konnten. Wir fuhren längst der Loire auf einem hohen und breiten schönen Damm in dem fruchtbahresten und angenehmsten Thal bis zum Frühstück nach Amboise, und besahen das dortige auf einem hohen Felsen gelegene weitläufige Schloß. Carl der VIII. und Franciscus I. haben das meiste daran gebauet, was iezo vorhanden ist. Das merckwürdigste darin mögte folgendes seyn. 1.) die Statuen Carls des VIII. mit seiner Gemahlin Anna von Bretagne, beyde in einer niche. Der hier vorgestellten Boildung nach, ist er ein diker und nicht großer Herr gewesen.  2.) das Grund Gemäuer von dem Ball=Hause, darin gedachter König Carl das Leben ein- gebüßet, weil er sich an einer Thür gestoßen, oder wie andere wollen vom Ball an der Schlaf getroffen worden. 3.) la Sale des gardes, dahin sein entstellter Cörper aus dem Ball-Hause zuerst gebracht, und beschickt worden. 4.) das ungeheuer große Hirsch Gewey, 10 Fuß hoch, und 8 Fuß von der einen obersten Spitze bis zur andern breit. Der Genick Knochen die- ses Hirsches, welcher dabey henget, hat 3 Fuß in der Peripherie, und die Triebe dieses Hirsches, welcher dabey henget, hat 3 Fuß in der Peripherie, und die Wirbel dieses Hirsches, welche in dem Gange nach der Capelle aufgehenget sind, halten zum Theil, wenn man die Krümmer mit mißet 7. Fuß in der Länge. Franciso I. hat diesen Hirsch in dem großen Walde des Ardennes gefällt, und soll der selbe ein Halsband umgehabt haben mit der Umschrift: Caharis Sum. welches Halsband aber nacheher, als die Knochen würde seyn auf behalten worden, wenn dieser Umstand seine Richtigkeit hätte.  5.) die Schloß Capelle von Francisio I. erbauet. Der Haupt Altar sowohl, als die Altäre derer beyden neben Capellen des Königs und der Königin sind von weißem Stein, sehr er- haben mit vielerley Figuren recht künstlich ausgehauen, auch ist die boiserie welche diese Capellen von der Kirche abscheidet nicht zu verachten, und auf der Königin ihrer lauter Heiliges Weibs=Volk auf des Königs seiner aber dergleichen Manns Volk en bas relief zu sehen. Die gantze Schloß Capelle scheinet dem H. Huberto geweyhet zu seyn, weil seine Historie über dem Eingang en bas relief sich praesentiert.  6.) zwey weite Thürme, einer

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/359>, abgerufen am 21.11.2024.