Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].148 nur deswegen etwas hat specificiren wollen, um dieallzugroße Trockenheit des Journals zu verhüten. Doch verdient noch dieses angemerckt zu werden, daß der Cardinal Bouillon der letzte Abt dieses Closters gewesen, und bey deßen Absterben die Einkünfte des Abts von der Madame Maintenon zu ihrer Stiftung in St: Cyr aus- gebeten worden, worinn denn auch Louis XIV mit Be- willigung des Pabsts gewillfahret. Abends zogen wir bey längst erwünschtem fruchtbaren Regen wieder in Paris ein, welchen das gemeine Volck zweifels ohne der Heilige Genevieve, deren reliquien-Kasten vor 2 Tagen aufgedecket worden, zuschreiben wird; indeßen giebt es hier sehr viele, welche dem Abt von Sankt Genevieve abgemercket haben, daß er diesen Kasten nicht eher aufdecke, als wenn nach langer Düre die Luft sich endlich zum Regen disponiret, wie es denn auch dis- mal etliche Tage her sehr wolckigt gewesen. Den 19 May. Wurde in Besichtigung derer Environs in Paris fort- 148 nur deswegen etwas hat specificiren wollen, um dieallzugroße Trockenheit des Journals zu verhüten. Doch verdient noch dieses angemerckt zu werden, daß der Cardinal Bouillon der letzte Abt dieses Closters gewesen, und bey deßen Absterben die Einkünfte des Abts von der Madame Maintenon zu ihrer Stiftung in St: Cyr aus- gebeten worden, worinn denn auch Louis XIV mit Be- willigung des Pabsts gewillfahret. Abends zogen wir bey längst erwünschtem fruchtbaren Regen wieder in Paris ein, welchen das gemeine Volck zweifels ohne der Heilige Genevieve, deren reliquien-Kasten vor 2 Tagen aufgedecket worden, zuschreiben wird; indeßen giebt es hier sehr viele, welche dem Abt von Sankt Genevieve abgemercket haben, daß er diesen Kasten nicht eher aufdecke, als wenn nach langer Düre die Luft sich endlich zum Regen disponiret, wie es denn auch dis- mal etliche Tage her sehr wolckigt gewesen. Den 19 May. Wurde in Besichtigung derer Environs in Paris fort- <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <div type="diaryEntry"> <p><pb facs="#f0310"/><fw type="folNum" place="top">148</fw><lb/> nur deswegen etwas hat specificiren wollen, um die<lb/> allzugroße Trockenheit des Journals zu verhüten. Doch<lb/> verdient noch dieses angemerckt zu werden, daß der<lb/><persName xml:id="TidB379" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10161"><choice><abbr>Card:</abbr><expan>Cardinal</expan></choice> Bouillon</persName> der letzte Abt dieses <placeName xml:id="TidB386" corresp="register.xml#regID_66.lemID_10203">Closters</placeName> gewesen, und<lb/> bey deßen Absterben die Einkünfte des Abts von der<lb/><persName xml:id="TidB387" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10231" ref="http://d-nb.info/gnd/118640798">Madame Maintenon</persName> zu ihrer <placeName xml:id="TidB388" corresp="register.xml#regID_66.lemID_10232">Stiftung in <placeName xml:id="TidB389" corresp="register.xml#regID_66.lemID_10233">St: Cyr</placeName></placeName> aus-<lb/> gebeten worden, worinn denn auch <persName xml:id="TidB390" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10090">Louis XIV</persName> mit Be-<lb/> willigung des <persName xml:id="TidB391" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10234" ref="http://d-nb.info/gnd/119139162">Pabsts</persName> gewillfahret. Abends zogen wir<lb/> bey längst erwünschtem fruchtbaren Regen wieder<lb/> in <placeName xml:id="TidB392" corresp="register.xml#regID_66.lemID_10004" ref="http://d-nb.info/gnd/4044660-8">Paris</placeName> ein, welchen das gemeine Volck zweifels ohne<lb/> der <choice><abbr>Heil:</abbr><expan>Heilige</expan></choice> <persName xml:id="TidB393" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10235" ref="http://d-nb.info/gnd/118927574">Genevieve,</persName> deren reliquien-Kasten vor 2 Tagen<lb/> aufgedecket worden, zuschreiben wird; indeßen giebt<lb/> es hier sehr viele, welche dem <persName xml:id="TidB396" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10116">Abt von <placeName xml:id="TidB395" corresp="register.xml#regID_66.lemID_10236"><choice><abbr>St.</abbr><expan>Sankt</expan></choice><persName xml:id="TidB394" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10235" ref="http://d-nb.info/gnd/118927574">Genevieve</persName></placeName></persName><lb/> abgemercket haben, daß er diesen Kasten nicht eher<lb/> aufdecke, als wenn nach langer Düre die Luft sich<lb/> endlich zum Regen disponiret, wie es denn auch dis-<lb/> mal etliche Tage her sehr wolckigt gewesen.</p><lb/> </div> <div type="diaryEntry"> <head rendition="#c"> Den 19 May.</head><lb/> <p> Wurde in Besichtigung derer <placeName xml:id="TidB12182" corresp="register.xml#regID_66.lemID_12600">Environs</placeName> in <placeName xml:id="TidB399" corresp="register.xml#regID_66.lemID_10004" ref="http://d-nb.info/gnd/4044660-8">Paris</placeName> fort-<lb/> gefahren, und <placeName xml:id="TidB400" corresp="register.xml#regID_66.lemID_10237">Mendon</placeName> in Augenschein genommen, wel-<lb/> ches bekantermaßen ehemals von dem <persName xml:id="TidB401" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10229" ref="http://d-nb.info/gnd/119209853">Grand Dauphin</persName><lb/> bewohnet worden, und deßen Vorzüge vor allen andern<lb/><choice><abbr>Königl:</abbr><expan>Königlichen</expan></choice> Lust-Häusern in der Schönheit des Parcs, in<lb/> denen gewaltig hoch untermauerten weitläuffigen<lb/> Terrassen, und in dem gantz unverbeßerlichen prospect<lb/> bestehet, da man von dieser Höhe die gantze Pariser<lb/> Gegend mit dem Lauff der <placeName xml:id="TidB3042" corresp="register.xml#regID_66.lemID_10336" ref="http://d-nb.info/gnd/4054330-4">Seine</placeName> in einem Blick über-<lb/> sehen kan. In dem <placeName xml:id="TidB403" corresp="register.xml#regID_66.lemID_10237">alten Schloß</placeName>, welches das gröste<lb/> und weitläuffigste ist, sind die merckwürdigsten<lb/> Stücke die Gallerie, welche mit schönen Gemählden<lb/> von denen Kriegs-Thaten des <persName xml:id="TidB404" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10090">Louis XIV</persName>, auch mit vielen<lb/> antiquen von Marmor und bronce zu beyden Seiten<lb/> besetzt ist, wie uns denn unter diesen letztern die<lb/> Köpfe <persName xml:id="TidB405" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10238" ref="http://d-nb.info/gnd/11855333X">Homeri,</persName> <persName xml:id="TidB406" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10239" ref="http://d-nb.info/gnd/118615270">Socratis</persName> und <persName xml:id="TidB407" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10240">Aristotelis</persName> am Besten ge-<lb/> fielen. Zu Ende dieser Gallerie ist ein kleiner </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0310]
148
nur deswegen etwas hat specificiren wollen, um die
allzugroße Trockenheit des Journals zu verhüten. Doch
verdient noch dieses angemerckt zu werden, daß der
Card: Bouillon der letzte Abt dieses Closters gewesen, und
bey deßen Absterben die Einkünfte des Abts von der
Madame Maintenon zu ihrer Stiftung in St: Cyr aus-
gebeten worden, worinn denn auch Louis XIV mit Be-
willigung des Pabsts gewillfahret. Abends zogen wir
bey längst erwünschtem fruchtbaren Regen wieder
in Paris ein, welchen das gemeine Volck zweifels ohne
der Heil: Genevieve, deren reliquien-Kasten vor 2 Tagen
aufgedecket worden, zuschreiben wird; indeßen giebt
es hier sehr viele, welche dem Abt von St. Genevieve
abgemercket haben, daß er diesen Kasten nicht eher
aufdecke, als wenn nach langer Düre die Luft sich
endlich zum Regen disponiret, wie es denn auch dis-
mal etliche Tage her sehr wolckigt gewesen.
Den 19 May.
Wurde in Besichtigung derer Environs in Paris fort-
gefahren, und Mendon in Augenschein genommen, wel-
ches bekantermaßen ehemals von dem Grand Dauphin
bewohnet worden, und deßen Vorzüge vor allen andern
Königl: Lust-Häusern in der Schönheit des Parcs, in
denen gewaltig hoch untermauerten weitläuffigen
Terrassen, und in dem gantz unverbeßerlichen prospect
bestehet, da man von dieser Höhe die gantze Pariser
Gegend mit dem Lauff der Seine in einem Blick über-
sehen kan. In dem alten Schloß, welches das gröste
und weitläuffigste ist, sind die merckwürdigsten
Stücke die Gallerie, welche mit schönen Gemählden
von denen Kriegs-Thaten des Louis XIV, auch mit vielen
antiquen von Marmor und bronce zu beyden Seiten
besetzt ist, wie uns denn unter diesen letztern die
Köpfe Homeri, Socratis und Aristotelis am Besten ge-
fielen. Zu Ende dieser Gallerie ist ein kleiner
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |